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Neonatale Harnstoffzyklusdefekte
„Wait and see“ ist kontraindiziert
Bielefeld (24. September 2011) – Erbrechen, Lethargie, Gerinnungsstörungen, Apnoe und Koma – treten diese Symptome einige Stunden bis Tage nach der Geburt auf, denken 50 Prozent der Ärzte an Sepsis und 9 Prozent an eine Stoffwechselerkrankung (Maestri et al. J Pediatr 1999,134:255). „Und an was denken die restlichen 41 Prozent?“, fragt Prof. Dr. med. Prof. h.c. (RCH) Georg Friedrich Hoffmann, Ärztlicher Direktor der Universitätskinderklinik Heidelberg, anlässlich eines Expertengesprächs der Cytonet GmbH in die Runde. Gerade bei der genannten hochakuten Symptomatik in der Neonatalperiode sei jedoch schnelles und gezieltes Handeln auf der Grundlage einer rationalen Verdachtsdiagnose lebenswichtig, so Hoffmann weiter. Diese Symptome müssen neben der Sepsis immer auch an eine Hyperammonämie in Folge angeborener Harnstoffzyklusdefekte denken lassen. Bei dieser seltenen Störung der Leberzellen kann das im Proteinstoffwechsel anfallende Ammoniak nicht zu Harnstoff abgebaut werden. Die Folgen sind schwere neurologische Schäden, die zu geistiger Behinderung bis hin zum Tode führen können. „Aufgrund dieser Dramatik ist es uns so wichtig, Neonatologen und Kinderärzte stetig über diese Erkrankung aufzuklären und zu informieren, zumal es mit der zurzeit in Studien untersuchten Leberzelltherapie eine vielversprechende therapeutische Option geben könnte“, erläutert Hoffmann das Ziel der Veranstaltung.
Bei der Leberzelltherapie werden kryokonservierte, keimfreie lebende Leberzellen via Katheter über die Pfortader in das Empfängerorgan infundiert. Mit dem Blutstrom gelangen die Fremd-Leberzellen in das Lebergewebe, siedeln sich dort an und sollen dort die fehlenden Stoffwechselfunktionen bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Säugling alt genug für eine Transplantation ist, übernehmen. Zur Verhinderung einer Abstoßung der infundierten Leberzellen wird das Immunsystem des Empfängers gezielt medikamentös abgeschwächt. „Bis jetzt haben unsere Erfahrungen mit der Leberzelltherapie gezeigt, dass sie von den Patienten gut toleriert wird“, fasst Hoffmann die bisherigen Erfahrungen zusammen. „Um allerdings wissenschaftlich gesicherte Aussagen machen zu können, müssen wir die Methode mit Hilfe des SELICA-Studienprogramms weiter untersuchen“.
SELICA V in Deutschland, SELICA III in den USA
Das Ziel der offenen, prospektiv kontrollierten Multizenter-Studie SELICA V, die seit 2008 in Deutschland läuft, ist, die Sicherheit und Wirksamkeit der Leberzelltherapie bei Kindern mit Harnstoffzyklusdefekt darzulegen. Auf eine sechsmonatige Behandlungs- und Beobachtungsphase mit möglichst frühzeitiger Infusion des humanen Leberzellpräparats folgt ein 18-monatiges Follow-up. Eingeschlossen in die Studie werden Säuglinge, Kleinkinder und Kinder bis zum fünften Lebensjahr, die an einer schweren Verlaufsform folgender Harnstoffzyklusdefekte erkrankt sind: Ornithin-Transcarbamylase (OTC)-Mangel, Carbamoylphosphat-Synthetase I (CPS I)-Mangel oder Argininosuccinat-Synthetase (ASS)-Mangel, Citrullinämie. Die positiven Zwischenergebnisse von SELICA V haben 2010 dazu geführt, dass die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) die Genehmigung für das klinische Studienprogramm SELICA III in den USA erteilt hat. Seitdem kann auch in den USA die Leberzelltherapie klinisch untersucht werden. In die SELICA-III-Studie sind fünf Therapiezentren sowie zehn aktiv zuweisende und weiterbehandelnde Zentren eingebunden. Cytonet wird bei der Durchführung der SELICA-III-Studie durch das gemeinnützige amerikanische Harnstoffzykluskonsortium „National Urea Cycle Disorders Foundation“ unterstützt.
Über Harnstoffzyklusdefekte
Harnstoffzyklusdefekte sind schwerwiegende und lebensbedrohliche Störungen des Ammoniak (NH3)-Stoffwechsels der Leber. Dazu gehören der Carbamoylphosphat-Synthetase I (CPS)-Mangel, der N-Acetylglutamat-Synthetase (NAGS)-Mangel, der Ornithin-Transcarbamylase (OTC)-Mangel, der Argininosuccinat-Synthetase (ASS)-Mangel – auch Citrullinämie genannt, der Argininosuccinat-Lyase (ASL)-Mangel und der Arginase 1-Mangel (Hyperargininämie). Die Harnstoffzyklusdefekte beruhen auf Fehlfunktionen verschiedener Enzyme, die an der NH3-Entgiftung beteiligt sind. Bei den Betroffenen wird das neurotoxische NH3 nicht zu Harnstoff verstoffwechselt und ausgeschieden. Es akkumuliert in Blut und Gewebe und führt – abhängig vom Schweregrad der Erkrankung – zu schweren Schädigungen der Nerven und des Gehirns bis hin zum Tod. Kinder mit einem unbehandelten Harnstoffzyklusdefekt können sich kaum körperlich und geistig normal entwickeln.
Bilder aus der Herstellung
Alle Photos: Cytonet
Über Cytonet
Die Cytonet-Gruppe ist ein international tätiges Biotech Unternehmen mit Standorten in Weinheim, Heidelberg und Durham (North Carolina, USA) mit derzeit 60 Mitarbeitern. Das Unternehmen entwickelt, produziert und vermarktet zelltherapeutische Produkte, die unter Nutzung speziell aufbereiteter menschlicher Zellen bei vielen Erkrankungen Alternativen zu bestehenden Therapieverfahren wie der Organtransplantation ermöglichen oder dem Patienten das Überleben bis zu einer Transplantation sichern könnten. Bei dem von Cytonet entwickelten Verfahren werden aus Spenderlebern die Leberzellen in einem komplexen Verfahren schonend isoliert und aufgereinigt. Bei den verwendeten Organen handelt es sich in erster Linie um Lebern, die nicht zur Transplantation geeignet sind. Daneben lieferte Cytonet in der Vergangenheit Blutstammzell- und Knochenmarkspräparationen für die Therapie von Leukämien und weiteren Tumorerkrankungen. Geschäftsführer sind Dr. Dr. Wolfgang Rüdinger und Dipl.-Kfm. Michael J. Deissner. Gegründet wurde Cytonet durch die Ausgliederung des Bereiches Zelltherapie aus dem Roche Konzern im April 2000. Die maßgebliche Beteiligung hält die Familie Dietmar Hopp.
Quelle: Meet-the-expert-Gespräch der Firma Cytonet zum Thema „Leberzelltherapie bei neonatalen Harnstoffzyklusdefekten“ mit Prof. Dr. med., Prof. h.c. (RCH) Georg Friedrich Hoffmann am 24.09.2011 in Bielefeld, anlässlich der 107. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ). (CGC-Cramer-Gesundheits-Consulting) (tB).