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NOGGO – Neues vom amerikanischen Krebskongress (ASCO)

Gynäkologische Tumoren/Unterleibstumoren

 

Berlin 12. Juni 2013) – Zu den Unterleibstumoren zählen Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom), Gebärmutterkrebs (Endometriumkarzinom) und Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom). Inzidenz und Prognose dieser Erkrankungen sind sehr unterschiedlich. Während Eierstockkrebs nach wie vor eine schlechte Heilungsrate aufweist, gilt Gebärmutterhalskrebs als relativ gut behandelbar. Der diesjährige ASCO brachte wertvolle Erkenntnisse für die Therapie gynäkologischer Krebserkrankungen.

 

 

Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom)

 

Neue effektive und kostengünstige Screeningmethode ermöglicht Früherkennung des Zervixkarzinoms in Entwicklungs- und Schwellenländern

 

Zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs wird in Deutschland seit den 70er Jahren routinemäßig die Zellabstrich-Untersuchung des Gebärmutterhalses (auch Pap-Test genannt) durchgeführt. Die Untersuchung ist effektiv, aber für die Gesundheitssysteme der Entwicklungs- und Schwellenländer in der Regel zu teuer. Eine große randomisierte indische Studie [1] an mehr als 150.000 Frauen zeigte, dass eine zweijährliche visuelle Untersuchung unter Hinzunahme von Essigsäure eine kosteneffiziente Alternative zum Pap-Test darstellen kann: Die Vorsorgeuntersuchung reduzierte in einem Zeitraum von 15 Jahren die Zervixkarzinomsterblichkeit um 31%.

Verbessertes Überleben bei metastasiertem oder rekurrierendem Zervixkarzinom durch Antikörpertherapie:

Eine Phase-III-Studie [2] untersuchte an Patientinnen mit metastasierendem oder wiederaufgetretenem Zervixkarzinom die Wirksamkeit von zwei unterschiedlichen Chemotherapieregimes mit oder ohne Hinzunahme des monoklonalen Antikörpers Bevacizumab, der die Angiogenese (Bildung neuer Blutgefäße) und somit die Tumorversorgung hemmt. Die 452 Patientinnen wurden in 4 Behandlungsarme aufgeteilt. Wie sich zeigte, wiesen die Therapiearme, die zusätzlich Bevacizumab erhalten hatten, ein um fast 4 Monate verbessertes medianes Überleben auf (17,0 Monate vs. 13,3 Monate). Dieser Überlebensvorteil ging nicht zu Lasten der Lebensqualität.

 

 

Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom)

 

 

Kann Haarausfall (Alopezie) die Wirksamkeit der Chemotherapie und die Prognose  bei fortgeschrittenem Ovarialkarzinom vorhersagen?

 

Dieser ungewöhnlichen, aber unter Patienten weit verbreiteten Annahme ging eine Metaanalyse aus Deutschland [3] auf dem Grund. 5.114 Patientendaten aus vier prospektiven Phase-III-Studien wurden ausgewertet. Wie die einfache Auswertung zeigte, wiesen Patienten mit kompletter Alopezie eine höhere Remissionsrate auf als jene mit leichterem Haarausfall und hatten auch ein verbessertes progressionsfreies Überleben. Dieser prognostische Stellenwert des Haarausfalls bestätigte sich aber nicht in der multivarianten Analyse. Einzig der Zeitpunkt des einsetzenden Haarausfalls erwies sich als prognostischer Faktor für das Gesamtüberleben: Patientinnen mit kompletter Kopfhaarlosigkeit nach dem 3. Chemotherapiezyklus hatten eine bessere Prognose als jene, bei denen der vollständige Haarausfall erst später einsetzte.

 

 

Erhaltungstherapie mit Pazopanib verzögert Rezidiv bei fortgeschrittenem Ovarialkarzinom:

 

Die Prognose von Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom ist relativ schlecht. Wie eine Phase-III-Studie mit 940 Patientinnen mit Eierstockkrebs im Stadium III/IV nun zeigte, kann das progressionsfreie Überleben durch die Erhaltungstherapie mit Pazopanib im Durchschnitt um 5,6 Monate verlängert werden. Es handelt sich dabei um einen sogenannten Tyrosinkinasehemmer, der die Blutgefäßneubildung und das Tumorwachstum inhibiert. Die Substanz ist bisher nur zur Therapie des Nierenzellkarzinoms und von Weichteilsarkomen zugelassen.

 

 

SECIMAS – die Antikörpertherapie bei Bauchwasser kann auch wiederholt eingesetzt werden:

 

Seit April 2009 ist die Antikörpertherapie mit Catumaxomab zur Behandlung von Bauchwasser (Aszites) bei Patienten mit bösartigen (epithelialen) Tumoren, zu denen auch Eierstockkrebs zählt, zugelassen. Der Antikörper wird intraperitoneal verabreicht, d.h. direkt über einen Katheter in den Bauch gegeben. Ziel der Therapie ist es, eine verstärkte Immunreaktion gegen Krebszellen zu erreichen, welche die Bauchwasserbildung verursachen. Die Zulassungsstudie CASIMAS hatte gezeigt, dass diese Antikörpertherapie das punktionsfreie Überleben deutlich verlängert. In der SECIMAS-Studie [5] wurden nun 8 von 9 der CASIMAS-Patientinnen ein zweites Mal mit dem Antikörper behandelt. Wie  sich zeigte, kann Catumaxomab wiederholt eingesetzt werden – es traten keine akuten allergischen Reaktionen auf. Auch die Effizienz war vergleichbar mit der bei Erstanwendung.

 

 

Gebärmutterkrebs (Endometriumkarzinom)

 

Auf dem diesjährigen ASCO wurde auch eine von der NOGGO initiierte Studie [6] vorgestellt: Es handelte sich dabei um eine internationale Erhebung zur Versorgung von Gebärmutterkrebs, an der 316 deutsche Zentren und 302 Zentren aus aller Welt teilnahmen. Mit einem Fragebogen wurde das Therapiemanagement erhoben und ausgewertet. Folgende Unterschiede wurden deutlich: Während beispielsweise bei 84,8% Patientinnen im FIGO-Stadium I und II in Asien eine Chemotherapie initiiert wurde, erhielten in Zentraleuropa nur 21,2% der Patientinnen eine solche; in den USA und UK sogar nur 13,6%. Große Unterscheide gab es auch hinsichtlich der vaginalen Brachytherapie, die bei 84,1% aller Patientinnen in den USA und UK zur Anwendung kam, bei 78,8% in Europa, aber nur bei 5,6% der asiatischen Patientinnen. Nun sind internationale prospektive Studien notwendig, um evidenzbasierte Behandlungsstrategien zu verbessern und zu harmonisieren.

 

 

Literatur 

  1. Shastri SS et al. Effect of visual inspection with acetic acid (VIA) screening by primary health workers on cervical cancer mortality: A cluster randomized controlled trial in Mumbai, India. J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr 2)
  2. Tewari KS et al. Incorporation of bevacizumab in the treatment of recurrent and metastatic cervical cancer: A phase III randomized trial of the Gynecologic Oncology Group.  J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr 3)
  3. Sehouli J et al. Does alopecia predict response to chemotherapy and prognosis in patients with advanced ovarian cancer? A meta-analysis of prospective randomized phase III trials with 5,114 patients of the AGO meta data base. J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr 5553)
  4. Du Bois A et al. Randomized, double-blind, phase III trial of pazopanib versus placebo in women who have not progressed after first-line chemotherapy for advanced epithelial ovarian, fallopian tube, or primary peritoneal cancer (AEOC): Results of an international Intergroup trial (AGO-OVAR16). J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr LBA 5503)
  5. Pietzner K et al. Results of a phase II clinical trial to evaluate a re-challenge of intraperitoneal catumaxomab for treatment of malignant ascites (MA) due to epithelial cancer (SECIMAS). J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr 5582)
  6. Kraetschell R et al. Regional differences in therapy and clinical management of endometrial cancer: Findings of an international survey by the North-eastern German Society of Gynaecological Oncology (NOGGO). J Clin Oncol 31, 2013 (suppl; abstr 5593)

 

Autor

 

Prof. Dr. med. Jalid Sehouli

Europäisches Kompetenzzentrum für Eierstockkrebs,

Charité Universitätsmedizin Berlin, CVK, Klinik für Gynäkologie

 


 

Quelle: NOGGO – Nord-Ostdeutsche Gesellschaft für Gynäkologische Onkologie e.V., 12.06.2013 (hB).

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