Neurointensivmedizin im Fokus: Highlights und Schwerpunkte der ANIM 2016

Berlin, 28. – 30. Januar 2016

 

Berlin (2. Januar 2016) –  Der Fokus liegt wieder für drei spannende Tage auf der Neurointensivmedizin: Vom 28. bis 30. Januar werden in Berlin um die 1600 Mediziner und Pflegefachkräfte erwartet, deren Ziel ein umfassendes Update ihres Wissensstandes im Bereich der Neurologie, Intensivmedizin und Neurochirurgie ist. Zum 33. Mal findet die gemeinsame Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurointensiv- und Notfallmedizin (DGNI) und der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) als ANIM 2016 – Arbeitstagung NeuroIntensivMedizin statt. Im folgenden Interview äußert sich der diesjährige Tagungspräsident Prof. Dr. Jürgen Piek, Direktor der Abteilung Neurochirurgie am Universitätsklinikum Rostock zum Kongress, seinen Themen und den Entwicklungen im Bereich der Neurointensivmedizin.

 

 

Professor Piek, welche Bedeutung hat die ANIM? Welche Impulse gehen von dieser Tagung aus?

 

Als größte intensivmedizinische Tagung im deutschsprachigen Raum hat sich die ANIM in den letzten Jahren ständig weiterentwickelt und stellt mittlerweile die Plattform für wissenschaftlichen Austausch und Fortbildung für alle Neurointensivmediziner dar. Ich hoffe natürlich, dass sich in Berlin dieser Trend fortsetzen wird und dass ich die von meinen Vorgängern erfolgreich begonnene Arbeit in diesem Sinne fortführen kann.

 

 

Das wissenschaftliche Programm ist wie immer äußerst umfangreich. Welche Schwerpunkte werden gesetzt?

 

Einige Schwerpunkte der ANIM 2016 sind die neuen Leitlinien zur Hirntodbestimmung, die Zukunft der Schlaganfallversorgung, aktuelle Studien und die Besonderheiten der pädiatrischen und geriatrischen Neurointensivmedizin. Nosokomiale Infektionen auf unseren Stationen sind ein zunehmendes Problem, das in der Öffentlichkeit immer kritischer gesehen wird. Weitere Schwerpunkte werden neben den bekannten Fortbildungsthemen die Grenzen der Intensivmedizin und die Interaktionen zwischen Gehirn und Immunsystem sein.

 

 

Ein eigenes Symposium beschäftigt sich mit im Krankenhaus erworbenen Infektionen. Gibt es hier neue Präventionsansätze?

 

Zunächst einmal möchte ich noch einmal auf die Bedeutung nosokomialer Infektionen für unsere Intensivstationen hinweisen. Das Thema wird – so zumindest mein Eindruck – von uns Neuro-Intensivmedizinern nicht ernst genug genommen, bestenfalls noch auf das Problem „MRSA“ reduziert! Dabei entwickeln immer mehr Keime Antibiotikaresistenzen. Von chinesischen Forschern wurde unlängst ein bestimmtes Gen (MRC-1) bei Keimen in Tieren und Menschen isoliert, welches über Plasmide weitergegeben wird und zu einer hohen Antibiotikaresistenz bei E. coli und Klebsiella pneumoniae führt. Namhafte Hygieniker sprechen hier bereits von dem Beginn der postantibiotischen Ära!

 

Wir stellen auf der ANIM die Initiative „Antibiotic Stewardship“ vor, die auf Aktivitäten der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI), der Abteilung Infektiologie am UK Freiburg (frühere BMBF-Forschergruppe Klinische Infektiologie) in Kooperation mit dem Verband Deutscher Krankenhausapotheker zurückgeht. Die Initiative umfasst u.a. spezielle Fortbildungskurse, ein Expertennetzwerk und Aktivitäten im Rahmen der Erarbeitung einer Leitlinie für den Krankenhausbereich. Sie wird unter anderem vom Bundesministerium für Gesundheit sowie von vielen Fachgesellschaften, Verbänden und Institutionen unterstützt.

 

 

Der Titel des Präsidentensymposiums in diesem Jahr lautet „Neurointensivmedizin von außen betrachtet“. Worauf soll hier eingegangen werden?

 

Dieses Thema war mir wirklich ein Anliegen, da wir uns meinem Eindruck nach auf unseren Kongressen nahezu ausschließlich mit uns selbst beschäftigen. Das ist – rein fachlich betrachtet – sicherlich auch gut so. Die Meinungsbildner und Entscheider aber, die ganz wesentlich unsere Zukunft mitgestalten, sitzen woanders; das sind nämlich Patienten, Öffentlichkeit ganz allgemein, Presse und Medien speziell sowie die politischen Entscheidungsträger. Das Spektrum der Außenwahrnehmung unseres Faches reicht dabei vom idealisierten Arztbild der „Sachsenklinik“ bis hin zur seelenlosen Apparatemedizin. Wie werden wir Intensivmediziner von außen wahrgenommen? Müssen oder sollten wir unser Handeln mehr an dieser Wahrnehmung ausrichten? Das sind Fragen, mit denen wir aus Sicht der Politik, der Öffentlichkeit und von Patienten auf diesem Symposium konfrontiert werden sollen.

 

 

Die neuen Leitlinie zur Hirntodbestimmung ist in Kraft getreten. Auch dazu wird es ein Symposium im Programm geben, um die ärztlichen Kollegen über alle Neuerungen zu informieren. Wie finden Sie die neuen Leitlinien? Sind alle Änderungen sinnvoll und umfassend?

 

Zunächst einmal sollten wir hier anstatt das missverständliche Wort „Hirntod“ zu verwenden, vom „irreversiblen Hirnfunktionsausfall“ sprechen. Hier schließe ich mich ausdrücklich den neuen Leitlinien, die wir auf der ANIM diskutieren werden, an. Ich begrüße außerdem, dass neuere technische Verfahren wie TCD und CTA, die sich nach der letzten Fassung der Leitlinie entwickelt haben, in die Diagnostik des irreversiblen Funktionsausfalls mit eingegangen sind. Zu vage gefasst sind meiner Meinung nach die Qualitätsanforderungen, die an die Untersucher gestellt werden. Die Forderung, dass es sich um mindestens einen Facharzt/eine Fachärztin der Fachgebiete Neurologie/Neurochirurgie handeln muss, stellt zwar eine begrüßenswerte Weiterentwicklung der vorherigen Leitlinien dar. Gewünscht hätte ich mir allerdings, dass man diese Qualitätsanforderungen auch als verpflichtend mit Inhalt gefüllt hätte.

 

 

Welche persönliche Prägung möchten Sie als Tagungspräsident der ANIM 2016 geben? Welche Themen liegen Ihnen persönlich am Herzen, die Sie in die ANIM einfließen lassen möchten?

 

Persönlich wünsche ich mir viele interdisziplinäre Begegnungen fachlicher und persönlicher Art, zu denen wir bei der Gestaltung des Kongresses – so hoffe ich – ausreichend Raum und Zeit gegeben haben. Besonders am Herzen liegen mir die Themen des Infektions- und des Präsidentensymposiums. Ich hoffe außerdem, dass wir durch Veranstaltungen wie die ANIM, aber auch durch die sonstigen Aktivitäten der DGNI und der DSG viele junge Kolleginnen und Kollegen für die spannende Tätigkeit auf unseren Intensivstationen begeistern können und dass möglichst viele von ihnen auch langfristig in dieser Tätigkeit eine erfüllende berufliche Perspektive finden werden!

 

 

Wenn Sie auf die nächsten Jahre schauen – welche Entwicklungen könnten die Neurointensivmedizin weiter verbessern?

 

Schaue ich in die Zukunft, so wünsche ich mir zum Wohle unserer Patienten, dass die Fachgebiete Neurologie und Neurochirurgie intensivmedizinisch weiter zusammenwachsen, um letztendlich möglichst viele Intensivstationen gemeinsam zu betreiben und die Zusatzbezeichnung „Neurointensivmedizin“ in den Weiterbildungsordnungen zu verankern.

 

 

Download

 

  • Das gesamte Programm der ANIM 2016 ist ersichtlich auf der Homepage www.anim.de

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