MEDIZIN

DOC-CHECK LOGIN

Neue Empfehlungen der DGRh:
Rheuma-Therapie vor Operationen nur kurz unterbrechen

 

Berlin (20. Dezember 2021) — Das erhöhte Infektionsrisiko nach chirurgischen Ein-griffen macht bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen eine vorübergehende Anpassung der antientzündlichen Basistherapie erforderlich. Die Medikationspausen können aufgrund neuer Studienergebnisse jedoch verkürzt werden, wobei für die einzelnen Wirkstoffe unterschiedliche Regeln gelten. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh) hat ihre Empfehlungen deshalb aktualisiert und dabei neu zugelassene Wirkstoffe berücksichtigt. Die evidenzbasierten Empfehlungen der Fachgesellschaft sind nun in der Zeit-schrift für Rheumatologie (ZfR) publiziert.

Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen haben ein erhöhtes Risiko für postoperative Komplikationen, insbesondere für Infektionen nach einem Gelenkersatz. Gleichzeitig steigt nach jedem chirurgischen Eingriff die Gefahr eines Krankheitsschubs. „Die Therapiepausen sollten deshalb so kurz wie möglich, aber so lang wie nötig ausfallen“, sagt Professor Dr. med. Klaus Krüger, Leiter des Rheumatologischen Praxiszentrums St. Bonifatius in München. „Dabei ist zu berücksichtigen, dass jeder Patient ein individuelles Risikoprofil hat und jedes krankheitsmodifizierende antirheumatische Medikament oder DMARD aufgrund seiner pharmakologischen Eigenschaften einzeln zu betrachten ist“, fügt der Sprecher der DGRh-Kommission Pharmakotherapie hinzu.

Die DGRh hatte dem 2014 durch evidenzbasierte Empfehlungen bereits Rechnung getragen. Inzwischen sind neue DMARD zugelassen worden, die die Behandlungsmöglichkeiten erweitert haben. Dazu gehören JAK-Inhibitoren und der PDE4-Hemmer Apremilast sowie einige Interleukin-Blocker, die in den neuen Empfehlungen berücksichtigt werden. Hinzugekommen sind auch neue Studienergebnisse, die die Beurteilung der Risiken verbessert haben. „Das Infektionsrisiko ist in den letzten beiden Jahrzehnten deutlich gesunken“, berichtet Professor Krüger. Nach Hüftendoprothesen komme es nur noch halb so häufig zu Komplikationen wie in den 1990er Jahren. Dies könnte auch eine Folge der verbesserten rheumatischen Behandlungen sein, so der Experte, da die Krankheitsaktivität wesentlich zum Infektionsrisiko beiträgt. Von entscheidender Bedeutung sei es deshalb, die Medikation im Vorfeld einer geplanten Operation zu optimieren.

Bei Patienten, die auf Glukokortikoide angewiesen sind, sollte die Dosis so weit wie möglich gesenkt werden, rät Dr. med. Katinka Albrecht, Mitglied der DGRh-Kommission Pharmakotherapie. „Wir betrachten eine Dosis von 10 mg Prednisonäquivalent pro Tag als Limit. Je niedriger die Dosis ist, desto besser.“ Neue größere Studien haben laut der kommissarischen Gruppenleitung am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Berlin (DRFZ) bestätigt, dass die Steroiddosis der entscheidende Faktor für das Infektionsrisiko ist.

Die Empfehlungen zu den einzelnen DMARD orientieren sich an der Halbwertzeit der Wirkstoffe oder praktischerweise an den Dosierungsintervallen. „Aufgrund der neuen Studienergebnisse raten wir in Übereinstimmung mit den amerikanischen Empfehlungen zu einer Pause von einem statt bisher zwei Dosierungsintervallen“, sagt Dr. Albrecht. Hier-bei sei jedoch zu beachten, dass bei einigen DMARD die immunologischen Effekte über den Abfall der Wirkstoffspiegel hinaus anhalten. Dies gelte beispielsweise für Rituximab, aber auch für die neuen JAK-Inhibitoren.

Die detaillierten Empfehlungen sollten deshalb nicht als „Rezeptbuch“ verstanden wer-den, betont der DGRh-Präsident Prof. Dr. med. Andreas Krause, Chefarzt am Immanuel Krankenhaus Berlin: „Immer gilt es, den einzelnen Patienten im Blick zu behalten, und das Vorgehen interdisziplinär mit allen Behandelnden – mit internistischen und orthopädischen Rheumatologen, Chirurgen und Hausärzten – abzustimmen, um für jeden Patienten ein gutes Ergebnis zu erzielen.“

 

 

Originalpublikation

Albrecht, K., Poddubnyy, D., Leipe, J. et al. Perioperativer Umgang mit der Therapie von Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen. Z Rheumatol (2021). https://doi.org/10.1007/s00393-021-01140-x

 

 


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V., 20.12.2021 (tB).

Schlagwörter: , ,

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…