Pflege- TÜV nicht verfassungswidrig

Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen

 

Essen (17. Mai 2010) – Transparenzberichte der gesetzlichen Krankenkassen über Leistungen und Qualität von Pflegeheimen ("Pflege-TÜV") sind nicht verfassungswidrig und dürfen von den Kassen im Internet veröffentlicht werden. Das hat jetzt das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) in einem Grundsatzbeschluss des vorläufigen Rechtsschutzes auf Antrag eines Pflegeheims aus Bochum entschieden.

 

Die Veröffentlichung eines Transparenzberichts sei kein verfassungswidriger Eingriff in die Rechte des betroffenen Pflegeheimbetreibers, wenn ein faires, neutrales, objektives und sachkundiges Prüfverfahren nach der Pflege-Transparenzvereinbarung stationär (PTVS) vorausgegangen sei. Das Aushandeln der darin enthaltenen Kriterien für die Veröffentlichung der Transparenzberichte sowie die Bewertungssystematik der Qualitätsprüfungen habe der Gesetzgeber zulässigerweise dem Sachverstand der Organisationen übertragen, die für die Wahrnehmung der Interessen pflegebedürftiger Menschen maßgeblich und kompetent seien. Beteiligt waren insoweit auch die Träger der Pflegeeinrichtungen.

Das LSG NRW sieht in der Veröffentlichung von Transparenzberichten auch keinen Verstoß gegen die vom Grundgesetz geschützte Berufsausübungsfreiheit oder das Eigentumsrecht. Transparenzberichte dienten der Markttransparenz, der Aufrechterhaltung der Konkurrenz unter den Pflegeeinrichtungen und damit der Verbesserung der Pflegequalität. Dadurch trügen sie nicht nur dem Selbstbestimmungsrecht und dem Schutzbedürfnis Pflegebedürftiger Rechnung, sondern stießen in ihrem Interesse auch einen Qualitätswettbewerb an. Die Veröffentlichung der Transparenzberichte sei ferner nicht unverhältnismäßig, obwohl in der Pflegewissenschaft noch relative Unsicherheit über verlässliche Messgrößen für die Qualität der pflegerischen Versorgung herrsche .Die verwandten Prüfkriterien entsprächen dem aktuellen Kenntnisstand. Ihre Fortentwickelung und Anpassung an neue Erkenntnisse sei ausdrücklich vorgesehen.

Die Veröffentlichung liege darüber hinaus im öffentlichen Interesse und sei unter Hinweis auf die verbleibenden Unsicherheiten erfolgt. Die Pflegeeinrichtungen seien ihnen nicht schutzlos ausgeliefert, sondern könnten bei schwerwiegenden formellen oder inhaltlichen Mängeln gegen die Transparenzberichte vorgehen. Zudem hätten sie das Recht, den Transparenzberichten eine abweichende Kommentierung beifügen. und eine Wiederholungsbegutachtung zu beantragen. Auch die Art und Weise der Notenbildung sei nicht zu beanstanden. Das LSG NRW hob allerdings den Beurteilungsspielraum der Krankenkassen bei der Bewertung der Pflegeleistungen hervor. Diese Bewertungen können die Gerichte nach Ansicht des LSG NRW nur eingeschränkt überprüfen, indem sie vor allem ein korrektes Prüfverfahren sicherstellen.

Im Fall des beschwerdeführenden Pflegeheimes aus Bochum, das insgesamt nur mit der Note "befriedigend" bewertet worden war, habe die prüfende Kasse ihren Beurteilungsspielraum nicht überschritten . Die Rüge des Heims, die prüfende Kasse habe die von ihr eingeräumten Mängel in der Dokumentation ihrer Pflegeleistungen schwerer gewichtet als die nach seiner Ansicht (gute) Pflege selber, ließ das LSG NRW nicht gelten. Nur auf der Grundlage einer aussagekräftigen Dokumentation könne die Pflegequalität verlässlich beurteilt werden, auch wenn dies für die Pflegeeinrichtungen lästig und kostenintensiv sein könne.

Ob das beschwerdeführende Pflegeheim entgegen seiner eigenen Dokumentation in Wirklichkeit einen umfassenderen Pflege – und Versorgungsaufwand erbracht habe, könne im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht aufgeklärt werden. Das LSG NRW hielt die Befürchtung des Heims, sein guter Ruf sei im Fall der Veröffentlichung des negativen Berichts nicht mehr zu retten, für überzogen. Dagegen spreche schon, dass die Einrichtung von ihrem Recht, den Bericht zu kommentieren oder eine Wiederholungsbegutachtung zu beantragen, keinen Gebrauch gemacht habe.

Die Entscheidung ist rechtskräftig. Die Entscheidung des Sozialgerichts in der Hauptsache steht noch aus. ( Sozialgericht Dortmund Beschluss vom 25 01. 2010 – Az.: S 12 P 233/09 ER; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.5.2010 – L 10 P 10/10 B ER im Internet unter www.sozialgerichtsbarkeit.de)


Quelle: Presseerklärung des Landessozialgerichtes des Landes Nordrhein-Westfalen, 17.05.2010 (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…