Abb.: Verleihung des Innovationspreises 2011 der Pharmazeutischen Zeitung (v.l.n.r.): Professor Dr. Hartmut Morck (ehemaliger Chefredaktion der Pharmazeutischen Zeitung ), Dr. Ferenc Tracik (Leiter Klinische Forschung Spezialitätenmedizin, Novartis Pharma GmbH), Dr. Rüdiger Merkel (Leiter der Geschäftseinheit Multiple=Neuer Therapieansatz bei Multipler Sklerose

PZ Innovationspreis 2011 für Fingolimod

 

Düsseldorf  (8. Oktober 2011) – Der 17. PZ Innovationspreis würdigt eine Innovation in der Behandlung der Multiplen Sklerose (MS): Gilenya® (Fingolimod) überzeugte die siebenköpfige unabhängige Jury, weil es die erste orale Therapie der Multiplen Sklerose ist und über einen neuartigen Wirkmechanismus verfügt. In klinischen Studien reduzierte Fingolimod die jährliche Schubrate von MS-Patienten signifikant besser als Placebo und die Basistherapie mit Interferon beta-1a i.m. Im Rahmen des Deutschen Apothekertages nahm Dr. med. Ferenc Tracik, Leiter Klinische Forschung Spezialitätenmedizin, Novartis Pharma GmbH, den Preis in Düsseldorf entgegen.

 

„Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung, die das Engagement von Novartis in der Behandlung der Multiplen Sklerose würdigt. Fingolimod ist als erste orale Behandlung gegen diese chronische Erkrankung ein Meilenstein in der Therapie. In der Neurologie wird Novartis seine Forschung auch weiterhin auf Substanzen zur Behandlung dieser Erkrankung konzentrieren, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern“, erklärte Tracik. Er betonte den hohen Stellenwert, den die am Patienten orientierte Forschungsstrategie mit über 3.500 Wissenschaftlern weltweit im Unternehmen hat. Bei der klinischen Umsetzung der daraus hervorgehenden innovativen Wirkstoff-Kandidaten ist Novartis mit 149 laufenden klinischen Studien Spitzenreiter in Deutschland. Rund 50 Early-Development-Studien kommen hinzu. Abgesehen von Substanzen in der Neurologie werden unter anderem Wirkstoffe in den Bereichen Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen, Onkologie, Pneumologie, Dermatologie sowie der Infektions- und Transplantationsmedizin geprüft.

 

 

Neuer Wirkmechanismus

 

Professor Dr. rer. nat. Hartmut Morck, ehemaliger Chefredakteur der Pharmazeutischen Zeitung, Eschborn, erläuterte die Gründe, warum die Jury Gilenya® für den 17. PZ Innovationspreis auswählte: „Fingolimod ist ein ganz neues Therapeutikum gegen Multiple Sklerose, das oral appliziert werden kann. Das Präparat hat einen neuen Wirkungsmechanismus. Es ähnelt strukturell den physiologisch vorkommenden Sphingosinen, die über spezielle S1P-Rezeptoren auf den Lymphozyten deren Auswanderung steuern. Fingolimod führt zu einer Internalisierung dieser Rezeptoren und blockiert so die Auswanderung von autoaggressiven Lymphozyten, die den Rezeptor für den Egress benötigen. Dadurch reduziert es die Infiltration pathogener Lymphozyten ins zentrale Nervensystem, wo sie an der neuronalen Entzündung und der Zerstörung von Nervengewebe beteiligt sind.“

 

 

Reduktion der Schubraten um die Hälfte

 

Trotz Einsatz der Basistherapeutika Interferon beta und Glatirameracetat müssen viele der rund 130.000 in Deutschland lebenden Patienten mit Multipler Sklerose deutliche Einschränkungen hinnehmen. Wie Professor Dr. med. Bernd Kieseier, Düsseldorf, erläuterte, ist die Wirksamkeit der Basistherapeutika moderat. Weitere Probleme sind die typischen Nebenwirkungen wie grippeähnliche Symptome oder Schwierigkeiten im Umgang mit der subkutan oder intramuskulär zu applizierenden Medikation, die auch zu unerwünschten Wirkungen an der Einstichstelle führen kann. Mangelnde Adhärenz und frühzeitiger Abbruch der Therapie können die Folge sein. „Trotz aller Fortschritte existieren in der MS-Therapie somit ‚Unmet Needs’ in dem Sinne, dass sich Patienten wie auch Ärzte wirksamere, verträglichere und leichter anwendbare Therapieoptionen wünschen“, stellte Kieseier fest. Mit Fingolimod steht seit März 2011 eine neue Therapieoption zur Verfügung, die einmal täglich als Kapsel eingenommen wird und durch die Vermeidung der parenteralen Applikationsform die Patienten-Compliance verbessern kann. Die Substanz ist indiziert zur Behandlung von Patienten mit schubförmiger MS, die trotz Therapie mit einem Interferon beta-Präparat eine hohe Krankheitsaktivität aufweisen oder an einer rasch voranschreitenden Verlaufsform leiden. „Fingolimod ist die Leitsubstanz einer neuen Klasse von Therapeutika zur oralen MS-Behandlung und stellt einen völlig neuen Therapieansatz dar“, betonte Kieseier.

 

 

Hemmung der entzündlichen Prozesse im Gehirn

 

Der Wirkmechanismus des Sphingosin-1-Phosphat (S1P)-Rezeptor-Modulators Fingolimod setzt sowohl peripher als auch zentral an. Chemisch ist es ein Strukturanalogon von Sphingosin, das entscheidend an Entzündungs- und Reparaturprozessen beteiligt ist und in verschiedenen Geweben exprimiert wird. Im Körper wird Fingolimod in die aktive Form überführt und bindet an S1P-Rezeptoren auf der Oberfläche von T-Lymphozyten, erläuterte Kieseier. Unter dem Einfluss von Fingolimod werden autoreaktive Lymphozyten in den Lymphknoten zurückgehalten und so die entzündlichen Prozesse im Gehirn gehemmt. Fingolimod bewirkt keine generelle Immunsuppression, da es weder die T-Zell-Aktivierung noch die Funktion der T- und B-Gedächtniszellen beeinträchtigt. Nach Absetzen von Fingolimod ist die Verringerung der Anzahl zirkulierender Lymphozyten reversibel und normalisiert sich üblicherweise innerhalb von einigen Wochen. Da Fingolimod die Blut-Hirn-Schranke passiert und an S1P-Rezeptoren auf Neuronen und Gliazellen bindet, entfaltet es möglicherweise auch direkt im ZNS eine therapeutische Wirkung.

 

Fingolimod wurde im umfangreichsten Phase-III-Studienprogramm, das jemals bei MS durchgeführt wurde, untersucht. Wie Kieseier erläuterte, gab es somit bereits vor Zulassung eine einmalige Datenbasis, die auch ein gutes Verträglichkeits- und Sicherheitsprofil der Substanz zeigt. In den Phase-III-Studien FREEDOMS (vs. Placebo) und TRANSFORMS (vs. Interferon beta-1a i.m.) erwies sich Fingolimod nach 12 bzw. 24 Monaten im Hinblick auf die Reduktion der jährlichen Schubraten sowohl Placebo als auch der Vergleichssubstanz überlegen – unabhängig von der Vorbehandlung.

 

 

Vier Innovationen in engerer Wahl

 

In der Zeit vom 1. Juli 2010 bis 30. Juni 2011 brachten Pharmaunternehmen 19 Innovationen aus 13 Indikationsgruppen auf den deutschen Markt. Mit drei Produkten gab es die meisten Innovationen im Bereich der Zytostatika. Je zwei weitere zählten zu den Enzyminhibitoren, den Osteoporosemedikamenten und den Thrombozytenaggregationshemmern. Die Jury des PZ Innovationspreises klassifizierte die 19 neuen Arzneimittel nach dem GMG 2004 in drei Bewertungsgruppen: Als Sprunginnovationen wurden neben Fingolimod drei weitere Medikamente eingestuft: Roflumilast (Daxas®), der PDE-4-Hemmer zur oralen COPD-Behandlung, Mikrobielle Kollagenase (Xiapex®), die erste injizierbare Therapieoption zur Behandlung einer Dupuytren’schen Kontraktur bei Patienten mit tastbarem Strang sowie Denosumab (Prolia® 60 mg) gegen Osteoporose bei postmenopausalen Frauen. Als Schrittinnovationen stufte die Jury sechs der Präparate ein, als Scheininnovationen neun Arzneimittel.

 

 

Abbildung

 

 

Abb.: Verleihung des Innovationspreises 2011 der Pharmazeutischen Zeitung (v.l.n.r.): Professor Dr. Hartmut Morck (ehemaliger Chefredaktion der Pharmazeutischen Zeitung ), Dr. Ferenc Tracik (Leiter Klinische Forschung Spezialitätenmedizin, Novartis Pharma GmbH), Dr. Rüdiger Merkel (Leiter der Geschäftseinheit Multiple= 

 

Abb.: Verleihung des Innovationspreises 2011 der Pharmazeutischen Zeitung (v.l.n.r.): Professor Dr. Hartmut Morck (ehemaliger Chefredaktion der Pharmazeutischen Zeitung ), Dr. Ferenc Tracik (Leiter Klinische Forschung Spezialitätenmedizin, Novartis Pharma GmbH), Dr. Rüdiger Merkel (Leiter der Geschäftseinheit Multiple Sklerose, Novartis Pharma GmbH). Photo: Govi-Verlag

 

 


Quelle: Verleihung des Innovationspreises 2011 der Pharmazeutischen Zeitung (PZ) am 08.10.2011 in Düsseldorf (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…