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Medikamentöse Therpieansätze bei schwerer PAH und Eisenmenger-Reaktion

 

OÄ Dr. med. S. Mebus

 

Weimar (4. Oktober 2009) – Bei dem Eisenmenger-Syndrom handelt es sich um die schwerste Form der pulmonal arteriellen Hypertension, welche bei angeborenen Herzfehlern mit großem systemisch-pulmonalen Shunt entstehen kann. Es ist ein schwer­wiegendes, multimorbides Krankheitsbild mit hoher individueller, familiärer und gesellschaftlicher Belastung. Über einen langen Zeitraum, bis etwa zum Jahre 2000, waren die therapeutischen Möglichkeiten bei Eisenmenger-Patienten auf symptomatische Behandlungen sowie Lungen-/bzw. kombinierte Herz-Lungen-Transplantation begrenzt.

 

Basierend auf dem zunehmenden besseren Verständnis der patho­physiologischen Grundlagen wurden innerhalb der letzten Jahre jedoch neue Therapieansätze entwickelt, aus denen behandlungsorientierte Medika­mentenklassen für pulmonal- und kardiovaskuläre Erkrankungen hervor­gegangen sind. Ein bedeutender pharmakologischer Ansatzpunkt zur Behandlung der pulmonalen Hypertonie liegt dabei in der Antagonisierung des Endothelin-Systems: Zielparameter sind hier die Reduktion des erhöhten Gefäßtonus mittels Relaxation der glatten Muskelzellen (Vasodilatatoren) und die Umkehrung des pulmonalvaskulären Remodelings.

 

Spezifische, auf den pulmonalen Gefäßwiderstand Endothelin-Rezeptor-Antagonisten wurden bereits in größeren Studien eingesetzt und zeigten positive Auswirkungen auf die verschiedenen Formen der pulmonal arteriellen Hypertonie. Auch für Eisenmenger-Patienten konnte in vielen Einzelfallberichte, mehreren kleinen Fallserien und einer kontrollierten, randomisierten Studie (BREATHE-5) die Wirksamkeit dieses Behandlungsprinzips bestätigt werden, indem sich bei einer solchen Therapie über 4- bzw. bis zu 10 Monate positive Kurz- und Langzeitauswirkungen auf die körperliche Belastbarkeit und eine Verbesserung oder Stabilisierung der NYHA-Klasse bei den Patienten zeigten (Galie N et al. 2006; Gatzoulis MA et al 2008; Gatzoulis MA et al. 2005). Diese Studie führte im Jahr 2006 zur Erweiterung der Zulassung von Bosentan zur Therapie der PAH in Assoziation mit kongenitalen Herzfehlern und Eisenmenger-Physiologie (Fachinformation Tracleer Juli 2009).

 

Aufgrund der begrenzten Anzahl behandelter Patienten und kurzen Behandlungsdauer waren jedoch keine weiteren Einblicke, z.B. in genaue kardiale und hämodynamische Wirkweise in Abhängigkeit von Diagnose und Erkrankungsdauer zu erhalten.

 

Es wurde daher eine große Studie zur Evaluierung der Wirksamkeit von Bosentan bei Patienten mit angeborenen Herzfehlern und schwerer PAH multizentrisch im open-label, single-arm und prospektiven Studiendesign deutschlandweit im Rahmen des Kompetenznetz Angeborene Herzfehler durchgeführt (BMBF Förderkennzeichen GI0210; www.kompetenznetz-AHF.de) Dabei wurden 60 Patienten mit Eisenmenger-Physiologie (25m/35w; Alter 35 Jahre, Range 16-51 Jahre) über einen Zeitraum von 24 Wochen mit einer Tagesdosis von initial 62,5 mg bzw. nach 4 Wochen mit 125 mg Bosentan behandelt. Vor und nach 24 Wochen Behandlung mit Bosentan wurden eine klinische Untersuchung, objektive Belastungsparameter, bildgebende und laborchemische Untersuchungen (inkl. NT-Pro-BNP) sowie eine Herz­katheter­untersuchung mit Bestimmung des Lungengefäßwiderstandes (PVRi) durch­geführt.

 

Der 6-Minuten-Gehtest (6-MWT) verbesserte sich um 63,5 m (p < 0,0001) zusammen mit einem verbesserten Blutdruckverhalten bei maximaler Belastbarkeit (RRmax dia 73 ± 15 auf 68 ±13 mmHg, p = 0,03; RRmax sys 125 ± 19 auf 129 ± 22 mmHg, p = 0,09; RR Amplitude 52 ± 9 auf 61 ±8 mmHg, p = 0,02). Darüber hinaus konnte eine Verbesserung der VE/VCO2-slope (56,4 ± 17,9 auf 52,3 ± 11,6 L/L, p = 0,03) dokumentiert werden. Die NYHA-Klasse verminderte sich im Durchschnitt von 2,61 auf 2,32 (p<0,01) bei stabiler transkutaner Sättigung (81,8 ± 6,7 vs. 82,6 ± 7,2%, p = NS). Weiter zeigte sich eine positive Veränderung der hämodynamischen Variablen. Die hohen Spiegel von NT-pro-BNP (1821 ± 5047 pg/ml) fielen unter Bosentan-Behandlung signifikant ab (auf 1408 ± 3389 pg/ml) und zeigten sowohl vor als auch nach einer 24-wöchigen Behandlung eine Korrelation mit 6-MWT, kardiopulmonaler Belastbarkeit und VE/VCO2-slope.

 

Somit resultierte bei dieser Studie eine signifikant verbesserter körperliche Belastbarkeit und eine Verbesserung des klinischen Status bei Eisenmenger-Patienten bei nur minimal selektiven Veränderungen des PVRi. Serum-NT-pro-BNP konnte als sinnvoller, non-invasiver Marker identifiziert werden, um die pulmonalvasodilatative Therapie bei Patienten mit Eisenmenger-Physiologie zu überwachen.

 

Zusammenfassend bestätigen diese Daten die Ergebnisse der Zulassungsstudie BREATHE-5 und zeigen, dass Eisenmenger-Patienten unter Berücksichtigung des langjährigen Krankheitsverlaufes nach einer im Verhältnis dazu relativ kurzen Behandlungsdauer von 24 Wochen mit Bosentan von diesem Therapieansatz deutlich profitieren.

 

 

Kernaussagen

 

  • Eisenmenger-Syndrom handelt es sich um die schwerste Form der pulmonal arteriellen Hypertonie, welche bei angeborenen Herzfehlern mit großem systemisch-pulmonalen Shunt entstehen kann.
  • Die BREATHE-5-Studie zeigt die Wirksamkeit des dualen Endothelin-Rezeptor-Antagonisten Bosentan bei PAH in Assoziation mit kongenitalen Herzfehlern und Eisenmenger-Physiologie und führte zur Zulassungserweiterung in dieser Indikation.
  • Eine aktuelle deutschlandweit durchgeführte Studie des Kompetenz­netz Angeborene Herzfehler zur Wirksamkeit von Bosentan bei Patienten mit angeborenen Herzfehlern und schwerer PAH zeigte signifikant verbesserte körperliche Belastbarkeit und eine Verbesserung des klinischen Status.
  • Die Studie des Kompetenznetzes für Angeborene Herzfehler bestätigt, dass Eisenmenger-Patienten auch nach langjährigem Krankheitsverlauf nach einer relativ kurzen Behandlungsdauer von 24 Wochen mit Bosentan von diesem Therapieansatz deutlich profitieren.

 

 

Literatur

 

  1. Galie N et al. Bosentan therapy in patients with Eisenmenger syndrome: a multicenter, double-blind, randomized, placebo-controlled study. Circulation 2006; 114: 48-54.
  2. Gatzoulis MA et al. Longer-term bosentan therapy improves functional capacity in Eisenmenger syndrome: Results of the BREATHE-5 open-label extension study Int J Cardiol 127: 27-32.
  3. Gatzoulis MA et al. Safety and tolerability of bosentan in adults with Eisenmenger physiology. Int J Cardiol 2005; 98: 147-151.
  4. Fachinformation Tracleer Juli 2009.


 

Abbildungen

 

 

Abb. 1: BREATHE-5: Veränderung pulmonale Hämodynamik. 

 

Abb. 1: BREATHE-5: Veränderung pulmonale Hämodynamik.

 

 

Abb. 2: BREATHE-5 – offene Verlängerungsphase – Verbesserung der NYHA-Klasse nach 40 Wochen. 

 

Abb. 2: BREATHE-5 – offene Verlängerungsphase – Verbesserung der NYHA-Klasse nach 40 Wochen.

 

 

Abb. 3: Kompetenznetz Angeborene Herzfehler: Bosentan bei Eisenmenger. 6-Minuten Gehtest. 

 

Abb. 3: Kompetenznetz Angeborene Herzfehler: Bosentan bei Eisenmenger. 6-Minuten Gehtest.

 

 

Abb. 4: Kompetenznetz Angeborene Herzfehler: Bosentan bei Eisenmenger. Veränderungen der WHO/NYHA-Klasse. 

 

Abb. 4: Kompetenznetz Angeborene Herzfehler: Bosentan bei Eisenmenger. Veränderungen der WHO/NYHA-Klasse.

 


 

Quelle: Actelion-Symposium zum Thema „Therapie von Anfang an – pulmonal arterielle Hypertonie (PAH) bei Kindern und Jugendlichen“ am 04.10.2009 in Weimar, anlässlich des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Kardiologie (DGPK) (Cramer-Gesundheits-Consulting) (tB).

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