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Malariamedikament könnte gegen Form der Frontotemporalen Demenz wirken
München/Bonn (2. Februar 2011) – Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und der Ludwig-Maximilians- Universität München haben einen vielversprechenden Ansatz für eine Behandlung der sogenannten Frontotemporalen Demenz, einer alzheimerähnlichen Demenz, gefunden.
Die Frontotemporale Demenz wird durch einen Abbau von Nervenzellen im Stirn- und Schläfenbereich des Gehirns (Fronto-Temporal-Lappen) hervorgerufen, was unter anderem eine Veränderung der Persönlichkeit und des Verhaltens zur Folge hat. Ursache einiger Formen der Frontotemporalen Demenz ist eine genetisch bedingte Reduktion eines hormonartigen Wachstumsfaktors, des Progranulins. Wissenschaftler um Dr. Anja Capell und Prof. Christian Haass haben nun gezeigt, dass verschiedene Medikamente, die bereits zur Behandlung von Malaria, Angina pectoris oder Herzrhythmusstörungen auf dem Markt sind, die Produktion von Progranulin steigern können. Demnach sind diese Medikamente gute Kandidaten für eine Behandlung dieser speziellen Form der Frontotemporalen Demenz. Die Arbeit wird am 2. Februar 2011 in der Online-Ausgabe der wissenschaftlichen Zeitschrift „Journal of Neuroscience“ publiziert.
Progranulin wird im menschlichen Gehirn als ein Schutzfaktor für empfindliche Nervenzellen benötigt; zu wenig Progranulin resultiert daher in einem fortschreitenden Nervenzelluntergang. Wie für fast jedes andere Gen gibt es auch für Progranulin zwei Kopien in der Zelle. Bei Patienten mit Progranulin abhängiger Frontotemporaler Demenz ist eine der beiden Kopien defekt, was zu einer etwa 50 %igen Reduktion des Progranulinspiegels führt. Um dem Mangel an Progranulin entgegenzuwirken, testeten die Münchner Forscher verschiedene Substanzen auf ihre Fähigkeit, die verbleibende Progranulinproduktion anzukurbeln und identifizierten so einen Wirkstoff namens Bafilomycin (BafA1). Den molekularen Wirkmechanismus von BafA1 untersuchten sie genauer. Wachstumsfaktoren wie Progranulin werden in zellulären Membraneinschlüssen, sogenannten Vesikeln, hergestellt. BafA1 wirkt auf diese Vesikel alkalisierend: Nach Gabe von BafA1 ist das Medium in den Vesikeln weniger sauer – und dies steigert die Produktion von Progranulin.
Diese Beobachtung ermutigte die Forscher, auch weitere alkalisierende Substanzen auf ihre Fähigkeit hin zu untersuchen, den Progranulinspiegel anzuheben. Diesen Test bestanden unter anderem drei Medikamente, die bereits zur Behandlung verschiedener Erkrankungen auf dem Markt sind: ein Mittel gegen Angina pectoris (Bepridil), eines gegen Herzrhythmusstörungen (Amiodarone) und das vielfach eingesetzte Malariamedikament Chloroquin. Chloroquin erhöhte den Progranulinspiegel nicht nur in Versuchen mit Mauszellen auf den Normalwert, sondern auch in Zellen von Patienten mit defektem Progranulingen.
Ob Chloroquin auch tatsächlich bei Progranulin abhängiger Frontotemporaler Demenz hilft, wird das Team von Prof. Haass und Dr. Capell nun in einer klinischen Studie in Zusammenarbeit mit der Universität in London testen. Die Untersuchungen am Menschen können sehr rasch gestartet werden, da Chloroquin bereits bei zahllosen Menschen eingesetzt wurde, so dass nicht mit schwerwiegenden Nebenwirkungen gerechnet werden muss. Auch wenn die Münchner Wissenschaftler optimistisch sind, warnt Prof. Haass dennoch vor überzogenen Hoffnungen. “Der Schritt vom Zell- und Tiermodell zum Patienten ist erfahrungsgemäß mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden und es wird etliche Jahre dauern, bis wir wissen, ob Chloroquin bei Progranulin abhängiger Frontotemporaler Demenz eingesetzt werden kann“, so Haass.
Originalpublikation
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Capell, A., Liebscher, S., Fellerer, K., Brouwers, N., Willem, M., Lammich, S., Gijselinck, I., Bittner, T., Carlson, A.M., Sasse, F., Kunze, B., Steinmetz, H., Jansen, R., Dormann, D., Sleegers, K., Cruts, M., Herms, J., Van Broeckhoven, C., Haass, C. (2011). Rescue of Progranulin Deficiency Associated with Frontotemporal Lobar Degeneration by Alkalizing Reagents and Inhibition of Vacuolar ATPase. J. Neurosci., online publiziert am 02. Februar 2011. DOI:10.1523/JNEUROSCI.5757-10.2011
Quelle: Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE), 02.02.2011 (tB).