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Moderne KHK-Therapie mit Akut-Nitraten
Ergebnisse klinischer Studien favorisieren den Einsatz von Akut-Nitraten
Hohenlockstedt (9. Mai 2009) – Zu den wichtigsten Säulen im therapeutischen Management der koronaren Herzkrankheit (KHK) zählt eine optimale medikamentöse Therapie. Hierüber besteht unter Experten kein Zweifel. Darüber hinaus weiß man mittlerweile, dass sportliche Aktivität in Kombination mit einer effizienten Therapie das Myokardinfarkt- und Schlaganfallrisiko deutlicher reduzieren kann als die Implantation eines Stents. Vor körperlicher Belastung helfen schnell wirksame Nitroglycerinpräparate wie Nitrolingual®, da sie über eine NO-vermittelte Vasodilatation die Vor- und Nachlast senken und darüber hinaus die Perfusion der Koronararterien verbessern. Auf dem 11. Internationalen Nitroglycerin-Symposium des Unternehmens Pohl-Boskamp/Hohenlockstedt diskutierten renommierte Experten jetzt über aktuelle Aspekte der Therapie mit Nitroglycerin.
Wie Professor Gerhard Schuler aus Leipzig sagte, hätten verschiedene klinische Studien mittlerweile gezeigt, dass die Implantation eines Stents nicht in jedem Fall die Therapie der Wahl darstellt. Denn: Eine optimale medikamentöse Therapie in Kombination mit körperlichem Training kann das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko nachhaltiger reduzieren als die Implantation eines Stents. Dies belegen unter anderem die Resultate einer klinischen Studie (1) mit 101 Patienten, die Schuler vorstellte. Im Rahmen dieser Studie wurde ein Kollektiv mittels interventioneller Revaskularisation behandelt, das Kontrollkollektiv erhielt eine leitliniengerechte Therapie und betrieb täglich 20 Minuten Sport bei 70 Prozent der maximalen Belastung. Im Ergebnis zeigte sich, dass die medikamentöse Therapie in Kombination mit körperlicher Bewegung die Rate kardiovaskulärer Ereignisse deutlicher reduzierte als die Stent-Implantation. Die Zahlen sprechen für sich: Nach einem Jahr traten bei 12 % der Patienten in der Sportgruppe – im Vergleich zu 30 % der Patienten der Stent-Gruppe – kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Revaskularisation oder Hospitalisation wegen Angina pectoris-Beschwerden auf. In einer weiteren Analyse nach fünf Jahren zeigte sich erneut die Überlegenheit der medikamentösen Therapie: In der Sportgruppe waren 63 % frei von kardiovaskulären Ereignissen – in der Stent-Gruppe waren es demgegenüber nur 40 %. Um ein angstfreies und sicheres Training durchführen zu können, ist ein schnell wirkendes Nitroglycerin das Mittel der Wahl.
Hoher Stellenwert für Nitrate im Alltagsleben
Über seine Erfahrungen mit Nitraten im ‚Everyday-Life’ referierte Professor Thomas Budde aus Essen. Wie der Kardiologe ausführte, spielen Nitrate nach wie vor eine bedeutende Rolle in der Therapie kardiovaskulärer Erkrankungen. Nitrate sind wahre ‚pharmakologische Multitalente’, denn ihr Einsatzgebiet ist neben der Angina pectoris im Gefolge einer KHK auch der akute Myokardinfarkt und die (akute) Herzinsuffizienz. Bevorzugt eingesetzt werden dabei schnell wirkende Nitrate in Sprayform. Patienten mit Angina pectoris sollten mit einem schnell wirksamen Nitroglycerin-Spray (z. B. Nitrolingual®) versorgt werden, um akute Angina-Anfälle rasch und zuverlässig behandeln zu können. Ein bis drei Hübe im Abstand von 30 Sekunden sind in der Regel ausreichend, um einen akuten Anfall zu durchbrechen. Die gleiche Dosierung eignet sich auch als prophylaktische Maßnahme, etwa vor einer erwarteten körperlichen oder auch seelischen Belastung. Bei einem akuten Myokardinfarkt wird man ebenfalls ein bis drei Hübe eines Nitro-Sprays verabreichen. „Wenn der Patienten innerhalb von zehn Minuten nicht ausreichend anspricht und der Blutdruck > 100 mmHg ist, kann die Dosis wiederholt werden“, sagte Budde. Auch bei der akuten Herzinsuffizienz profitieren die Patienten von den NO-vermittelten Effekten eines Nitro-Sprays (Senkung des ventrikulären Füllungsdrucks, Besserung der Dyspnoe und der kongestiven Herzinsuffizienz), in der gleichen Dosierung wie beim akuten Myokardinfarkt. Wie Budde abschließend betonte, sind therapeutische Konzentrationen bis etwa 12 bis 14 Stunden täglich möglich, um eine eventuelle Toleranz zu verhindern.
Akut-Nitrate im Spiegel klinischer Studien
In keinem Land werden weltweit so viele perkutane Koronarinterventionen durchgeführt (PCI) wie in Deutschland. Hierauf wies Professor Peter Baumgart aus Münster in seinem Vortrag hin. Die Europäischen Leitlinien empfehlen die Katheterintervention zur Verbesserung der Symptome, nicht jedoch wegen einer Verbesserung der Prognose, so der Kardiologe weiter. Breit angelegte Studien wie die COURAGE-Studie (Clinical Outcomes Utilizing Revascularization and Aggressive Drug Evaluation (2) belegen jedoch, dass etwa jeder dritte KHK-Patient trotz optimaler medikamentöser Therapie und perkutaner Koronarintervention ein Jahr nach Therapiebeginn immer noch unter Angina pectoris-Anfällen leidet. Im Rahmen eines randomisierten Studiendesigns wurden fast 2.300 Studienteilnehmer in zwei Behandlungsgruppen aufgeteilt. Patienten beider Gruppen erhielten eine optimale, leitliniengerechte medikamentöse Therapie. Patienten der ersten Gruppe wurden zusätzlich mittels perkutaner Koronarintervention behandelt, während die zweite Gruppe primär rein medikamentös behandelt wurde. Die Analyse der COURAGE-Daten zeigt folgendes: Selbst bei einer optimalen medikamentösen Therapie und auch bei zusätzlicher interventioneller Revaskularisierung sind nach einem Jahr gut ein Drittel der Patienten weiterhin nicht frei von Angina pectoris-Beschwerden: 34 % der Patienten mit primärer Revaskularisierung und 42 % der Probanden mit primär rein medikamentöser Therapie litten weiterhin unter Angina pectoris-Anfällen. Auch nach fünf Jahren klagte mehr als jeder vierte Patient über Angina pectoris. Umso höher ist der Stellenwert von Akut-Nitraten wie Nitrolingual®, nicht zuletzt, um die Lebensqualität der betroffenen Patienten zu erhalten oder gar zu steigern, so Baumgart abschließend. Dass Nitrate auch in der kardialen Rehabilitation einen hohen Stellenwert haben, verdeutlichte Professor Christian Holubarsch aus Bad Krozingen. „Trotz moderner interventioneller Techniken leiden viele Patienten nach wie vor unter einer belastungsinduzierten Angina pectoris und sollten deshalb mit einem Nitrat behandelt werden“, sagte der Experte. Als Gründe hierfür nannte Holubarsch: Entweder lehnen die Patienten eine chirurgische Intervention trotz Indikation ab oder ein solcher Eingriff ist wegen gleichzeitig bestehender Begleiterkrankungen nicht möglich. Darüber hinaus haben Patienten trotz einer durchgeführten Stent-Implantation oder einer anderen Intervention pektanginöse Beschwerden. Insbesondere bei dieser Patientenklientel empfiehlt Holubarsch die Therapie mit einem Nitroglycerin-Spray. „Die Therapie mit einem rasch wirksamen, vor- und nachlastsenkenden Nitro-Spray kann nicht nur zur akuten Anfallskupierung, sondern auch prophylaktisch eingesetzt werden. Dies wird durch die Leitlinien gestützt“, betonte der Experte. Patienten würden bei einem Training bis an die persönliche Leistungsgrenze prognostische Vorteile und eine bessere Belastbarkeit erzielen. Allerdings sollten diese Patienten umsichtig ausgewählt und eine Therapie nur von einem erfahrenen Kardiologen durchgeführt werden.
NO – ein Wundermolekül?
Stickstoffmonoxid bildet der Körper selbst im Gefäßendothel und ein Mangel spielt insbesondere für die Pathogenese fast aller kardiovaskulären Erkrankungen eine Schlüsselrolle. Einer der Entdecker dieser Funktion ist Professor Louis J. Ignarro aus Los Angeles/Kalifornien. Auf dem Symposium berichtete der amerikanische Pharmakologe, wie er die Funktion des Stickstoffmonoxids als Vasodilatator entdeckte und dafür 1998 zusammen mit zwei Kollegen den Nobelpreis erhielt. Das Stickstoffmonoxid (NO) ist ein so genanntes freies Radikal. Sein ungepaartes Elektron verleiht ihm die Fähigkeit, mit einer Vielzahl anderer Moleküle zu reagieren. Während die meisten freien Radikale im Organismus jedoch Schaden anrichten, hat NO eine funktionserhaltende Wirkung in verschiedenen Geweben. Dies zeigt sich besonders, wenn bei arteriosklerotisch veränderten Blutgefäßen ein NO-Mangel auftritt und die Gefäßerweiterung ausbleibt. Diesen Eigenschaften kamen Forscher erstmals in den 70er Jahren auf die Spur. NO wird auf einen Stimulus hin – zum Beispiel in Form von Bradykinin, Acetylcholin oder Scherkräften – in den Endothelzellen freigesetzt und wirkt anschließend auf die glatten Muskelzellen der Gefäßwand. Dort aktiviert es die Guanylatzyklase und löst einen Anstieg der cGMP-Konzentration aus, so Ignarro. Diese Reaktionskaskade entspannt letztlich die Muskelzellen und führt zur Gefäßerweiterung. Zusätzlich scheint NO den oxidativen Stress zu reduzieren sowie die Thrombozytenaggregation und die Proliferation von glatten Muskelzellen und Fibroblasten zu hemmen. Das Molekül ist daher für die normale endotheliale Funktion von entscheidender Bedeutung und ein NO-Mangel auch ein zentraler Faktor hinsichtlich der Pathogenese kardiovaskulärer Erkrankungen. Ignarro gelang es, einen weiteren sehr interessanten Effekt des NO nachzuweisen. So veröffentlichte das New England Journal of Medicine bereits 1992 (3) die Arbeit Ignarros, in der er NO als das Molekül vorstellte, das auch im Corpus cavernosum die Muskelzellen relaxieren lässt und damit eine Erektion ermöglicht. Bis heute gibt es allerdings noch immer zahlreiche unentdeckte Funktionen von NO, sagte der Nobelpreisträger. Vorstellbar ist, dass Nitroglycerin zukünftig auch bei anderen kardiovaskulären Erkrankungen einen festen Stellenwert erhält. Allerdings sind hierzu weitere klinische Studien notwendig, so Ignarro abschließend.
Quellen
(1) Hambrecht R et al. (2004) Percutaneous Coronary Angioplasty compared with exercise training in patients with stable coronary artery-disease – A Randomized Trial. Circulation 109: 1371-1378
(2) Boden WE et al. (2007) Optimal Medical Therapy With or Without PCI for Stable Coronary Disease. N Engl J Med 356 (15) 1503-1516
(3) Rajfer J, Aronson WJ, Bush PA, Ignarro LJ (1992) Nitric oxide as a mediator of relaxation of the corpus cavernosum in response to noradrenergic, noncholinergic neurotransmission. N Engl J Med 326 (2) 90-94
Nitrolingual akut® Spray. Wirkstoff: Glyceroltrinitrat. Zus.: 1 Sprühst. enth. 0,4 mg Glyceroltrinitrat. Sonstige Bestandt.: Mittelkettige Tri- u. Partialglyceride, Ethanol, Pfefferminzöl. Anw.-Geb.: Anfallsbehandlung u. Prophylaxe d. Angina pectoris, akuter Herzinfarkt, akute Linksherzinsuffizienz, katheterinduzierte Koronarspasmen. Gegenanz.: Überempfindlichkeit gegen e. d. Bestandt. od. andere Nitratverbdg., akutes Kreislaufversagen, kardiogener Schock, ausgeprägte Hypotonie (RRsyst. < 90 mmHg), Einnahm. v. Phosphodiesterasehemmern z. Behandlg. d. erektil. Dysfkt. o. d. pulmonalen arteriellen Hypertonie. Nur m. Vorsicht bei hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie, konstriktiver Perikarditis, Perikardtamponade, niedrig. Füllungsdrücken (z. B. b. akut. Herzinfarkt; RRsyst.< 90 mmHg vermeiden), Aorten- u./o. Mitralstenose, b. orthostatischen Kreislaufregulationsstör., erhöhtem intrakraniellem Druck. In d. Schwangerschaft u. Stillzeit nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung anwenden. Nebenw.: Anf. sehr häufig Kopfschmerzen, häufig Hypotension m. Reflextachykardie, Benommenheit, Schwindel- u. Schwächegefühl. Gelegentlich Übelkeit, Erbrechen, Flush, allerg. Hautreaktion, stark. Blutdruckabfall m. Verstärk. d. Angina pectoris-Symptomatik, Kollapszustände m. Bradykardie u. Synkopen. Sehr selten exfoliative Dermatitis. Toleranz u. Kreuztoleranz mögl., hohe kontinuierl. Dosen vermeiden. Hypoxämie u. Ischämie b. KHK möglich. Beeinträchtig. d. aktiven Verkehrsteiln. od. Maschinenbedien. mögl., insbes. i. Zusammenhang m. Alkohol. Verschreibungspflichtig. G. Pohl-Boskamp GmbH & Co. KG, 25551 Hohenlockstedt (1).
Quelle: 11. International Nitroglycerin Symposium der Firma G. Pohl-Boskamp zum Thema „The modern essentials of acute nitrate use“ am 09.05.2009 in Hohenlockstedt.