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Warnung vor Einschleppung des Poliowildvirus

Poliovirus-Zirkulation in Syrien und Israel gefährdet auch Europa

 

Tübingen (8. November 2013) – Prof. Dr. Martin Eichner vom Institut für Klinische Epidemiologie und angewandte Biometrie am Universitätsklinikum Tübingen und Stefan O. Brockmann vom Kreisgesundheitsamt Reutlingen warnen in der renommierten Fachzeitschrift The Lancet (online-Veröffentlichung am 8.11.2013, 0:00 WEZ, http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(13)62220-5) vor der Einschleppung des Poliowildvirus nach Europa.

 

Kinderlähmung stellt in Deutschland seit Jahrzehnten keine Gefahr mehr dar. Dies könnte sich jedoch ändern: Die Wissenschaftler erklären, dass neuerdings in Israel Polioviren zirkulieren und dass es in Syrien einen von der WHO bestätigten Ausbruch gibt. Da nur etwa einer von 200 ungeimpften Infizierten Kinderlähmung entwickelt, könnte das Virus in Deutschland unerkannt eingeschleppt werden; in unzureichend immunisierten Bevölkerungsgruppen könnte es sich ein Jahr lang unbemerkt ausbreiten, ohne sich durch Poliofälle bemerkbar zu machen.


Eine Verschleppung des Polio-Virus könnte einerseits durch den dramatisch angestiegenen Flüchtlingsstrom aus Syrien erfolgen, andererseits auch durch Reisende aus Israel; es könnte auch indirekt über andere Länder zu uns gelangen. In Europa sind wegen ihrer geringen Durchimpfung Bosnien und Herzegowina, die Ukraine, sowie Österreich besonders gefährdet. Darüber hinaus können aber auch in sonst gut durchimpften Ländern einzelne Bevölkerungsgruppen oder Regionen eine zu geringe Durchimpfung aufweisen und somit die Ausbreitung eingeschleppter Viren begünstigen.


Durch die Abschaffung der Schluckimpfung mit oralem Polio-Impfstoff (OPV) wird ein hoher Durchimpfungsgrad der Bevölkerung für den Schutz vor Polio-Infektionen benötigt. Die derzeit eingesetzte Polio-Impfung mit inaktiven Polioviren (IPV) ist zwar hochwirksam gegen das Auftreten der Krankheit, schützt aber nur wenig vor einer Ansteckung und vor der Weiterverbreitung des Virus.

Das alleinige Impfen von Flüchtlingen könnte sich als unzureichend erweisen. Zusätzlich sollte man weiter reichende Interventionen in Betracht ziehen. Die Schluckimpfung mit oralem Polio-Impfstoff böte einen wesentlich stärkeren Infektions- und Übertragungsschutz als IPV, aber diese Impfung wurde in West-Europa abgesetzt, weil es durch OPV in sehr seltenen Fällen zur Erkrankung von Impflingen und derer Kontakten kommt. Nur wenige EU-Mitgliedstaaten erlauben noch den Einsatz von OPV; ein Vorrat von OPV-Impfdosen ist in keinem einzigen vorhanden. In Deutschland und den meisten anderen europäischen Ländern werden bisher Abwasserproben nicht routinemäßig auf Polio-Viren untersucht. Zumindest an Orten, an denen syrische Flüchtlinge untergebracht sind oder an denen aus anderen Gründen eine erhöhte Wachsamkeit geboten scheint, sollte diese intensivierte Überwachungsmaßnahme in Erwägung gezogen werden.

 


Quelle: Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Klinische Epidemiologie und angewandte Biometrie, 08.11.2013. (tB)

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