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Bleichen, kaschieren, schmücken –
die Zahnarztpraxis als Schönheitssalon?
Von Prof. Dr. med. dent. Daniel Edelhoff,
Leitender Oberarzt an der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik der Ludwig-Maximilians-Universität München
Hamburg (10. Oktober 2007) – Ästhetisch erscheinende Zähne sind Türöffner für soziale Kontakte. Ein Lächeln signalisiert Selbstsicherheit und Wohlbefinden, viele Menschen verknüpfen damit auch Erwartungen an eine hohe Lebensqualität. Makellose Zähne und ein gewinnendes Lächeln symbolisieren deshalb körperliche Gesundheit, soziale Kompetenz und beruflichen Erfolg – also wichtige Wertmarken der modernen Gesellschaft. Der Wunsch nach ästhetisch perfekten Zähnen wird deshalb stetig größer. Zahnarzt und Zahntechniker müssen darauf reagieren.
Generell werden die beste Ästhetik und Funktion, wie auch die höchste Langlebigkeit, durch natürliche aussehende Zähne und ein gesundes Zahnfleisch erzielt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von roter Ästhetik (Zahnfleisch) und weißer Ästhetik (Zähne). Es sollte daher das oberste Ziel jeder Zahnarztpraxis sein, beide Bereiche nicht durch unangemessene kosmetische Maßnahmen zu schädigen.
Mittlerweile sind in der Zahnheilkunde Werkstoffe und Verfahren verfügbar, durch die das ästhetisch perfekte Aufhellen und Verkleiden von Zähnen sowie der nicht erkennbare Ersatz verloren gegangener Zähne möglich wird. Diese Ziele können im Vergleich zu früheren Verfahren mit der erheblich geringeren Schädigung biologischer Strukturen erreicht werden. Zu den modernen Behandlungsverfahren gehören nicht nur das Bleichen (Aufhellung verfärbter Zähne) und das Kaschieren von Zähnen mit zahnfarbenen Kompositen bzw. keramischen Schalen, sondern auch CAD/CAM-gefertigter Zahnersatz und Implantate. Alle diese Behandlungsverfahren erhalten oder stellen die weiße Ästhetik wieder her, während moderne parodontologische Verfahren die rote Ästhetik erhalten oder wiederherstellen. Wichtig ist, dass diese Maßnahmen grundsätzlich unter Beachtung funktioneller Aspekte erfolgen.
Bleichen verfärbter Zähne
Das Bleichen verfärbter Zähne ist eine nahezu nicht-invasive Behandlungsmaßnahme, die bei verfärbten vitalen Zähnen wie auch Zahnverfärbungen nach Wurzelkanalbehandlung zumeist erfolgreich eingesetzt werden kann. Durch den Einsatz des Bleichmittels umgeht man weit aufwendigere Behandlungsmaßnahmen. Beispielsweise würde die Überkronung von Zähnen einen hohen Abtrag an Zahnhartsubstanz nach sich ziehen (Abb. 1a und 1b). Der Einsatz dieser Chemikalien sollte unbedingt durch die Zahnarztpraxis begleitet werden, da es bei unsachgemäßer Verwendung zu vermeidbaren Nebenwirkungen kommen kann.
Abb. 1a: Bleichen von Zähnen: Ausgangssituation einer jungen Patientin mit zwei verfärbten oberen Frontzähnen. Der mittlere und der seitliche Schneidezahn im linken Bereich des Oberkiefers mussten nach dem Sturz mit einem Roller wurzelkanalbehandelt werden und hatten sich dadurch mit der Zeit verfärbt. Photos: Kuratorium perfekter Zahnersatz / Prof. Dr. D. Edelhoff
Abb. 1b: Bleichen von Zähnen: Situation nach einer internen Bleichbehandlung. Dazu wurde ein kleiner Teil der Wurzelkanalfüllung entfernt und die Zähne von innen gebleicht. Diese Bleichbehandlung kann nur in der Zahnarztpraxis durchgeführt werden.
Kaschieren von Verfärbungen oder Defekten der Zähne mit zahnfarbenen Materialien
Die Entwicklung moderner Klebetechniken (Adhäsivtechnik) und zahnfarbener Restaurationsmaterialien hat die ästhetische Zahnheilkunde in den vergangenen Jahren stark beflügelt. Durch eine spezielle Klebetechnik können zahnfarbene Materialien direkt im Mund des Patienten zuverlässig und dauerhaft an der Zahnsubstanz befestigt werden (plastische Kompositmaterialien). Dies gilt auch für die nach einer Abformung durch den Zahnarzt im zahntechnischen Labor gefertigten keramischen Schalen.
Durch diese Maßnahmen können Defekte ausgeglichen oder bleichresistente Verfärbungen abgedeckt werden. Beim Einsatz der direkt im Mund verarbeiteten Komposite kann der Zahnarzt in vielen Fällen ohne jedweden Abtrag an Zahnhartsubstanz (Präparation) auskommen. Es handelt sich somit meistens um ein rein auftragendes Vorgehen, bei dem abgenutzte oder geschädigte Zähne ästhetisch und funktionell wieder aufgebaut werden können. Dies verlangt in der ästhetisch wichtigen Frontzahnregion eine besondere Ausbildung des Zahnarztes, wenn ein gleichermaßen ästhetisch ansprechendes Ergebnis erzielt werden soll (Abb. 2a und 2b).
Abb. 2a: Direkter Aufbau von Frontzähnen im Oberkiefer mit Komposit: Ausgangssituation bei einer jungen Patientin mit zwei stark abgenutzten Frontzähnen im Oberkiefer. Nach kieferorthopädischer Behandlung konnte die Ursache der Abnutzung, nämlich der starke Einbiss durch die Unterkieferfrontzähne, beseitigt werden.
Abb. 2b: Direkter Aufbau von Frontzähnen im Oberkiefer mit Komposit: Situation nach dem direkten Aufbau der Zähne mit Komposit. Hier war es zur Rekonstruktion der Zähne nicht erforderlich, Zahnhartsubstanz abzutragen. Die beiden Zähne wurden lediglich für kurze Zeit mit Phosphorsäure angeätzt, danach wurde das Komposit aufgetragen, modelliert und ausgehärtet.
Übersteigen die Defekte ein gewisses Ausmaß und stehen umfangreiche Versorgungen im Seitenzahnbereich an, so wird aufgrund der höheren Festigkeit und Farbstabilität der Einsatz indirekt gefertigter Restaurationen (z. B. laborgefertigte vollkeramische Kronen oder Brücken) bevorzugt. Da keramische Versorgungen eine bestimmte Mindestschichtstärke beanspruchen, wird in den meisten Fällen ein Abtrag (Präparation) im Bereich der äußeren Schicht (Zahnschmelz) des betroffenen Zahnes erforderlich. Auch bestehende Füllungen können entfernt bzw. in die Präparation einbezogen werden.
Der Abtrag an Zahnhartsubstanz ist beispielsweise für Keramikschalen im Frontzahnbereich sehr gering und mit herkömmlichen Kronenversorgungen nicht vergleichbar: Für die Aufnahme einer herkömmlichen metallkeramischen Krone müssen etwa 70 Prozent der Hartsubstanz einer natürlichen Zahnkrone abgetragen werden. Der Substanzabtrag für eine Keramikschale beträgt dagegen je nach Präparationsgestaltung lediglich zwischen 7 Prozent und 30 Prozent (Abb. 3).
Abb. 3: Vergleich der Präparationsgestaltung (mittlerer Schneidezahn des Unterkiefers): Bei der links dargestellten Präparation für eine keramische Verblendschale (Veneer) werden etwa 20 Prozent der Hartsubstanz im Bereich der Zahnkrone abgetragen. Die Präparation für die Aufnahme einer konventionellen Krone (rechts) würde dagegen einen Substanzabtrag von etwa 70 Prozent der Zahnkrone erfordern.
Der erheblich reduzierte Abtrag an Zahnhartsubstanz hat wichtige Vorteile für Patient und Zahnarzt:
• Die Behandlung verläuft weniger traumatisch,
• die Abformung ist einfacher
• und die Anzahl an Komplikationen ist gering.
Bestimmte Keramiken eignen sich aufgrund ihrer Materialeigenschaften hervorragend als Ersatz des äußeren Mantels der Zahnkrone, dem Zahnschmelz. Die Festigkeit der Restauration wird durch den Klebeverbund mit der Zahnhartsubstanz erreicht. Auf diese Weise können selbst komplexe Fälle gelöst werden, bei denen die Bisslage verändert werden muss oder vereinzelt sämtliche Zähne in die Versorgung einzubeziehen sind (Abb. 4a und 4b). Komplexe Fälle sind sorgfältig zu planen.
Abb. 4a: Indirekte vollkeramische Versorgung: Diese 45-jährige Patientin hat stark abgenutzte Zähne. Dadurch hat sich die Bisshöhe stark abgesenkt.
Abb. 4b: Indirekte vollkeramische Versorgung: Situation nach Versorgung der Patientin mit verklebten, vollkeramischen Restaurationen. Nach sorgfältiger Planung, in enger Zusammenarbeit mit dem Zahntechniker, wurden sämtliche Zähne metallfrei mit keramischen Schalen und Teilkronen behandelt und der Biss angehoben. In diesem Fall war nur eine wenig invasive Präparation der Zähne erforderlich (Zahntechnik: ZT Oliver Brix, Wiesbaden).
Ein zufrieden stellendes Ergebnis kann nur durch intensive Zusammenarbeit von Zahntechniker, Zahnarzt und Patient erreicht werden. So ist es möglich, die Versorgung durch den Zahntechniker beispielsweise auf einem Wachsmodell zu konstruieren (Wax-up) und mit Hilfe von Folien in den Mund des Patienten zu übertragen (Abb. 5a und 5b). Auf diese Weise kann der Patient bereits vor dem Behandlungsbeginn einen Eindruck von dem Behandlungsziel gewinnen, ohne dass bis zu diesem Zeitpunkt ein Zahn abgeschliffen wurde. Die nach dem Wax-up erstellte Folie dient dem Zahnarzt als wichtige Leitlinie für die spätere Behandlung.
Abb. 5a: Konstruktion eines geplanten Zahnersatzes auf dem Modell: 35-jähriger Patient mit teilweise ästhetisch nicht sehr ansprechenden, überkronten und natürlichen Zähnen.
Abb. 5b: Konstruktion eines geplanten Zahnersatzes auf dem Modell: Mit der Wachsmodellation der geplanten Versorgung aus dem Dentallabor kann sich der Patient bereits vor Behandlungsbeginn ein Bild von der endgültigen Versorgung machen. Die Wachsmodellation der neuen Versorgung kann mit Hilfe einer Folie im Mund einprobiert werden. Bis zu diesem Zeitpunkt hat keine Präparation der Zähne stattgefunden. Die Behandlung ist also bis dahin „reversibel“ (Zahntechnik: ZT Oliver Brix, Wiesbaden).
Gestaltung der ersetzten Zähne (Zwischenglieder) bei Brücken
Mit den wichtigen Errungenschaften in der weißen Ästhetik haben sich auch die Anforderungen an die „rote Ästhetik“ des direkt angrenzenden Weichgewebes verändert. Dies betrifft vor allem den Frontzahnbereich des Oberkiefers. So wird die Gestaltung eines Brückenzwischengliedes in dieser Region in erster Linie von ästhetischen Gesichtspunkten beeinflusst. Die nach einem Zahnverlust auftretenden lokalen Alveolarkammdefekte erschweren häufig die Realisierung einer ästhetisch perfekten Rekonstruktion (Alveolarkamm = der nach einer Zahnextraktion verbleibende zahnlose Kieferkamm). In den vergangenen Jahren sind zahlreiche Behandlungstechniken beschrieben worden, die dieses Problem durch eine ovale Ausformung der Basis des Brückenzwischengliedes (Ovate pontic) zum Teil in Kombination mit einer chirurgischen Vorbehandlung lösen. Dies schließt eine umfassende Vorbehandlungsphase unter Einsatz eines Langzeitprovisoriums zur Konditionierung des Weichgewebes ein. Die Ausformung des Weichgewebes in Verbindung mit einem Ovate pontic vermittelt den Eindruck, das der ersetzte Zahn direkt aus dem zahnlosen Kieferabschnitt heraustritt – so wie ein natürlicher Zahn (Abb. 6a und 6b).
Abb. 6a: Ovale (eiförmige) Basis von Brückenzwischengliedern: Einprobe einer vollkeramischen Frontzahnbrücke im Oberkiefer mit einem Gerüst aus Zirkonoxidkeramik (die Brücke ist noch nicht in ihrer Endpassung). Das Weichgewebe des zahnlosen Kieferkammes im Bereich der verloren gegangenen Zähne wurde durch den Zahnarzt vorbehandelt, um ästhetisch gestaltete Brückenzwischenglieder einsetzen zu können.
Abb. 6b: Ovale (eiförmige Basis) von Brückenzwischengliedern: Diese Gestaltung der rückenzwischenglieder erweckt den Eindruck, als wüchsen die ersetzten Zähne direkt aus dem Zahnfleisch heraus (Zahntechnik: ZTM Peter Biekert, Stuttgart).
Verfasser
Prof. Dr. med. dent. Daniel Edelhoff
Leitender Oberarzt
Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik
Ludwig-Maximilians-Universität
Goethestraße 70
D-80336 München
eMail: dedelhoff@med-uni-muenchen.de
Quelle: Pressekonferenz des « Kuratoriums perfekter Zahnersatz » zum Thema „Trends moderner Zahnästhetik“ am 10. Oktober 2007 in Hamburg (uphoff pr consulting).