Moderne Diabetestherapie

Vorteile der GLP-1 Analoga bestätigt

 

  • Studien bestätigen starke HbA1c-Senkung, günstige Gewichtseffekte und Vorteile beim Hypoglykämierisiko des humanen-GLP-1 Analogons Liraglutid – auch bei additiver Gabe von Insulin detemir

 

Berlin (12. November 2011) – Die Therapie mit Liraglutid (Victoza®) erfüllt die Leitlinienforderungen für Menschen mit Typ 2 Diabetes nach guter Blutzuckerkontrolle mit sehr wenigen Hypoglykämien (außer in Kombination mit einem Sulfonylharnstoff) und gleichzeitig günstigem Effekt auf das Körpergewicht. Dies machen aktuelle anlässlich der Herbsttagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) präsentierte Daten deutlich. Hinweise gibt es auch auf günstige kardiovaskuläre Effekte wie Senkung des systolischen Blutdrucks und LDL-Cholesterins sowie Verbesserung kardiovaskulärer Biomarker wie PAI-1. Von den Vorzügen von Victoza® profitieren die Patienten unvermindert auch dann, wenn die Behandlung durch Zugabe von Insulin detemir (Levemir®) intensiviert wird, bestätigt eine große neue Studie. Sie war Basis der europäischen Zulas-sungserweiterung für Levemir® als Add-On Therapie zu Victoza®.

 

Ein „frühzeitiges umfassendes kardio-metabolisches Risiko-Management“ für Patienten mit Typ 2 Diabetes forderte Prof. Dr. Stephan Jacob, Villingen-Schwenningen. Denn, so seine Argumentation: Der Typ 2 Diabetes ist „auch eine vaskuläre Erkrankung“. Vor allem postprandiale Blutzuckerspitzen seien – vermittelt über den dadurch induzierten oxidativen Stress – eng mit Makroangiopathie und erhöhtem kardiovaskulärem Risiko assoziiert.

 

 

Auf die Auswahl des „richtigen Medikamentes“ kommt es an

 

Daher reiche es auch nicht aus, nur die HbA1c-Werte zu messen. Auch die postprandialen Werte sowie der Nüchternblutzucker sind laut Jacob wichtige Risikoindikatoren. Um den größtmöglichen klinischen Nutzen zu erzielen, komme es auf die Auswahl der „richtigen blutzuckersenkenden Medikamente“ an. Allerdings, so der niedergelassene Diabetologe, haben herkömmliche Behandlungsansätze, etwa in der ACCORD-Studie, nicht überzeugt.(1)

 

Das „Versagen“ etablierter Antidiabetika bei der Reduktion des kardiovaskulären Risikos in ACCORD wird vor allem auf zwei Aspekte zurückgeführt, erinnerte er: auf die mit der intensiven Blutzuckersenkung assoziierte oft ausgeprägte Gewichtszunahme und das erhöhte Hypoglykämierisiko. Die aktuelle Leitlinie der DDG(2) rät daher als Konsequenz bei Patienten mit Typ 2 Diabetes zwar möglichst normnahe Blutzuckerwerte anzustreben, dies aber mit Mitteln zu tun, die nicht gleichzeitig mit einem erhöhten Körpergewicht oder Hypoglykämierisiko einhergehen.

 

 

GLP-1 Rezeptor-Agonisten erfüllen die Leitlinien-Forderungen

 

Die neuen GLP-1 Rezeptor-Agonisten erfüllen diese Kriterien, machte Prof. Dr. Jochen Seufert, Universitätsklinikum Freiburg, deutlich. So induzierte das humane-GLP-1 Analogon Liraglutid (Victoza®) im LEAD-Studienprogramm* (LEAD-1 bis 6) eine ausgeprägte Reduktion des HbA1c-Wertes (um 1,1 bis 1,6 Prozentpunkte) – sowohl in der Kombination mit Metformin und/oder Sulfonylharnstoff als auch in der Kombination mit Metformin plus Glitazon.(3,4,5,6,7,8) Die Anwendung von GLP-1 Agonisten ist dabei gleichzeitig mit einer Gewichtsabnahme verbunden, betonte Seufert.(4) Außer in Kombination mit Sulfonylharnstoffen wurden sehr wenige Hypoglykämien beobachtet. Bildet man einen kombinierten Endpunkt aus den in den Leitlinien formulierten Anforderungen (HbA1c- Ziel erreicht, ohne Hypoglykämien und ohne Gewichtszunahme), so wird dieser Endpunkt unter Liraglutid sehr viel häufiger erreicht als mit anderen Antidiabeti-ka.*(9)

 

 

Vaskuläre Risiko-Parameter gebessert, Endpunkt-Studie LEADER® läuft

 

Auch die weiteren von Jacob zuvor formulierten Therapieanforderungen erfüllt Victoza®. So hat sich gezeigt, dass neben der Hyperglykämie unter dem humanen-GLP-1 Analogon auch verschiedene Parameter des Metabolischen Syndroms, die sich ungünstig auf die kardiovaskuläre Prognose auswirken, verbessert werden:

 

  • viszerales und subkutanes Fettgewebe nehmen ab, (10)
  • der systolische Blutdruck wird gesenkt, (6)
  • Gesamt- und LDL-Cholesterin werden reduziert,(11)
  • Biomarker des kardiovaskulären Risikos wie PAI-1 bessern sich.(12)

 

 

„GLP-1 Rezeptor-Agonisten besitzen möglicherweise das Potenzial zur Reduktion kardiovaskulärer Endpunkte bei Patienten mit Typ 2 Diabetes und Metabolischem Syndrom“, fasste Seufert zusammen.

 

Den Beweis dafür soll die große Endpunktstudie LEADER®**(13) liefern. In der placebokontrollierten Studie wird Liraglutid bei rund 9000 Patienten mit Typ 2 Diabetes und hohem kardiovaskulärem Risiko getestet. Primärer Endpunkt sind kardiovaskulärer Tod, Herzinfarkt und Schlaganfall. Begonnen hat die Studie vor rund einem Jahr.

 

 

Zulassungserweiterung für Levemir® als Add-On Therapie zu Victoza®: Vorzüge von Liraglutid bleiben auch bei additiver Gabe von Insulin detemir erhalten

 

Zwar plädierten die Experten auf der Veranstaltung für den frühzeitigen Einsatz des humanen-GLP-1 Analogons bei Typ 2 Diabetes. Doch von den Vorzügen der Liraglutid-Therapie können auch Patienten mit stärker fortgeschrittener Erkran-kung profitieren, die zusätzlich mit Insulin detemir behandelt werden sollen. Dies zeigen kürzlich beim US-amerikanischen Diabeteskongress vorgestellte Daten.(14) In der Studie hatten mit Metformin vorbehandelte, unzureichend eingestellte Patienten mit Typ 2 Diabetes zusätzlich Liraglutid erhalten, das bis 1,8 mg/Tag auftitriert wurde. 61 % der mehr als 800 Teilnehmer erreichten nach 12 Wochen das HbA1c-Ziel von unter 7,0 %, berichtete Seufert. Die 39 %, die trotz Liraglutid-Höchstdosis noch ein HbA1c über 7 % aufwiesen, bekamen zusätzlich randomisiert entweder Insulin detemir (Levemir®) oder wurden als Kontrollgruppe ohne Therapieänderung weiter geführt.

 

Während nur 21,5 % der Kontrollgruppe im Laufe des Jahres doch noch ein HbA1c unter 7 % erreichten, waren es bei Zugabe von Insulin detemir 51,9 %, berichtete Seufert. Insgesamt waren so mithilfe der Zugabe von Levemir® zu Victoza® nach einem Jahr 81 % der Studienteilnehmer im HbA1c-Zielbereich von maximal 7 %. Die Besonderheit: Die höhere Rate der Zielwert-Erreichung war mit vergleichsweise niedrigen Hypoglykämieraten (0,228 bestätigte Hypoglykämien pro Patient und Jahr) verbunden und auch das unter Liraglutid zuvor um im Schnitt mehr als 4 kg verminderte Körpergewicht konnte trotz Insulintherapie gehalten werden.

 

Die Rate der Patienten, die den an die Leitlinien-Forderungen angelehnten kombinierten Endpunkt (HbA1c unter 7 %, keine Hypoglykämien, keine Gewichtszunahme) nach einem Jahr erreichten, stieg bei Zugabe des modernen Insulins zu Metformin und Liraglutid nochmals an (p = 0,06 vs. Kontrollgruppe). Auf Basis dieser Studienergebnisse hat die Europäische Kommission die Zulassung von Levemir® als Add-on Therapie zu Liraglutid erweitert.(15)

 

 

Zeitpunkte und Ort der Injektion – frei nach Patienten-Wunsch

 

Der niedergelassene Diabetologe Dr. Marcel Kaiser, Frankfurt, betonte die klinische Relevanz dieser Ergebnisse für die Praxis. Ein eindeutiger Vorteil des modernen Insulins Levemir® im Vergleich zu NPH-Insulin sei das um bis zu 65 % reduzierte Risiko für nächtliche Hypoglykämien. Und auch der „gewichtssparende Effekt“ von Insulin detemir komme offenbar „insbesondere in Kombination mit Liraglutid zum Tragen“.

 

Da sowohl Levemir® als auch Victoza® als einmal tägliche s.c. Injektion gegeben werden, stehe es den Patienten frei, ob sie in der Kombination lieber das Insulin abends und das humane-GLP-1 Analogon morgens spritzen wollen, oder beide zum gleichen Zeitpunkt an getrennten Injektionsorten, etwa das Insulin in den Oberschenkel und Liraglutid am Bauch, sagte Seufert.

 

  

Über Novo Nordisk

 

Novo Nordisk ist ein international tätiges und forschendes Unternehmen der Gesundheitsbranche mit einer weltweit führenden Position in der Diabetesversorgung. Dem ganzheitlichen Anspruch „Changing Diabetes® – Diabetes verändern“ entsprechend werden alle Produkte und Aktivitäten in größtmöglicher Verantwortung für Patienten, Ärzte und Gesellschaft konzipiert. Daneben hält Novo Nordisk führende Stellungen in den Bereichen Blutgerinnung (Hämostase), Wachstumshormon- und Hormonersatztherapie. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Dänemark beschäftigt weltweit etwa 30.900 Mitarbeiter in 76 Ländern, davon rund 600 in Deutschland. Seine Produkte werden in 179 Ländern vertrieben. Als Aktiengesellschaft ist Novo Nordisk an den Börsen von Kopenhagen und New York gelistet. Weitere Informationen unter www.novonordisk.de.

 

 

Anmerkungen

 

*   LEAD = Liraglutide Effect and Action in Diabetes

**  LEADER = Liraglutide Effect and Action in Diabetes: Evaluation of Cardiovascular Outcome Results

 

 

Quellen 

  1. ACCORD: The ACCORD Study Group: NEJM 2008; 358:2545-2559
  2. Matthaei et al. Praxis-Leitlinie der DDG, aktualisierte Version 2010, Diabetes und Stoffwechsel 2010, S107-S192
  3. Marre et al. Diabet Med 2009; 26:268-278 (LEAD-1)
  4. Nauck et al. Diabetes Care 2009; 32(1):84-90 (LEAD-2)
  5. Garber et al. Lancet 2009; 373:473-481 (LEAD-3)
  6. Zinman et al. Diab Care 2009; 32:1224-1230 (LEAD-4)
  7. Russell-Jones et al. Diabetologia 2009; 52:2046–55 (LEAD-5)
  8. Buse et al. Lancet 2009; 374:39–47 (LEAD-6)
  9. Zinman et al. Diabetologia 2009; 52 (Suppl 1):S291 (Abstract 743)
  10. Jendle et al. Diabetes, Obesity and Metabolism 2009; 11:1163-1172
  11. Plutzky et al. Diabetologia 2009; 52 (Suppl 1):S408 (Abstract 1040)
  12. Liu et al. Journal of Endocrinology 2009; 201,59–66
  13. LEADER® Design: siehe http://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT01179048, Zugriff am 17. November 2011
  14. Rosenstock et al. Diabetes 2011; 60 (Suppl 1): A76, 276-OR
  15. Comission Decision (2011)7778 vom 24.10.2011

 


 

Quelle:  Bericht vom Novo Nordisk Symposium: „Moderne Diabetestherapie im Rennen – aber sicher!“ und dem Pressefrühstück zur Zulassungserweiterung von Levemir® als Add-on Therapie zu Liraglutid, anlässlich der DDG Herbsttagung, Berlin, 12. November 2011.

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