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PEI engagiert sich im Verbund mit WHO für zuverlässige Teststandards

Rötelndiagnostik

 

Langen (9. September 2019) — Weltweit eingesetzte Referenzpräparate (Internationale Standards) sind unentbehrlich für zuverlässige diagnostische Tests. Eine internationale Expertengruppe hat den bisher verwendeten Internationalen Standard für die Diagnostik von Röteln unter die Lupe genommen. Über die Ergebnisse berichtet The Lancet Infectious Diseases in seiner Online-Ausgabe vom 06.09.2019.

Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, unterstützt als eines der offiziellen Kooperationszentren der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die WHO seit vielen Jahren im Bereich der Standardisierung von biologischen Arzneimitteln und biologischen Tests. Zu den Aktivitäten des PEI gehören auch die Entwicklung und Bereitstellung weltweit eingesetzter Referenzpräparate der WHO (Internationale Standards), mit denen diagnostische Tests geeicht werden können. Nur so ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zwischen verschiedenen Tests möglich – eine wichtige Voraussetzung für die Verlässlichkeit der Testergebnisse, unabhängig vom gerade verwendeten Test. Aufgrund der technologischen Weiterentwicklungen von diagnostischen Tests muss kontinuierlich überprüft werden, ob die WHO-Standards weiterhin als Referenz geeignet sind. Wenn dies nicht mehr der Fall ist, müssen Fachkreise informiert und bessere Standards entwickelt werden.

Im Auftrag der WHO und unter Leitung von PD Dr. Micha Nübling, von 2015 bis 2018 für die WHO in Genf tätig und seit 2018 Leiter der Abteilung Grundsatzfragen des PEI, hat sich eine internationale Expertengruppe mit den diagnostischen Tests für Röteln befasst.

„Wir müssen kontinuierlich hinterfragen, ob etablierte Ansätze der biologischen Standardisierung auch für neue diagnostische Entwicklungen ausreichen, die Eignung der WHO-Referenzpräparate muss bei neuen Tests immer wieder überprüft und bestätigt werden“, erläutert PD Dr. Micha Nübling.

Die Infektion mit dem Rötelnvirus ist bei Schwangeren ohne ausreichenden Immunschutz sehr gefürchtet, da das Virus bei dem noch ungeborenen Kind zu schweren Schädigungen führen kann (Rötelnembryopathie). Der Immunschutz gegen Röteln beruht auf Antikörpern, die das Immunsystem aufgrund einer früher durchgemachten Infektion oder einer Impfung entwickelt.

Für die Messung der schützenden Antikörper wurden lange sogenannte Neutralisationstests eingesetzt, bei denen die Menge der neutralisierenden Antikörper bestimmt wurde. Diese Testsysteme wurden mit einem Antikörperstandard der WHO kalibriert. Ein vorhandener Immunschutz wurde mit einem unteren Grenzwert an neutralisierenden Antikörpern (10 IU/ml) gleichgesetzt. Jungen Frauen ohne ausreichende Menge neutralisierender Antikörper, fachlich als schützender Titer bezeichnet, wurde dringend eine Impfung gegen Röteln empfohlen, um bei einer Schwangerschaft geschützt zu sein.

Die Neutralisationstests wurde inzwischen von einer Vielzahl weiterer Testmethoden abgelöst, mit denen alle gegen das Rötelnvirus gerichteten Antikörper nachgewiesen werden, nicht nur die neutralisierenden Antikörper. Dies illustriert, dass unterschiedliche Tests jeweils ein etwas anderes Spektrum der gegen das Virus gerichteten Antikörper erkennen können, wodurch die „Eichung“ der unterschiedlichen Tests mit einem einzigen Antikörperpräparat nicht mehr so einfach möglich ist: Unterschiedliche Tests können für ein und dasselbe Serum zu verschiedenen Ergebnissen führen, was im Einzelfall verheerende Konsequenzen wie beispielsweise die fälschlicherweise ausgesprochene Empfehlung zum Schwangerschaftsabbruch haben kann.

Die Expertengruppe erarbeitete aus diesem Grund Empfehlungen sowohl für den künftig eingeschränkten Einsatz des WHO-Referenzpräparats als auch für die Interpretation von Ergebnissen für die heutigen Rötelntests. Die Expertengruppe empfiehlt zudem eine kritische Überprüfung des Grenzwertes für Immunschutz. Dies wird manchen jungen Frauen mit niedrigen Antikörperwerten eine möglicherweise unnötige Impfung oder frisch infizierten Schwangeren ohne vermeintlichen Antikörperschutz einen Schwangerschaftsabbruch ersparen.

Den Empfehlungen folgte das WHO-Expertenkommittee für biologische Standardisierung (ECBS, Expert Committee on Biological Standardization). Das ECBS ist das globale Expertenkommittee der WHO für alle Fragen der biologischen Standardisierung. Zuletzt gewählter Vorsitzender war Prof. Dr. Klaus Cichutek, Präsident des PEI.

 

Originalpublikation

  • Kempster SL, Almond N, Dimech W, Grangeot-Keros L, Huzly D, Icenogle J, Sittana El Mubarak H, Mulders MN, Nübling M (2019): WHO international standard for anti-rubella: learning from its application. Lancet Infect Dis Sep 06 [Epub ahead of print]. Online-Abstract

 

Das Paul-Ehrlich-Institut in Langen bei Frankfurt am Main ist als Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel eine Bundesoberbehörde im Geschäfts­bereich des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG). Es erforscht, bewertet und lässt bio­medizinische Human-Arzneimittel und immunologische Tierarzneimittel zu und ist für die Genehmigung klinischer Prüfungen sowie die Pharmakovigilanz – Erfassung und Bewertung möglicher Nebenwirkungen – zuständig.

Die staatliche Chargenprüfung, wissenschaftliche Beratung/Scientific Advice und Inspektionen gehören zu den weiteren Aufgaben des Instituts. Unverzichtbare Basis für die vielseitigen Aufgaben ist die eigene experimentelle Forschung auf dem Gebiet der Biomedizin und der Lebenswissenschaften.

Das Paul-Ehrlich-Institut mit seinen rund 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nimmt zudem Beratungsfunktionen im nationalen (Bundesregierung, Länder) und inter­nationalen Umfeld (Weltgesundheitsorganisation, Europäische Arzneimittel­behörde, Europäische Kommission, Europarat und andere) wahr.

 

Abb. oben: Quelle: A .Buck / PEI

 


Quelle: Paul Ehrlich-Institut, 09.09.2019 (tB).

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