Medizinische Dienste erstellten 2012 rund 12.500 Gutachten – in fast jedem dritten Fall erwies sich der Verdacht als berechtigt

Neue Daten zu Behandlungsfehlern

 

Essen/Berlin (15. Mai 2013) – Rund 12.500 Gutachten bei vermuteten Behandlungsfehlern haben die Gutachterinnen und Gutachter der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) bundesweit im Jahr 2012 durchgeführt. Etwa jeder dritte Patient lag mit seinem Verdacht richtig. Das geht aus der aktuellen Statistik zur Behandlungsfehlerbegutachtung hervor, die der Medizinische Dienst am 15. Mai in Berlin vorgestellt hat.

 

Patientinnen und Patienten, die vermuten, falsch behandelt worden zu sein, sind auf unabhängigen medizinischen Sachverstand angewiesen. Nur so haben sie eine Chance, ihre Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Diesen Sachverstand bietet der MDK. Er schafft mit seinen Gutachten Klarheit und Sicherheit für geschädigte Patienten“, so Dr. Stefan Gronemeyer, Leitender Arzt und stellvertretender Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes des GKV-Spitzenverbandes (MDS).

12.483 Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern haben die MDK-Gut-achterinnen und Gutachter im Jahr 2012 erstellt. Die Frage „Liegt ein Behandlungsfehler vor?“ bejahten sie in fast jedem dritten Fall (31,5%). Rund zwei Drittel der Vorwürfe, nämlich 8.607 Fälle, richteten sich gegen Krankenhäuser; davon wurden 30% bestätigt. 3.872 Fälle – das ist rund ein Drittel – betrafen niedergelassene Ärztinnen und Ärzte. Hier bestätigten die MDK-Gutachter 36% der Fehler-Vorwürfe.

Die meisten Vorwürfe erheben Patientinnen und Patienten im Zusammenhang mit Operationen. Die operativen Fächer Orthopädie/Unfallchirurgie und Allgemeinchirurgie sind besonders betroffen. Danach folgen Zahnmedizin, Innere Medizin und Gynäkologie. „Eine hohe Zahl von Vorwürfen ist aber nicht gleichzusetzen mit einer hohen Zahl tatsächlicher Fehler“, erläutert Prof. Dr. Astrid Zobel, Leitende Ärztin Sozialmedizin des MDK Bayern, der die Daten aller Medizinischen Dienste gemeinsam mit dem MDS ausgewertet hat. „Gemessen an der Zahl der Vorwürfe werden die meisten Fehler in der Pflege, in der Zahnmedizin und in der Gynäkologie bestätigt.“ Bei der Interpretation der Zahlen mahnt Zobel zur Zurückhaltung: „Wir können Fehlerhäufungen in bestimmten Fachgebieten erkennen. Dies erlaubt aber keinen Rückschluss auf die Behandlungsqualität insgesamt, da weder die Gesamtzahl der Behandlungen noch die Zahl aller Behandlungsfehler bekannt sind.“ Laut MDK-Statistik traten die meisten Fehler bei der Wurzelbehandlung der Zähne auf, gefolgt vom Hüft- und Kniegelenksersatz.


Weiter Handlungsbedarf bei Verbesserung der Patientensicherheit

Angesichts der Zahl der Behandlungsfehlervorwürfe sieht MDS-Vize Gronemeyer keinen Grund zur Entwarnung. „Die nahezu unveränderte Zahl der Vorwürfe und bestätigten Behandlungsfehler zeigt, dass nach wie vor Handlungsbedarf besteht.“ Das kürzlich in Kraft getretene Patientenrechtegesetz habe die Situation der Patientinnen und Patienten bei vermuteten Behandlungsfehlern nur teilweise verbessert. „Aus Sicht der Patienten bleibt unbefriedigend, dass das Gesetz keine neue Verteilung der Beweislast zwischen Behandler und Patient gebracht hat“ so Gronemeyer. Er sprach sich dafür aus, dass zumindest in jenen Fällen, in denen ein fachärztliches Gutachten den Behandlungsfehler bestätigt, in Zukunft die Beweislast für den Patienten erleichtert werden sollte. Außerdem forderte Gronemeyer ein bundesweites Behandlungsfehlerregister, in dem die Daten aller Institutionen zusammengeführt werden sollten, die in die Bearbeitung von Behandlungsfehlern eingebunden sind. Defizite bestünden zudem in der Umsetzung konkreter Maßnahmen zur Verbesserung der Patientensicherheit wie der Anwendung von Checklisten und Teamtrainings.


Hintergrund

Behandlungsfehlervorwürfe werden im MDK durch spezialisierte Gutachterteams bearbeitet. Die Gutachterinnen und Gutachter des MDK gehen bei einem Verdacht auf einen Behandlungsfehler der Frage nach, ob die Behandlung nach dem anerkannten medizinischen Standard abgelaufen ist. Liegt ein Behandlungsfehler vor, wird außerdem geprüft, ob der Schaden, den der Patient erlitten hat, tatsächlich durch den Fehler verursacht worden ist. Nur dann sind Schadensersatzforderungen aussichtsreich. Auf der Basis des MDK-Gutachtens kann der Patient entscheiden, welche weiteren Schritte er unternimmt. Die MDK-Begutachtung umfasst neben der Beurteilung von Fehlern in der Medizin auch zahnmedizinische und Pflege-Fehler. Die Begutachtung durch den MDK ist für gesetzlich Versicherte kostenfrei.

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) ist der sozial-medizinische Beratungs- und Begutachtungsdienst der gesetzlichen Kranken- und der Pflegeversicherung. Er ist auf Landesebene als eigenständige Arbeitsgemeinschaft organisiert.

Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) berät den GKV-Spitzenverband in medizinischen und pflegerischen Fragen. Er koordiniert und fördert die Durchführung der Aufgaben und die Zusammenarbeit der MDK in medizinischen und organisatorischen Fragen.

 


 

Quelle: Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS), 15.05.2013 (tB).

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