Medizinisches Cannabis

Evidenzbasierte Schmerztherapie mit Sativex®

 

Reinbek (4. November 2019) – Medizinisches Cannabis kann dazu beitragen, die Situation von Patienten mit schwer zu behandelnden neuropathischen Schmerzen deutlich zu verbessern. Allerdings gibt es große Unterschiede zwischen den verschiedenen cannabinoidbasierten Therapeutika hinsichtlich Evidenz, Wirkstoffgehalt und Wirtschaftlichkeit. Dies stellt den Arzt vor die Frage, welches Cannabinoid am besten geeignet ist. Warum Sativex® (Nabiximols)1 als Cannabisarzneimittel der ersten Wahl angeboten wird, erklärte PD Dr. med. Michael Überall, Nürnberg, bei einem Pressegespräch im Rahmen des Deutschen Schmerzkongresses 2019 in Mannheim.

„Cannabinoide sind eine sinnvolle Alternative für Schmerzpatienten, bei denen die etablierten Therapien nicht ausreichend wirksam sind“, erläuterte Überall. So empfiehlt etwa die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS) medizinisches Cannabis für die Behandlung diverser Schmerzarten, beispielsweise neuropathische Schmerzen.2

 

Große Unterschiede zwischen den einzelnen Cannabisarzneimitteln

Für die gewünschte Wirkung cannabishaltiger Arzneien sind vor allem zwei Inhaltsstoffe verantwortlich: Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Beide modulieren das Endocannabinoidsystem im ZNS und können dadurch bestimmte Schmerzarten deutlich verbessern.3 „Dabei ist aufgrund der positiven Wechselwirkungen von THC und CBD deren Kombination therapeutisch deutlich von Vorteil“, so Überall: Während THC unter anderem eine psychostimulierende Wirkung hat, wird diese durch CBD antagonisiert. „Die Kombination mit CBD macht THC sozusagen erst alltagstauglich“, sagte Überall. Gleichzeitig kann CBD bestimmte therapeutische Effekte wie die analgetische Wirkung des THC noch verstärken.4

Mit Sativex® steht ein Oromukosalspray, das im definierten Verhältnis die Kombination aus THC und CBD enthält, zur Verfügung.1 Im Gegensatz zu Cannabisblüten, deren Wirkstoffgehalt stark variieren kann und deren medizinischer Einsatz nicht zuletzt aus diesem Grund in der „DGS-PraxisLeitLinie“ auch nicht empfohlen wird,2 treten beim Fertigarzneimittel Sativex® keinerlei Schwankungen des Wirkstoffgehalts auf.

Große Unterschiede bestehen zwischen den verschiedenen Cannabisarzneimitteln auch hinsichtlich der Datenlage. Die meisten Daten liegen dabei für Sativex® vor, das in Deutschland zur Add-on-Behandlung der mittelschweren bis schweren Spastik bei Multipler Sklerose zugelassen ist.1 Die Autoren des vom Bundesministerium für Gesundheit initiierten Forschungsprojekts CaPRis* kommen daher in einer aktuellen wissenschaftlichen Bestandsaufnahme zum Schluss, dass Sativex® als das am besten untersuchte Cannabinoid bezeichnet werden kann.5

Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit zeigt ein Kostenvergleich die große Preisspanne cannabishaltiger Arzneimittel in der Schmerzmedizin aus GKV-Sicht (Stand Juni 2019): Mit rund 1.800 Euro typischen monatlichen Therapiekosten sind Cannabisblüten am teuersten im Bereich der Rezepturarzneimittel, gefolgt von THC/CBD-Cannabisvollextrakten (etwa 550 Euro) und Dronabinol-Kapseln (ca. 480 Euro). Die niedrigsten typischen monatlichen Behandlungskosten fallen für das Fertigarzneimittel Sativex® an, die bei etwa 253 Euro liegen.6 Die Therapie mit dem THC:CBD-Oromukosalspray unterstützt damit die wirtschaftliche Verordnung gemäß § 73 (8) SGB V. „Auch hier gilt: Es sind nicht alle Cannabinoide gleich“, fasste Überall zusammen.

 

THC:CBD-Oromukosalspray: Erste Wahl bei neuropathischen Schmerzen

Wie ausgeprägt die Wirksamkeit auf Schmerzen des THC:CBD-Oromukosalsprays Sativex® ist, zeigte Überall anhand von Daten aus dem Versorgungsalltag („Real-World-Daten“), die aus dem von der DGS unterstützten PraxisRegister Schmerz stammen.7 Das Register umfasste zum Auswertungszeitpunkt 1.224 Patienten mit schwer zu therapierenden Schmerzen, die mit Cannabinoiden behandelt wurden. Davon erhielten 800 Patienten (65,4 %) Sativex® als Zusatztherapie. Die Patienten litten vorwiegend unter chronischen, dysfunktionalen, meist neuropathischen (62,1 %) bzw. gemischten (31,1 %) Schmerzen.7

Über 80 % der eingeschlossenen Patienten zeigten unter der Add-on-Behandlung mit Sativex® eine klinisch relevante Abnahme der Schmerzintensität, die als Verbesserung des Schmerzindex um ≥ 30 % definiert war. Besonders ausgeprägt war die schmerzlindernde Wirkung des THC:CBD-Oromukosalsprays bei Patienten mit neuropathischen Schmerzen im Vergleich zu der bei Patienten mit nozizeptiven und gemischten Schmerzen: Bei der Gesamtbeurteilung aus Sicht der Patienten berichteten 76 % derjenigen mit neuropathischen Schmerzen, dass diese durch Sativex® „sehr viel besser“ oder „viel besser“ wurden.7 Für eine erfolgreiche Behandlung mit dem THC:CBD-Oromukosalspray sei es daher sinnvoll, die Patienten anhand ihres Schmerzphänotyps zu identifizieren, so Überall: „Je stärker die neuropathische Komponente beim Patienten ausgeprägt ist, desto höher fällt die Response aus.“

Im Sinne eines Stufenschemas für den Einsatz verschiedener Cannabinoide bei neuropathischen Schmerzen stelle Sativex® das Cannabisarzneimittel der ersten Wahl dar, schloss Überall. „Wir wissen aus den verfügbaren Real-World-Daten, dass das THC:CBD-Oromukosalspray wirksam und sicher ist. Zudem weist es als Fertigarzneimittel eine standardisierte pharmazeutische Qualität auf und ist auch aus wirtschaftlicher Sicht die günstigste Option“, so der Nürnberger Experte.

 

Anmerkung

* Cannabis: Potenzial und Risiken. Eine wissenschaftliche Analyse.

 

Über Sativex®

Sativex® ist ein Endocannabinoid-Modulator bestehend aus zwei Wirkstoffen: THC (Delta-9-Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol). Entwickelt wurde das Fertigarzneimittel von GW Pharmaceuticals (Großbritannien) und wird auch dort hergestellt. Almirall besitzt die Lizenzrechte in Europa (außer Großbritannien und Russland). Sativex® (THC/CBD) ist als Add-on-Therapeutikum für Patienten mit mittlerer bis schwerer MS-induzierter Spastik indiziert, wenn durch die bisherigen Therapieoptionen keine Besserung der Symptomatik erzielt werden kann.1,8

Die in Sativex® enthaltenen aktiven Wirkstoffe werden als Cannabinoide bezeichnet. Sie stammen aus der Pflanze Cannabis Sativa, die hierfür unter streng kontrollierten Bedingungen angepflanzt und verarbeitet wird. Cannabinoide reagieren mit körpereigenen Cannabinoid-Rezeptoren unter anderem im zentralen Nervensystem3,4,9

 

Über Almirall

Almirall ist ein weltweit agierendes Unternehmen mit Sitz in Barcelona, Spanien, das hochwertige Arzneimittel aus eigener Forschung und Entwicklung sowie durch Kooperationen und Partnerschaften zur Verfügung stellt. Der strategische Fokus liegt im Bereich der Hautgesundheit.

Das 1943 gegründete Unternehmen wird heute an der spanischen Börse (Ticker: ALM) gehandelt und erwirtschaftete im Jahr 2018 einen Gesamtumsatz von 811 Millionen Euro. Almirall beschäftigt mehr als 1.800 Mitarbeiter in Europa und den USA. Durch seine Vision und die Verbundenheit seiner langjährigen Hauptaktionäre leistet Almirall einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft, entsprechend seiner Verpflichtung und seiner Entscheidung, anderen zu helfen, ihre Herausforderungen zu verstehen und die Wissenschaft zu nutzen, um ihnen Lösungen zu bieten, wo sie gebraucht werden.

 

Literatur

  1. Fachinformation Sativex® (März 2015).
  2. https://dgs-praxisleitlinien.de/application/files/7715/5445/5600/PLL_Cannabis.pdf
  3. Pertwee RG. Br J Pharmacol 2006; 147(suppl 1): 163–171.
  4. Pérez J. Drugs of Today 2006; 42: 495–501.
  5. Hoch E et al. 2019, Bundesgesundheitsblatt 2019; 1: 291.
  6. Nach Überall MA et al. Schmerzmedizin 2019; Ausgabe 6/2019 (im Druck).
  7. Überall MA, Essner U, Müller-Schwefe GHH. J Pain Res 2019; 12: 1577–1604.
  8. https://www.dgn.org/images/red_leitlinien/LL_2012/pdf/030-050l_S2e_Multiple_Sklerose_Diagnostik_Therapie_2014-08_verlaengert.pdf
  9. Russo E, Guy GW. Med Hypotheses 2006; 66(2): 234–246.

 


Quelle: Pressegespräch „Ist Cannabis gleich Cannabis? Evidenzbasierte Schmerztherapie mit Sativex®“ im Rahmen des Deutschen Schmerzkongresses am 11. Oktober 2019, Mannheim. Veranstalter: Almirall. (tB).

Schlagwörter: , ,

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…