Quelle: Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e. V. (DIVI), 11.11.2013 (tB).Empfehlungen der DIVI

Pflegenotstand auf Intensivstationen

 

Berlin (11. November 2013) – Es ist längst kein Geheimnis mehr. In Deutschland herrscht Pflegenotstand und die Situation verschlimmert sich weiter. Es fehlt an Zeit, Geld und Personal. Besonders dramatisch zeigt sich die Situation auf Intensivstationen. „Um die Versorgung kritisch und oft lebensbedrohlich erkrankter Patienten gewährleisten zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein“, verdeutlicht Professor Elke Muhl, Präsidentin der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), „und das betrifft vor allem die personelle Ausstattung.“

 

Mehr als zwei Millionen Menschen in Deutschland müssen jedes Jahr aufgrund lebensbedrohlicher Komplikationen auf einer Intensivstation medizinisch versorgt werden. Zu Recht erwarten die Betroffenen und auch ihre Angehörigen eine optimale Therapie. Doch mittlerweile herrscht auf Intensivstationen Personalknappheit. Höchste Zeit, etwas dagegen zu unternehmen. „Unsere Empfehlungen zur Ausstattung mit Fachpersonal und technischem Gerät sollten konsequent umgesetzt werden“, fordert die Expertin, die auch Intensivmedizinerin und Oberärztin in der Chirurgie am Universitätsklinikum Schleswig Holstein/Campus Lübeck ist.

Zu den Forderungen der DIVI gehört, dass eine Intensivstation durch einen Arzt geleitet werden sollte, der die Zusatzbezeichnung Intensivmedizin besitzt und hauptamtlich auf der Intensivstation tätig ist. Für den Leiter einer neonatologischen Intensivstation ist die Schwerpunktqualifikation Neonatologie erforderlich. „Mehrere Untersuchungen haben gezeigt, dass es zu einer deutlichen Reduzierung der Sterblichkeit, einer Verkürzung der Liegezeiten und einer Verringerung von Komplikationen führt, wenn eine Intensivstation durch einen Intensivmediziner geleitet wird und wenn rund um die Uhr intensivmedizinisch erfahrenes ärztliches und pflegerisches Personal in ausreichender Anzahl eingesetzt wird“, erklärt Professor Muhl. Der finanzielle Erlös des Krankenhauses für eine intensivmedizinische Komplexbehandlung kann nur durch die ständige Präsenz von einem in der Intensivmedizin erfahrenen Arzt erzielt werden, der die Probleme seiner Patienten kennt.

Für acht bis zwölf Betten sind sieben Vollzeit-Arztstellen erforderlich, für zwei kritisch kranke Patienten ist eine Pflegekraft in jeder Schicht erforderlich. Zusätzlich ist eine Stelle für die pflegedienstliche Leitung zu empfehlen, die über eine entsprechende Qualifikation (Fachweiterbildung Anästhesie- und Intensivtherapie) verfügt. Der Anteil an qualifizierten Intensivpflegekräften sollte mindestens 30 Prozent des Pflegeteams der Intensivtherapieeinheit betragen. Bei Patienten mit besonders schweren Erkrankungen und besonders hohem technischen Versorgungsaufwand kann sogar eine Eins-zu-eins-Betreuung erforderlich sein. „Nur so lässt sich eine ausreichende Versorgungsqualität der Patienten herstellen. Und nur so lassen sich geregelte Arbeitszeiten sowie die dringend nötigen Ruhephasen des medizinischen Personals sicherstellen“, sagt die DIVI-Präsidentin. Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen, dass der Patient von ausreichendem Personaleinsatz profitiert. Außerdem steigt die Mitarbeiterzufriedenheit und die Häufigkeit von Burn-out-Syndromen sinkt. „Wir müssen die Arbeitsplätze in der Intensivmedizin attraktiv machen und das Personal nicht überlasten, um langfristig Fachkräfte in der Intensivmedizin zu halten und neue zu gewinnen“, so Professor Muhl.

Zu den weiteren personellen Maßnahmen, die empfehlenswert sind, um die Versorgung schwerkranker Menschen zu verbessern, gehört die Möglichkeit, täglich eine Physiotherapie durchführen zu können. Ein klinischer Pharmakologe sollte mindestens einmal wöchentlich an der Visite teilnehmen, werktags sollte der Sozialdienst für Patienten zur Verfügung stehen. Ratsam ist eine fachspezifische psychologische Betreuung, wenn diese nötig ist oder gewünscht wird, sowie seelsorgerischer Beistand für Menschen, die im Sterben liegen. Da Intensivstationen hygienisch kritische Bereiche sind, in denen viele infektanfällige Patienten behandelt werden, sollte pro Station jeweils ein ärztlicher Hygienebeauftragter sowie eine hygienebeauftragte Pflegekraft zur Verfügung stehen.

 

 

Weitere Informationen zur Struktur und Ausstattung von Intensivstationen finden sich auf der DIVI-Homepage unter

im Internet. „Einen ersten Schritt in die richtige Richtung macht das Bundesland Nordrhein-Westfalen“, sagt Professor Muhl, „dort sollen die Strukturempfehlungen der DIVI bis zum Jahr 2015 fast vollständig übernommen werden.“


DIVI weltweit einzigartig

Die 1977 gegründete DIVI ist ein weltweit einzigartiger Zusammenschluss von mehr als 2000 Anästhesisten, Neurologen, Chirurgen, Internisten, Kinder- und Jugendmedizinern sowie Fachkrankenpflegern und entsprechenden Fachgesellschaften: Ihre fächer- und berufsübergreifende Zusammenarbeit und ihr Wissensaustausch machen im Alltag den Erfolg der Intensiv- und Notfallmedizin aus. Insgesamt bündelt die DIVI damit das Engagement von mehr als 30 Fachgesellschaften und persönlichen Mitgliedern.


Die Expertin der DIVI:

  • Professor Elke Muhl ist Präsidentin der DIVI und Oberärztin in der Chirurgie am Universitätsklinikum Schleswig Holstein/Campus Lübeck.

 

Weitere Informationen

 

  • http://www.divi.de – Homepage der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI)
  • http://www.divi2013.de – Webauftritt des 13. Kongresses der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI)

 


 

Quelle: Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e. V. (DIVI), 11.11.2013 (tB).

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