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Lust ist eine Vagabundin
Im Reich der Sinnlichkeit
Freiburg (30. Juni 2008) – Die Natur hat „das schöne Geschlecht“ reich beschenkt: Die Frau hat nicht nur einen G-Punkt, sondern auch einen K-Punkt und sogar einen U-Punkt. Von Kopf bis Fuß ist der weibliche Körper eine einzige erogene Zone und fähig, drei Formen von Höhepunkten zu erleben: den vaginalen, den klitoralen oder – „two in one“ – beide zusammen! Multiple Orgasmen? Sind auch möglich! Apropos, die Klitoris ist eine Kleinausgabe des männlichen Penis, ebenso hoch-erogen und zu einer Ejakulation fähig! Haben Sie’s gewusst?
Leider weiß nicht nur die Männerwelt eher wenig über das „unbekannte Wesen: Frau“. Die Frauen selbst sind sich oft ein Rätsel, wenn es um das Geheimnis ihrer Sexualität geht.
Über Liebe, Lust und sexuelle Störungen ist viel geforscht worden. Doch der wissenschaftliche Fokus lag bis heute auf dem Mann. Das weibliche Begehren ist für Medizin und Forschung Neuland. Erst seit Kurzem widmet sich die Wissenschaft gezielt dem Phänomen „Frau“ und stellt fest: Wenn es zur weiblichen Sexualität kommt, muss ganz neu geforscht werden.
Zu komplex für Sex?
Die Erotik der Frau ist – gleich einem Blackboxsystem – nicht ganz einfach zu durchschauen und eine Herausforderung für die Medizin. Das hoch komplexe System basiert auf einem fein abgestimmten Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren, die es störanfällig machen für Einflüsse von außen wie innen. Ob beruflicher oder privater Stress, die persönliche Stimmung, Empfindungen gegenüber einer Situation oder die gefühlsmäßige Einstellung zum Sex überhaupt – das sind nur einige Beispiele, die in diesem „sinnlichen System“ harmonieren müssen, damit „Frau will“ und auch kann. Auf den Punkt gebracht, „Frauen sind in Ihrer reichen Erlebnisfähigkeit vergleichsweise empfindlich und lassen sich leicht von sich selbst ablenken“, weiß Dr. Anja Harms, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie an der Uniklinik Freiburg. Man bedenke allein die sensible Erregungs- oder Plateauphase, die für viele Frauen eine Art Hochseilakt ist und die natürliche Voraussetzung, um überhaupt ins „Gelobte Land“, zum Höhepunkt zu kommen; „Mann“ hat es da doch deutlich einfacher.
„Erotik – eine Frage der Entscheidung“
Stellt sich die Frage: Ist guter Sex für die Frau eine Frage der Konzentration? „Nix Flow“ und genießerisches Eintauchen in die sinnliche Selbstvergessenheit? – Antwort: Nein! Es gibt eine simple Formel, um das Dilemma zwischen Komplexität und Abhängigkeiten aufzulösen: die bewusste Entscheidung. Wer sich selbstbewusst für den Sex entscheidet, bleibt „Frau der Lage“ und lässt sich nicht mehr so leicht ablenken.
Sexuelle Lust ist eine Vagabundin“, schreibt der international anerkannte Vertreter der Systemischen Sexualpsychologie Dr. Ulrich Clement. Lust lässt sich nicht erzwingen, sie ist spontan – so auch der weibliche Höhepunkt. Wer auf Knopfdruck Lust oder das „O.-Erlebnis“ haben will, ist auf dem besten Weg, nichts von beiden zu bekommen. Lust wird schnell zum Frust, wenn sie gestört wird. Im Verlauf des Lebens haben laut Umfrage achtzig Prozent aller Frauen und Männer mindestens ein Mal Probleme im Bett gehabt. Bei vierzig Prozent der Frauen und dreißig Prozent der Männer zwischen 18 und 59 Jahren sind die Störungen keine Ausnahmeerscheinung mehr. Darunter leidet der Einzelne und die Partnerschaft, denn: Sex hat – neben der sexuellen Selbstverwirklichung – immer einen symbolischen Wert für die Liebe. Sie ist ein Ritual, das verbindet und die beidseitige Zusammengehörigkeit rückbestätigt.
Liebe – ein Zeichen von Gesundheit
„Berücksichtigen wir die funktional anspruchsvolle Komplexität der weiblichen Sexualität, ist es nicht weiter verwunderlich, dass Frauen doch sehr darunter leiden, wenn sexuelle Probleme ihr Liebesleben stören“, erklärt Dr. Harms. Die Natur der weiblichen Erotik ist da weniger der Grund. Viel häufiger als erwartet sind die Ursachen von Sexualstörungen organisch bedingt. Die häufigsten Gründe für sexuelle Funktionsstörungen sind die heute typischen Volkskrankheiten wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen sowie Gefäß- und Venenleiden. Auch Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen stören die Sexualität empfindlich und werden durch sexuelle Dysfunktionen angezeigt. Gesundheit und Sexualität liegen also nah beieinander. Was der Liebe gut tut, fördert die Gesundheit – und umgekehrt. Leidet die Gesundheit, wird meist auch die Liebe empfindlich gestört. Kurz, sexuelle Störungen sind ein Zeichen unserer Gesundheit. Sie wirken wie ein Frühwarnsystem und helfen, die ersten Gesundheitsleiden frühzeitig zu erkennen.
Im Schnitt leiden drei von fünf Frauen unter sexuellen Schwierigkeiten. Dabei unterscheiden sich die Sexualstörungen von Mann und Frau nur wenig. Im Allgemeinen handelt es sich um Lust-, Erregungs- und Orgasmusstörung. Frauen nennen ferner Schmerzen beim Verkehr. Doch anstatt sich ärztliche Hilfe zu suchen, verzichtet der Großteil der Betroffenen lieber(!) auf ein Stück Lebensqualität und redet sich „Sex als Luxus“ ein. Die empfundene Scham und Demütigung in einer noch immer von sexuellen Tabus dominierten Gesellschaft ist zu groß, um das Schweigen zu brechen. Damit durchbrechen die Betroffenen jedoch ebenso nicht den Teufelskreis aus Angst, Versagen und Selbstanklage, welcher systematisch die sexuelle Dysfunktion verstärkt und den persönlichen Stress erhöht. Sex verkommt zu einem unliebsamen Leistungsgedanken, der im Bett nichts zu suchen hat. Am traurigen Ende leidet nicht nur die Liebe, sondern auch die Gesundheit.
„Let’s talk about Sex, Baby“: Reden über Liebe heilt
Das Reden über die „Last mit der Lust“ ist der erste, unabdingbare Schritt, um dem Teufelskreis zu entsagen und die guten Heilungschancen der Neuen Medizin wahrzunehmen. Das Sprechen über das Problem löst den emotionalen Druck, klärt die Situation auf und öffnet den Blick auf die Realität: Öfter als erwartet haben sexuelle Störungen eine körperlich-organische Ursache. Damit sind sie gut behandelbar. Neben einer guten Gesprächs- und Verhaltenstherapie kann den betroffenen Frauen weiter mit einer kontrollierten Hormontherapie geholfen werden. Eine Standardbehandlung gibt es aber noch nicht, abgesehen bei Frauen in den Wechseljahren. Hier ist eine Hormontherapie die Regel und erzielt sehr gute Erfolge.
Experten, die auf anonymer und natürlich vertraulicher Basis Fachinformationen anbieten, finden Sie bei gemeinnützigen Organisationen wie dem Informationszentrum für Sexualität und Gesundheit e.V. Gegründet 1999 hat sich das ISG als bundesweit erste und einzige Anlaufstelle auf das medizinisch-wissenschaftliche Thema Gesundheit, Liebe und sexuelle Störungen spezialisiert und bietet allen Betroffenen sowie Interessierten kostenlos eine Info-Line an. Fünf Tage die Woche beantwortet ein geschultes Fach-Team alle Fragen zum Thema Liebe, Lust und sexuelle Störungen per Telefon, Post oder E-Mail. „Diese Arbeit ist wertvoll und sehr wichtig, denn der erste Schritt zum Arzt erfolgt meist über den anonymen Anruf bei einer Helpline“, weiß die ISG-Geschäftsführerin und Mitglied des BPW Club Freiburg Sabine Pirnay-Kromer.
Die weibliche Erotik ist eine Herausforderung, die sich immer lohnt. Das nicht nur, weil die Frau über ein vielfältiges Spektrum an sinnlicher Erlebnisfähigkeit verfügt. Die aktive Liebe ist ein wahrer Jungbrunnen, den uns die Natur frei zur Verfügung stellt. „Doch das wissen viel zu viele Frauen einfach nicht!“, so die ISG-Geschäftsführerin. „Lebt die Frau ihre Sexualität, tut sie damit auch ihrer Gesundheit nachweislich etwas Gutes“ – und macht überteuerte Hautcremes und High-Tech-Kosmetik überflüssig. Seriöse Langzeitstudien haben es nachgewiesen, dass Sex das gesamte Belohnungssystem des Organismus stimuliert und damit die körperliche, geistige und auch seelische Gesundheit (WHO) auf nachhaltige Weise stärkt. Die schönste Nebensache der Welt ist also nicht nur schön, sie macht auch schön, glücklich und hält gesund. Und das dürfet das sinnlich schöne Geschlecht besonders begeistern – trifft aber für das starke Geschlecht ebenso zu!
Für alle, die mehr über ihre Gesundheit sowie eine liebe- und lustvolle Sexualität erfahren möchten, bietet das ISG die Zeitschrift „Liebe hält gesund“ an, sowie fachgerechte Broschüren und hilfreiche Informationsblätter. Qualifizierte Informationen können über das Internet direkt eingesehen oder per E-Mail bzw. Post angefordert werden.