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Neue Perspektiven für Patienten mit Schizophrenie

Mit modernen Depot-Antipsychotika die Abwärtsspirale der Non-Adhärenz durchbrechen

 

Berlin (29. November 2013)* – In der Langzeittherapie von Menschen mit Schizophrenie ist ein Richtungswechsel erkennbar – weg von einer alleinigen Fokussierung auf die Akutsymptomatik, hin zu einer umfassenden Betrachtung des gesamten Patienten mit seinem individuellen Symptomspektrum und seinen funktionellen Defiziten. Um die Patienten langfristig vor Rezidiven zu schützen, ihnen unnötige Hospitalisierungen zu ersparen und ihre psychosoziale Funktionalität wiederherzustellen, sollte der behandelnde Psychiater bereits in der Frühphase der Erkrankung die Erhaltungstherapie anvisieren.

 

Dazu zählen auch der Aufbau eines vertrauensvollen therapeutischen Bündnisses mit dem Patienten, die Einbeziehung der Angehörigen und das gemeinsame Festlegen einer individuellen Therapiestrategie, mit der sich eine langfristige Kontrolle sowie eine dauerhafte soziale und berufliche Reintegration realisieren lässt. Welche Bedeutung die Therapiekontinuität für das Erreichen der Ziele und die Prognose der Schizophrenie-Patienten hat und was Depot-Antipsychotika der zweiten Generation wie die neu in Europa zugelassene Depot-Formulierung von Aripiprazol (Abilify Maintena®) dazu beitragen können, stand im Fokus eines Symposiums* beim DGPPN-Kongress.

 

Der ungünstige Verlauf der Schizophrenie und die nach wie vor zu hohen Rückfallraten könnten verbessert werden, wenn man die Erkrankung als Entwicklungsstörung auffasse, berichtete Prof. Dr. Klaus Wiedemann, Hamburg. Mittlerweile gehe man davon aus, dass sich die Schizophrenie vor dem Hintergrund einer genetischen Prädisposition und unter dem Einfluss von Hirnreifungsstörungen und Umweltfaktoren schon in der frühen Kindheit entwickelt, in der späten Adoleszenz das Vollbild erreicht und sich über die gesamte Lebensspanne erstrecken kann. Funktionsverluste und medizinische Komplikationen werden zwar erst Mitte der zweiten Lebensdekade erkennbar, der Funktionsverlust beginnt jedoch schon deutlich früher und entwickelt sich schleichend [1]. Um Spätkomplikationen zu vermeiden, müsse deutlich früher interveniert werden, hob Wiedemann hervor. Schon heute sei es möglich, durch den frühzeitigen Beginn und eine dauerhafte Fortsetzung der antipsychotischen Therapie das Risiko für psychotische Rückfälle zu minimieren und den Patienten vor einem progredienten Verlust an Lebensqualität und Funktionalität zu schützen.

 

 

Bereits in der Frühphase an den Aufbau der Adhärenz denken

 

Mit jedem Rezidiv kommt es zu einer kumulativen funktionellen Verschlechterung, Hospitalisierung und Verlust der beruflichen und sozialen Integration [2]. „Psychotische Rezidive haben massive Folgen für den Patienten", unterstrich PD Dr. Kai-Uwe Kühn, Homburg/Saar. „Um diese Abwärtsspirale zu stoppen bzw. von vornherein zu vermeiden, müssen wir bereits zu Beginn alles tun, um die Therapieadhärenz zu stärken und Rezidive zu verhindern.“ Schon kurze Therapielücken von nur 1 bis 10 Tagen verdoppeln das Risiko für eine Krankenhauseinweisung (Odds Ratio [OR] 1,98; p<0,005) im Vergleich zu einer kontinuierlichen Therapie [3] und müssen daher unbedingt vermieden werden. Eine frühe und kontinuierliche Versorgung mit wirksamen und verträglichen Antipsychotika, ein dichtes soziales Netz, Unterstützung durch die Familie und eine gute Arzt-Patienten-Beziehung können dazu beitragen, Rückfälle und Rehospitalisierung zu vermeiden und das soziale Funktionsniveau sowie die kognitiven Fähigkeiten zu erhalten. „Eine frühzeitige und adäquate medikamentöse Intervention kann den Drehtür-Effekt verhindern und gesellschaftliche Kosten reduzieren“, so Kühn. Innerhalb eines umfassenden, multimodalen und patientenzentrierten Therapiekonzepts, das auch verhaltenstherapeutische und psychoedukative Maßnahmen umfasst, bieten moderne Depot-Antipsychotika bedeutende Vorteile, da sie helfen, die Therapiekontinuität zu optimieren.

 

 

Schon früh den Einsatz von Depot-Antipsychotika erwägen

 

„Nicht-Adhärenz ist einer der wichtigsten Gründe, der die maximale Wirksamkeit der derzeit verfügbaren Antipsychotika untergräbt", berichtete Prof. Dr. Christoph U. Correll, Glen Oaks/USA. Moderne Depot-Antipsychotika sind nach den Erfahrungen des Experten eine äußerst sinnvolle – und nach adäquater Aufklärung auch von den Patienten gut akzeptierte – Strategie zur Aufrechterhaltung der Therapiekontinuität und zum Erhalt der langfristigen Adhärenz. Eine Depot-Therapie mache Non-Adhärenz erkennbar und verringere das Risiko für Rezidive. Correll rät, den Patienten bereits nach der ersten Episode oder spätestens nach dem ersten Rezidiv ein Depot- Antipsychotikum anzubieten, da es in dieser Zeit zu massivem Funktionseinbruch und Funktionseinbußen kommen kann. Der initiale Beratungsaufwand zahlt sich langfristig aus. Aufgrund der wegfallenden Diskussion um die Notwendigkeit einer regelmäßigen Tabletteneinnahme erhält der behandelnde Arzt neue therapeutische Freiräume für neuropsychologische und psychosoziale Interventionen.

 

Die Wirksamkeit und Verträglichkeit der nur einmal monatlich i.m. zu injizierenden Formulierung von Aripiprazol** wurde in zwei randomisierten, kontrollierten Langzeitstudien in den USA und Europa bei schizophrenen Patienten nachgewiesen [4,5]. In der amerikanischen Studie wurden stabile Patienten auf die Depot-Formulierung (LAI, long acting injectibles) von Aripiprazol (400 mg i.m. 1x monatlich) umgestellt. Nach erneuter Symptomstabilisierung erhielten sie randomisiert und doppelblind entweder Depot-Aripiprazol (n=269) oder Placebo (n=134). Während der 52-wöchigen Erhaltungstherapie waren die Rezidivraten unter Depot-Aripiprazol signifikant niedriger als unter Placebo (10,0 vs. 39,6%, Hazard Ratio 5,03; p<0,0001). Der PANSS (Positiv-Negativ-Syndrom-Skala)-Gesamtwert blieb stabil, verschlechterte sich hingegen in der Placebogruppe (p<0,0001 Depot-Aripiprazol vs. Placebo) [4].

 

In der europäischen Zulassungsstudie [5] erhielten die Patienten nach Stabilisierung unter oralem Aripiprazol entweder Aripiprazol als einmal monatlich i.m. zu injizierende Formulierung (400 mg i.m., 1x monatlich), orales Aripiprazol (10–30 mg/d) oder Depot-Aripiprazol (50 mg i.m., 1x monatlich, Pseudo-Placebogruppe) in subtherapeutischer Dosis. Unter Depot-Aripiprazol zeigte sich nach 26 Wochen eine gegenüber der Pseudo-Placebogruppe signifikante Reduktion der Rezidivrate (7,1 vs. 21,8; p=0,0006), die mit oralem Aripiprazol vergleichbar war (7,8%). In beiden Studien zeigte Aripiprazol als einmal monatlich i.m. zu injizierende Formulierung eine ebenso gute Verträglichkeit wie das orale Präparat [4,5]

 

Die rezidivprophylaktische Wirksamkeit von Depot-Antipsychotika und ihr Potenzial zur Adhärenzverbesserung werden laut Correll unterschätzt, da die in randomisierten, kontrollierten Studien eingeschlossenen Patienten eine bessere Adhärenz hätten als die Patienten im klinischen Alltag. Um den Nutzen einer Depot-Therapie genauer beurteilen zu können, seien Studien erforderlich, die die klinische Realität besser widerspiegeln.

 

 

Anmerkungen

 

  • *Quelle: Satellitensymposium. „Weiter denken in der Psychiatrie. Was alles möglich ist, wenn Therapieziel und Therapiestrategie zusammenpassen“; Veranstalter: Otsuka Pharma GmbH / Lundbeck GmbH, beim DGPPN-Kongress, Berlin, 29. November 2013

 

  • **Abilify Maintena® als eine einmal monatlich zu injizierende Form von Aripiprazol zur Behandlung der Schizophrenie ist seit Mitte November 2013 von der Europäischen Arzneimittel Agentur (EMA) zugelassen.

 

 

Literatur 

  1. Insel TR. Nature 2010; 468: 187-193
  2. Nasrallah HA, Lasser R. J Psychopharmacol 2006; 20 (6 Suppl): 57-61
  3. Weiden PJ et al. Psychiatr Serv 2004;55:886-891
  4. Kane JM et al. J Clin Psychiatry 2012; 73: 617-624
  5. Fleischhacker WW et al. Presented at: 14th International Congress on Schizophrenia Research; 21.-25. April 2013; Grande Lakes, USA

 

——– 

 

Über Schizophrenie

 

Schizophrenie ist durch Störungen des Denkens, der Wahrnehmung und der Affektivität gekennzeichnet. Die häufigsten Symptome sind Halluzinationen, paranoide oder bizarre Wahnvorstellungen und desorganisiertes Sprechen und Denken. Diese werden von erheblicher sozialer oder beruflicher Dysfunktion begleitet. Typischerweise setzen die Symptome im frühen Erwachsenenalter ein. Die chronische Erkrankung erfordert oft eine lebenslange Behandlung zur Symptom-Linderung. Schätzungen zufolge ist etwa 1% der erwachsenen Bevölkerung in den USA und Europa von Schizophrenie betroffen, weltweit sind es ca. 24 Millionen Menschen1,2.

 

 

Über Otsuka Pharmaceutical Co., Ltd.

 

Die 1921 gegründete, international tätige Otsuka Pharmaceutical-Gruppe hat die Unternehmensphilosophie: „Otsuka-Mitarbeiter schaffen neue Produkte für eine bessere Gesundheit weltweit“. Das Unternehmen forscht, entwickelt, produziert und vermarktet innovative Originalprodukte mit dem Schwerpunkt auf Arzneimitteln sowie funktionelle Lebensmittel zur Unterstützung der allgemeinen Gesundheit.

Otsuka Pharmaceutical Co., Ltd. ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Otsuka Holdings Co., Ltd., der Holding-Gesellschaft der Otsuka-Gruppe. Weltweit beschäftigt Otsuka 40.000 Mitarbeiter in 25 Ländern. Die deutsche Niederlassung, Otsuka Pharma GmbH, befindet sich in Frankfurt.

 

 

Über H. Lundbeck A/S

 

Lundbeck ist ein international tätiges Pharmaunternehmen, das 1915 in Dänemark gegründet wurde. Das „Unternehmen ZNS“ hat sich auf die Entwicklung und den Vertrieb innovativer Medikamente zur Behandlung von psychischen und neurologischen Erkrankungen spezialisiert. Es beschäftigt heute etwa 5.800 Mitarbeiter in 57 Ländern. Der deutsche Firmensitz, Lundbeck GmbH, ist in Hamburg.

 

  1. National Institute of Mental Health (NIMH): Health Topics: Statistics. http://www.nimh.nih.gov/statistics/1SCHIZ.shtml, Zugriff: 19. Juli 2012
  2. Weltgesundheitsorganisation (WHO): Schizophrenia Fact Sheet, 2010. http://www.who.int/mental_health/management/schizophrenia/en/, Zugriff: 16. Juli 2012


 

Quelle: Otsuka Pharma / Lundbeck, 29.11.2013 (tB).

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