MEDIZIN

DOC-CHECK LOGIN

Neuroonkologie

Mit neuen Methoden gegen Glioblastome

 

München (17. September 2014) – Jedes Jahr wird bei 7000 Menschen in Deutschland ein bösartiger primärer Hirntumor diagnostiziert, Tendenz steigend. Diese Glioblastome sind äußerst aggressiv. Trotz intensiver Strahlen- und Chemotherapie sowie operativer Tumorentfernung sterben die meisten Patienten innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Diagnose. Die Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC) stellt auf der Neurowoche in München aktuelle Ergebnisse aus der Glioblastom-Forschung vor und berichtet über zwei neue Therapieansätze, die jetzt in öffentlich geförderten Studien untersucht werden sollen.

In der einen Studie werden Tumoren minimalinvasiv mittels Laserlicht nach Vorbehandlung mit einem speziellen Farbstoff zerstört. Der Farbstoff sammelt sich im Tumorgewebe an und macht es besonders empfindlich gegenüber Laserlicht. Bei einem anderen Ansatz wird getestet, wie erfolgreich eine Impfung gegen Hirntumoren nach deren operativer Entfernung ist. „Es existieren zahlreiche neue Behandlungsansätze, die immense Hoffnungen für die Patienten bergen“, sagt Professor Walter Stummer, Vizepräsident der DGNC und Direktor der Neurochirurgischen Klinik am Universitätsklinikum Münster.

Das Glioblastom ist die Krebserkrankung, die den Menschen die meisten Lebensjahre raubt. Meistens treten diese hochaggressiven Tumoren in der sechsten Dekade auf und ihre Häufigkeit scheint langsam aber stetig zuzunehmen. Eine endgültige Heilung ist im Moment noch nicht möglich. Doch das Glioblastom ist Thema intensiver Forschung und so sind in letzter Zeit zahlreiche neue wissenschaftliche Erkenntnisse bekannt geworden, die die Behandlung der Patienten verbessern und ihre Lebenserwartung steigern sollen.


Ein Enzym hilft den Tumorzellen bei Ausbreitung und Vermehrung

Vor kurzem haben Wissenschaftler um PD Dr. Martin Proescholdt vom Universitätsklinikum Regensburg herausgefunden, dass das schon lange bekannte Stoffwechselenzym α-Carboanhydrase-IX (CA-IX) in Glioblastomzellen überexprimiert ist. Normalerweise reguliert das membrangebundene Enzym den pH-Wert innerhalb der Zelle, indem es Kohlendioxid in Kohlensäure umwandelt. Bei Glioblastomzellen scheint es jedoch noch weitere wichtige Aufgaben zu haben und spielt möglicherweise eine wichtige Rolle bei der Ausbreitung und Vermehrung der Tumorzellen. Tumorzellen ohne CA-IX sprachen wesentlich besser auf Strahlen- und Chemotherapie an. Die Inhibition von CA-IX könnte daher ein gutes Angriffsziel für die Behandlung von Glioblastom-Patienten sein.


Nicht alle Tumorzellen sprechen auf die gleiche Therapie an

Da die sich rasant vermehrenden Tumorzellen einen immensen Bedarf an Sauerstoff und Nährstoffen haben, bilden sie rasch viele neue Blutgefäße aus. Die Behinderung der Blutgefäßbildung durch Medikamente, die einen Rezeptor auf der Zelloberfläche blockieren,

ist bereits Teil der Behandlung, schlägt aber nur bei einigen Patienten gut an. Dr. Peter Baumgarten von der Uniklinik Frankfurt hat herausgefunden, dass der Rezeptor nicht in allen Krebsgeweben gleich häufig vorkommt und deshalb nicht alle Patienten von dieser Therapie profitieren.


Sicherere und wirksamere neurochirurgische Operationen dank nTMS

Besonders kompliziert ist die vollständige operative Entfernung der Hirntumoren. Dabei sollte möglichst kein gesundes Nervengewebe beschädigt werden, da es sonst zu schwerwiegenden Ausfällen kommen kann. Besonders im Bereich der Rindenareale im Gehirn, die für Sprache und Bewegung verantwortlich sind, müssen die Neurochirurgen sehr exakt arbeiten, damit die Patienten keine Lähmungen oder Behinderungen davontragen. Mit Hilfe von navigierter Transkranieller Magnetstimulation (nTMS) können bereits vor der Operation durch die intakte Schädeldecke hindurch wichtige Gehirnfunktionen lokalisiert werden. Das erleichtert den Chirurgen die Arbeit und steigert die progressionsfreie Überlebensrate der Patienten.


Zwei neue Studien mit hohen Drittmittelfördergeldern

„Die bösartigen Hirntumoren erhalten in der Forschungsförderung zunehmend einen hohen Stellenwert und wir konnten Fördergelder in sechs- beziehungsweise siebenstelliger Höhe für zwei neue Studien einwerben“, freut sich Stummer. In dem von ihm selbst geleiteten Projekt wird untersucht, ob Glioblastome mithilfe von Farbstoffen und Laserlicht effektiv zerstört werden können. Professor Michael Christoph Sabel, Leiter der Neurochirurgischen Klinik der Uniklinik Düsseldorf, wird testen, wie erfolgreich eine Impfung gegen Hirntumoren nach deren operativer Entfernung mittels dendritischer Zellen ist.


Psychoonkologen helfen Patienten und Angehörigen

Doch nicht nur die Neurochirurgen sind bei der Behandlung von Glioblastomen gefragt. Die Ängste und Belastungen von Hirntumorpatienten und ihren Angehörigen werden von Psychoonkologen zunehmend aufgeschlüsselt und fließen in das therapeutische Gesamtkonzept ein. „Wenn wir die Überlebensrate der Patienten steigern wollen, müssen wir fachübergreifend zusammenarbeiten und Strukturen zum Vorteil der Patient
en aufbauen“, betont Stummer.

 

Über die Neurowoche

Die Neurowoche, der größte interdisziplinäre Kongress der deutschsprachigen klinischen Neuromedizin, findet vom 15. bis 19. September 2014 in München statt. Unter dem Motto „Köpfe – Impulse – Potenziale“ tauschen sich bis zu 7000 Experten für Gehirn und Nerven über die medizinischen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen in der Neuromedizin aus. Veranstalter ist die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). Beteiligt an der Neurowoche sind die Gesellschaft für Neuropädiatrie (GNP), die Deutsche Gesellschaft für Neuropathologie und Neuroanatomie (DGNN) mit ihren Jahrestagungen sowie die Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR) und die Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC).

 

 


 

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie, 17.09.2014 (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…