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Neue orale Therapieoption für Patienten mit Morbus Gaucher Typ 1

Cerdelga® erweitert Therapiespektrum

 

Frankfurt am Main (3. März 2015) – Im April 2015 wird in Deutschland mit Cerdelga® (Eliglustat, Hartkapseln) eine neue orale Therapieoption für Morbus Gaucher (Typ 1) verfügbar sein. Cerdelga® ist in der EU zugelassen zur Langzeitbehandlung von erwachsenen Patienten mit Morbus Gaucher Typ 1 (GD1), die langsame, intermediäre oder schnelle Metabolisierer in Bezug auf Cytochrom-P450 Typ 2D6 sind.1 Damit steht diesen Patienten nach Markteinführung eine orale Alternative zu der bewährten intravenösen Therapie zur Verfügung. Während sich Betroffene von dem neuen Medikament weniger Einschränkungen und mehr Flexibilität im Alltag versprechen, bietet es Ärzten eine Wahlmöglichkeit für die Behandlung ihrer Patienten.

 

Cerdelga® – spezifischer Inhibitor der Glukozerebrosid-Synthase

 

Patienten mit Morbus Gaucher können keine ausreichenden Mengen des aktiven Enzyms Glukozerebrosidase bilden. In der Folge ist der Abbau von Glukozerebrosid gestört. Deshalb kommt es zu einer pathologischen Akkumulation dieses Substrats in den Lysosomen von Makrophagen, die zu sogenannten „Gaucher-Zellen“ anschwellen.2,3

 

Cerdelga® ist ein Zeramid-Analogon und hemmt hochspezifisch die Glukozerebrosid-Synthase.1,4 Es wird weniger Glukozerebrosid produziert, sodass Auf- und Abbau wieder ins Gleichgewicht kommen. Dieses Prinzip wird als Substratreduktionstherapie (SRT) bezeichnet.1,4 Im Gegensatz dazu wird der bei Enzymersatztherapie (EET) biotechnologisch hergestellte Glukozerebrosidase zugeführt, um den endogenen Enzymmangel auszugleichen.2,3

 

 

Klinisches Studienprogramm umfasst 393 Patienten

 

Basis für die Zulassung war ein Studienprogramm, das eine offene Phase II-Studie und zwei Phase III-Studien beeinhaltet. Eine weitere Phase IIIb Studie läuft derzeit noch. „Das Studienprogramm von Eliglustat ist das größte, das bislang bei Morbus Gaucher durchgeführt wurde“, betonte Martina Ochel, Geschäftsführerin von Genzyme, im Rahmen einer Pressekonferenz des Unternehmens. „Insgesamt wurden in dem Studienprogramm 393 Patienten mit Morbus Gaucher Typ 1 in 29 Ländern mit Eliglustat behandelt. Damit war etwa jeder 17. Gaucher-Patient an einer der Studien zu Eliglustat beteiligt.“ Da die Erkrankung mit einer Prävalenz von 1:40.000 selten ist3, waren alle Studien multizentrisch.

 

 

Studien belegen Wirksamkeit bei therapienaiven Patienten …

 

Der primäre Endpunkt in der randomisierten, doppelblinden, placebo-kontrollierten ENGAGE-Studie mit 40 therapienaiven Patienten war die Reduktion der Milzgröße innerhalb von neun Monaten.5 Im Durchschnitt war das Organ bei den Patienten zu Beginn dieser Phase III-Studie etwa 13-fach vergrößert. Während das Volumen unter Eliglustat innerhalb des Beobachtungszeitraums um 28 Prozent im Vergleich zum Ausgangswert sank, stieg es in der Placebogruppe um 2 Prozent an.5 „Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen betrug somit 30 Prozent – ein sehr eindeutiger Effekt“, hob Prof. Dr. Claus Niederau, Oberhausen, Gaucher-Experte und an den Zulassungsstudien beteiligt, hervor.

 

 

… und mit EET vorbehandelten Patienten

 

Für die randomisierte ENCORE-Studie bei 159 mit Enzymersatztherapie vorbehandelten Patienten war ein kombinierter primärer Endpunkt bestehend aus stabilen Werten sowohl bei den Organvolumina von Milz und Leber als auch bei den Thrombozyten- und Hämoglobinwerten gewählt worden.6 Alle Patienten waren über mindestens drei Jahre mit einer Enzymersatztherapie behandelt worden und hatten darunter einen stabilen Krankheitsverlauf. Für diese Phase III-Studie wurden zwei Drittel der Teilnehmer auf Eliglustat umgestellt, während das verbleibende Drittel mit Enzymersatztherapie (Imiglucerase) weiter behandelt wurde. Nach 12 Monaten hatten 86 Prozent der Patienten in der Eliglustat-Gruppe stabile Werte in allen vier geforderten Kategorien sowie 94 Prozent in der Imiglucerase-Gruppe. Der primäre Endpunkt wurde somit erreicht.

 

Zudem liegen für die offene Phase II-Studie mittlerweile Daten über vier Jahre vor: In diesem Zeitraum hat die Therapie mit Eliglustat das Milz- und Lebervolumen um 63 Prozent bzw. 28 Prozent gesenkt. Das Hämoglobin hat um 2,3 g/dl zugenommen und die Thrombozytenzahl hat sich verdoppelt7, womit sich beide Blutwerte normalisiert haben. Die Knochendichte im Bereich der Lendenwirbelsäule, die zu Beginn im Bereich der Osteopenie lag, hat sich in diesem Zeitraum ebenfalls normalisiert.7 „Diese Daten lassen den Schluss zu, dass die orale Therapie ähnlich gut wirkt wie die Enzymersatztherapie“, fasste Prof. Niederau das Ergebnis zusammen.

 

 

Kombinierte Sicherheitsanalyse zeigte gute Verträglichkeit

 

Die Enzymersatztherapie sei auch deshalb so ein großer Erfolg, weil sie so gut wie keine Nebenwirkungen habe, so Prof. Niederau weiter. Daher sei der Anspruch an die neue Therapie gewesen, dass sie ähnlich verträglich sein sollte. Eine zusammenfassende Analyse der genannten Studien zeigte, dass die meisten Nebenwirkungen leicht und vorrübergehend waren. Die häufigsten berichteten Nebenwirkungen (bei mehr als zwei Prozent der Patienten) umfassten Kopfschmerzen, Übelkeit, Durchfall, Bauchschmerzen, Blähungen, Arthralgie und Ermüdung. In der placebo-kontrollierten Zulassungsstudie ENGAGE traten dabei Kopfschmerzen, Durchfall und Bauchschmerzen unter Placebo genauso häufig oder häufiger auf als unter Cerdelga® auf.1

 

 

Anwendung und Therapiemanagement in der Praxis

 

Der orale Wirkstoff wird überwiegend über die Leber (CYP2D6) metabolisiert.1 „Das heißt, wir müssen vor der Therapie den Metabolisierungsstatus des Patienten genetisch bestimmen“, erläuterte Prof. Dr. Martin Merkel, Hamburg. Intermediäre und schnelle Metabolisierer (zusammen etwa 90%) 8 nehmen die Standarddosis von zwei Kapseln täglich.1 Langsame Metabolisierer erhalten nur eine Kapsel Eliglustat am Tag.1 Die kleine Minderheit der ultraschnellen Metabolisierer (ca. 4%) 8 ist für die Behandlung mit Eliglustat nicht geeignet.1

 

Darüber hinaus spielt für Ärzte und Patienten bei der oralen Gaucher-Therapie auch die Frage der Adhärenz eine Rolle. Aus Prof. Merkels Sicht ist es daher wichtig, dass der Arzt den Patienten durch intensive Kommunikation und Aufklärung ergänzt durch Kontrollen bei der regel-mäßigen Einnahme unterstützt vor allem eine enge Zusammenarbeit zwischen Patient, Hausarzt und Gaucher-Zentrum sei unerlässlich. Genzyme arbeitet gemeinsam mit Ärzten und der Selbsthilfeorganisation Gaucher Gesellschaft Deutschland (GGD) e.V. an Konzepten zur Förderung der Adhärenz der Patienten.

 

 

Bedeutung von Cerdelga® im Alltag

 

Mit der Entwicklung der oralen Therapie kommt Genzyme den Bedürfnissen von Gaucher-Patienten und ihren Ärzten nach mehr Flexibilität im therapeutischen Alltag nach. „In Deutschland leben etwa 350 Patienten mit der Diagnose Morbus Gaucher“, sagt Pascal Niemeyer, Vorstandsvositzender der GGD. „Als Vertreter der Gaucher-Patienten geht es mir vor allem darum, dass die Patienten zusammen mit ihrem Spezialisten frei entscheiden können, ob sie von neuen Behandlungsmöglichkeiten profitieren wollen, sofern sie dafür infrage kommen, oder nicht“, so Niemeyer. Mit Cerdelga® erweitert Genzyme die therapeutischen Optionen für Morbus Gaucher Typ 1 um eine dem bisherigen Therapiestandard der Enzymersatztherapie vergleichbare Alternative. Die orale Anwendung hat für die behandelnden Ärzte den Vorteil, dass sie keine Infrastruktur mehr für die Infusionen vorhalten müssen. Für die Patienten bedeutet sie einen erheblichen Zugewinn an Flexibilität. Pascal Niemeyer ist überzeugt: „Diese Therapie wird zweifelsohne vielen Gaucher-Patienten ein besseres Leben ermöglichen.“

 

 

Über Morbus Gaucher

 

Morbus Gaucher ist eine erblich bedingte Erkrankung, von der weltweit weniger als 10.000 Menschen betroffen sind. Ursache der Erkrankung ist ein genetisch bedingter Mangel des En-zyms β-Glukozerebrosidase, das den Abbau bestimmter Lipidmoleküle katalysiert. Hierdurch entstehen vergrößerte, lipidspeichernde Zellen (Gaucher-Zellen), die sich in verschiedenen Regionen des Körpers ansammeln, vorwiegend jedoch in der Milz, der Leber und dem Knochenmark. Die Infiltration von Geweben mit Gaucher-Zellen kann eine Vielzahl verschiedener Symptome verursachen, darunter Vergrößerungen von Milz und Leber, Anämie, exzessive Blutungen und Hämatome sowie Knochenbeteiligung. Bei der häufigsten Form des Morbus Gaucher, dem Typ 1, ist das Gehirn normalerweise nicht betroffen.

 

 

Über Cerdelga® (Eliglustat)

 

Cerdelga® ist ein neues orales Zeramid-Analogon, das eine partielle Hemmung des Enzyms Glukozerebrosid-Synthase bewirkt. Hierdurch verringert sich die Produktion von Glukozerebrosid, also der Substanz, die sich in den Zellen und Geweben von Patienten mit Morbus Gaucher ansammelt. Das Konzept wurde ursprünglich von Norman Radin von der University of Michigan entwickelt. Aufbauend auf dem umfangreichen präklinischen und frühen klinischen Entwicklungsprogramm wurde Cerdelga® im größten klinischen Phase-3-Studienprogramm bei Morbus Gaucher Typ 1 untersucht.

 

Cerdelga® ist als „Arzneimittel für seltene Leiden“ (Orphan Drug Status) zur Behandlung von Morbus Gaucher im „Gemeinschaftsregister für Arzneimittel für seltene Leiden“ (Community Register of Orphan Medicinal Products) eingetragen. CG03/15-040488

 

 

Über Genzyme

 

Genzyme mit Hauptsitz in Cambridge/Massachusetts (USA) gehört zu den weltweit führenden Biotechnologie-Unternehmen. Seit der Gründung 1981 hat sich Genzyme von einem kleinen Start-up zu einem der erfolgreichsten Unternehmen der Biotechnologie-Branche mit ca. 8.000 Mitarbeitern in 40 Ländern entwickelt, in Deutschland sind ca. 180 Mitarbeiter beschäftigt. Genzyme gehört zur Sanofi-Gruppe, einem der größten Pharmaunternehmen der Welt. In den letzten drei Jahrzehnten hat Genzyme eine Vielzahl richtungsweisender Therapien für teilweise bislang nicht oder schwer behandelbare Krankheiten auf den Markt gebracht, um Patienten in annähernd 100 Ländern zu helfen. Genzyme fokussiert bei seinen Forschungstätigkeiten auf seltene Erkrankungen (Orphan Diseases) mit dem Schwerpunkt lysosomaler Speicherkrankheiten und auf Multiple Sklerose. Ein weiteres Betätigungsfeld ist die Therapie im Rahmen der Behandlung des Schilddrüsenkarzinoms. Das Unternehmen hat seit Jahrzehnten nicht nur die Entwicklung und den Vertrieb der eigenen Medikamente im Blick, sondern bietet sowohl Ärzten als auch Patienten und Patientenorganisationen bedürfnisorientierte Unterstützung an, mit dem Anspruch, das Leben der betroffenen Patienten zu verbessern.

 

 

 

Literatur  

  1. Fachinformation Cerdelga, Genzyme, Stand 19.1.2015
  2. Rosenbloom BE, Weinreb NJ. Critical Reviews in Oncogenesis. 2013; 18:163-175
  3. Niederau C. Thieme Refresher Innere Medizin, 2013
  4. Shayman JA, Drugs Future 2010; 35: 613-620
  5. Mistry PK et al. JAMA 2015; 313: 695-706
  6. Cox TM et al. Posterpräsentation, Lysosomal Disease Network’s 10th Annual WORLD Symposium, 11.-13. Februar 2014, San Diego, USA
  7. Lukina E et al. Blood, Cells, Mol Dis 2014; 53: 274-276
  8. Hersberger M et al. Clin Chem 2000; 46: 1072-1077 CG03/15-040488

 


Quelle: Launch-Pressekonferenz “Patientenbedürfnisse im Blick – Cerdelga® erweitert Therapiespektrum bei Morbus Gaucher“ 03.03.2015, Frankfurt am Main (tB).

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