Pharmaunternehmen in der Kritik

Blindengerechte Beipackzettel

 

Berlin (17. März 2014) – Bereits vor neun Jahren wurden die deutschen Pharmaunternehmen verpflichtet, die Informationen aus den sogenannten Beipackzetteln auch blindengerecht zur Verfügung zu stellen. In der Diskussion um die geeignete Umsetzung ist es nun zum offenen Streit mit dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) gekommen. Grund ist, dass die Unternehmen die wichtigen Gebrauchsinformationen ausschließlich telefonisch anbieten möchten.

 

Blinde und sehbehinderte Patienten sollen zukünftig ein Callcenter anrufen, das dann zum Hersteller des jeweiligen Medikaments durchstellt. Darauf haben sich der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller, Pro Generika, der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie und der Verband Forschender Arzneimittelhersteller verständigt.

 

Für Renate Reymann kann dieser Service eine Ergänzung, aber auf keinen Fall das einzige Angebot sein. "Das sind doch komplexe Informationen, wer kann sich die schon nach einmaligem Anhören merken?", fragt die DBSV-Präsidentin. Ein weiteres Problem: Nebenwirkungen halten sich nicht an die Öffnungszeiten einer Unternehmens-Hotline, sie können rund um die Uhr auftreten. Und schließlich möchte man sich über manche Medikamente, Beispiel Viagra oder die Pille danach, auch nicht unbedingt mit einem wildfremden Menschen unterhalten.

 

All das kann dazu führen, dass Betroffene zu spät oder unvollständig über Risiken und Nebenwirkungen informiert werden. Dabei gibt es seit fast vier Jahren einen Service, mit dessen Hilfe die Pharmaunternehmen ihre Gebrauchsinformationen barrierefrei zur Verfügung stellen können. Am 18. Juni 2010 präsentierten der DBSV und die Rote Liste unter www.patienteninfo-service.de eine gemeinsame Internet-Plattform. Hier werden Arzneimittelinformationen in vier Formaten zur Verfügung gestellt, unter anderem im Großdruck oder als Hörbuch.

 

Zu den Unternehmen, die den Service nutzen, gehören beispielsweise AstraZeneca, Dr. Falk Pharma, Janssen-Cilag, MSD, Novartis, Pfizer und Roche, die jeweils einen hohen Prozentsatz ihrer Gebrauchsinformationen barrierefrei eingestellt haben. Sie kommen damit ihrer gesetzlichen Pflicht nach, schließlich sind sie seit neun Jahren dazu verpflichtet, dass "die Packungsbeilage auf Ersuchen von Patientenorganisationen bei Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, in Formaten verfügbar ist, die für blinde und sehbehinderte Personen geeignet sind" (§11 AMG Abs. 3c).

Insgesamt beteiligt sich aber nur ein Bruchteil der Hersteller, nämlich gerade mal 21 von 350 in Deutschland ansässigen Unternehmen. Für alle anderen Pharmaunternehmen gilt: Von Risiken und Nebenwirkungen erfahren Blinde nur telefonisch.

 

Der DBSV drängt seit dem Jahr 2005 darauf, dass Beipackzettel in den Formaten zur Verfügung gestellt werden, die blinde und sehbehinderte Menschen benötigen. Termin dafür war laut Arzneimittelgesetz bereits der 1. Januar 2009. Der Verband nimmt deshalb nun die obersten Landesbehörden in die Pflicht und fordert, dass im Rahmen der standardmäßigen Audits auch die Verfügbarkeit von Gebrauchsinformationen gemäß AMG geprüft wird.

 


 

Quelle: Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV), 17.03.2014 (tB) Thomas Backe

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…