MEDIZIN

DOC-CHECK LOGIN

Abb.: Die grüne Immunfärbung des Hepatitis E Virus Kapsidproteins in den Plazentazellen weist die Replikation des Virus in diesen nach. Photo und Copyright: Leonard Knegendorf / TWINCORENeuer Behandlungsansatz für Hepatitis E Virus Infektionen bei Schwangeren

Hannover (12. Februar 2018) – Hepatitis E Virus Infektionen gelten unter Medizinern als unterschätzte Krankheit. In unseren Breiten werden vorrangig Menschen mit geschwächter Immunabwehr krank, in Asien und Afrika ist jedoch ein Genotyp verbreitet, der besonders für Schwangere eine ernste Bedrohung ist: Eine von vier Schwangeren stirbt dort in Folge einer HEV Infektion. Wissenschaftler des TWINCORE haben nun die Unterschiede der regionalen Hepatitis E Typen untersucht, um Behandlungsansätze gegen diese für Schwangere hochgefährliche Variante zu erforschen. Mit ihren Untersuchungen haben sie zunächst ein Zellmodell entwickelt, mit dem sie Wirkstoffe auf ihre Eignung als Hepatitis E Medikament testen können.

Das Hepatitis E Virus vom Genotyp 3 in unserer Region wird vor allem durch rohes Schweinefleisch, der in Asien und Afrika verbreitete Genotyp 1 hingegen vor allem durch Fäkalien übertragen. Das ist besonders in Krisengebieten ein großes Problem: nach dem Erdbeben in Nepal im Jahr 2015, in syrischen Flüchtlingslagern, in Militärcamps – überall dort, wo viele Menschen unter schlechten hygienischen Bedingungen auf engem Raum leben, breitet sich das Hepatitis E Virus aus. „Streng medizinisch gesehen, ist es eigentlich gar kein Hepatitis-Virus“, sagt Leonard Knegendorf, „denn es befällt nicht nur die Leber, wie der Name ‚Hepatitis‘ vermuten lässt, sondern auch andere Gewebe.“ Leonard Knegendorf studiert Medizin, forscht als Nachwuchswissenschaftler in der Arbeitsgruppe Virus Transmission am Institut für Experimentelle Virologie des TWINCORE und hat für seine Forschung besonders die Plazenta als Ziel des Hepatitis E Virus in den Fokus genommen. „Da wir untersuchen wollten, weshalb ausgerechnet Schwangere so hoch gefährdet sind, haben wir uns auf den entscheidenden Unterschied zwischen den betroffenen Gruppen konzentriert und das ist die Plazenta.“

Die Wissenschaftler haben dazu Leber- und Plazentazellen mit den beiden Hepatitis E Genotypen infiziert und beobachtet, dass sich die Viren beider Typen sowohl in Leber- als auch in Plazentazellen vermehren, die Genotyp 3 Viren sogar in beiden Zelltypen gleich gut. „Damit haben wir erstmals virologisch zeigen können, dass Hepatitis E Viren in der Plazenta replizieren“, sagt Arbeitsgruppenleiter Prof. Eike Steinmann.

Im nächsten Schritt hat Leonard Knegendorf antivirale Medikamente an infizierten Plazentazellen getestet: Ribavirin, Sofosbuvir und Interferon. „Diese Wirkstoffe sind jedoch nicht für die Behandlung Schwangerer zugelassen“, sagt er. „Wir wollten wissen, ob es einen Unterschied in der Wirkung in Leber- und Plazentazellen gibt.“ Und den gibt es: Während Ribavirin und Sofosbuvir die Viren in beiden Zelltypen gleich gut zurück drängen, kann Interferon die europäische Variante, den Genotyp 3, noch bedingt hemmen. Bei der für Schwangere so gefährlichen Genotyp Variante 1 hingegen ist Interferon wirkungslos. „Da Interferon nicht nur ein Medikament, sondern vor allem auch unsere körpereigene, erste Antwort auf Virenangriffe ist, könnte hier der Schlüssel zum Unterschied zwischen den vergleichsweise harmlosen Infektionen mit dem Genotyp 3 und den gefährlichen mit dem Genotyp 1 liegen“, sagt Leonard Knegendorf.

„Diese neuen Erkenntnisse helfen uns bei der Suche nach neuen Wirkstoffen gegen Hepatitis E Infektionen bei Schwangeren“, schließt Eike Steinmann. „Wir werden nun zunächst alle Medikamente, die für Schwangere bereits zugelassen sind, an Hepatitis E infizierten Plazentazellen testen. Finden wir unter den Tausenden Wirkstoffen- einen Treffer, der die Vermehrung des Virus unterbindet, ist der Weg zu einem Medikament, das den Schwangeren hilft, nicht mehr weit.“

Das Projekt wurde vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) gefördert.

Publikation

  • Knegendorf L, Drave S, Dao Thi VL, Debing Y, Brown RJ, Vondran FW, Resner K, Friesland M, Khera T, Engelmann M, Bremer B, Wedemeyer H, Behrendt P, Neyts J, Pietschmann T, Todt D, Steinmann E. Hepatitis E virus replication and interferon responses in human placental cells. Hepatol Commun 2018;2:173-187.


Weitere Informationen

Abb. oben: Die grüne Immunfärbung des Hepatitis E Virus Kapsidproteins in den Plazentazellen weist die Replikation des Virus in diesen nach. Photo und Copyright: Leonard Knegendorf / TWINCORE



Quelle: TWINCORE – Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung , 12.02.2018 (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…