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Begleiterkrankungen und Arzneimittelsicherheit:

Sind neue Rheuma-Medikamente immer auch besser und nebenwirkungsärmer?

 

Statement von Prof. Dr. med. Gerd-Rüdiger Burmester

 

Köln (23. September 2009) – Es ist ziemlich genau zehn Jahre her, dass in Deutschland erstmals Biologika zur Therapie der Rheumatoiden Arthritis (RA) zugelassen wurden. Sie haben eine interessante Historie, da sie zunächst (erfolglos) zur Therapie der Sepsis entwickelt wurden und erst später Einsatz in der Rheumatologie fanden. Es handelt sich hierbei um Präparate, deren Name daher herrührt, dass sie mit molekularbiologischen Methoden hergestellt werden. Sie sind große Proteine, die die Wirkung von zerstörerischen Botenstoffen bei der RA, aber auch bei vielen anderen Entzündungserkrankungen blockieren. Biologika können in mehrere Gruppen unterteilt werden:

 

  • Proteine gegen Zytokine oder deren Rezeptoren (zum Beispiel TNF-alpha-Blocker
  • sowie Antagonisten gegen Interleukin-1 oder Interleukin-6),
  • Hemmstoffe der Ko-Stimulation bei der Lymphozyten-Aktivierung
  • und schließlich Antikörper, die bestimmte Zellgruppen, in diesem Fall BLymphozyten,
  • ausschalten.

 

Kontrollierte klinische Studien belegen eine hohe Wirksamkeit und ein gutes Sicherheitsprofil von Biologika in der Behandlung der RA und anderen entzündlichen Erkrankungen wie der ankylosierenden Spondylitis, der Psoriasis beziehungsweise Psoriasis-Arthritis und dem M. Crohn. Um jedoch detaillierte Daten zur Langzeitwirksamkeit und –verträglichkeit insbesondere einer RA-Therapie mit diesen innovativen Präparaten zu erhalten, wurden in einigen Ländern Therapieregister eingeführt, so 2001 das sogenannte RABBIT (Rheumatoid Arthritis Observation of Biologic Therapy)-Register in Deutschland. Spezielle Schwerpunkte der Langzeitbeobachtungen liegen auf der Erfassung von Infektionen, Komorbiditäten, Schwangerschaft, Tumorerkrankungen sowie auf den direkten und indirekten Kosten unter einer Behandlung mit Biologika im Vergleich zu einer Basistherapie mit sogenannten DMARDs (Disease Modifying Antirheumatic Drugs). Insbesondere in Deutschland und Großbritannien erlaubt dies wichtige Rückschlüsse auf die jeweilige Therapie. Jeder gesicherte RA-Patient kann nach der Verordnung eines in Deutschland zugelassenen Biologikums in diese prospektive Kohortenstudie eingeschlossen werden. In einer Kontrollgruppe werden auch RA-Patienten mit einem Wechsel der konventionellen Basistherapie über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren beobachtet.

 

Aufgrund der weltweiten Register-Daten von weit über 20 000 Patienten können wichtige Schlussfolgerungen gezogen werden. Als wichtigstes Sicherheitssignal ist hier eine etwa verdoppelte Infektionsrate, vor allem unspezifischer Infekte (wie beispielsweise Pneumonien), im Vergleich zu der Kontrollgruppe zu nennen – interessanterweise besonders innerhalb des ersten Therapiejahres. Nach diesem Zeitraum sind offenbar die Infektionsraten in der Biologika- und der Kontrollgruppe gleich. Weiterhin ist auf eine erhöhte Tuberkulose-Rate insbesondere bei den TNF-Blockern zu achten. Diese konnte jedoch erheblich durch ein Screening auf eine latente Tuberkulose und durch eine gegebenenfalls präventive Behandlung reduziert werden. Auch virale Infektionen, insbesondere der Herpes zoster (Gürtelrose), wurde bei dieser Medikamentengruppe gehäuft beobachtet. Bei einigen Biologika sind (reversibel) erhöhte Leberwerte beschrieben worden, und bei der Blockade von Interleukin-6 kann es zu erhöhten Blutfetten und Neutropenien kommen, sodass auch hier entsprechende Kontrollen erforderlich sind.

 

Besondere Beachtung fanden natürlich Untersuchungen auf maligne Erkrankungen, wobei in den Registern bislang keine erhöhte Tumorhäufigkeit bei den Biologika-Patienten gefunden wurde. Bei der Applikation von Biologika muss man zudem auf allergieähnliche Reaktionen achten, vor allem bei intravenöser Anwendung. Zusammenfassend ist das Sicherheitsprofil der zugelassenen Biologika als gut zu bezeichnen – besonders, wenn man ihre in der Regel rasche und anhaltende Wirksamkeit berücksichtigt. In jedem Fall müssen jedoch zusätzliche begleitende Erkrankungen, latente Infektionen und bestimmte Stoffwechselbedingungen bedacht werden.

 

Prof. Dr. med. Gerd-Rüdiger Burmester ist Ärztlicher Leiter der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin.

 


 

Quelle: Pressekonferenz im Rahmen des 37. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) am 23.09.2009 in Köln.

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