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Neue Daten vom ASCO 2009 zum Ovarialkarzinom
Von Prof. Dr. med. Jalid Sehouli
Berlin (17. Juni 2009) – Die Behandlungsergebnisse beim Ovarialkarzinom konnten auf Basis klinischer Studien in den letzten Jahren erheblich verbessert werden. Die aktuelle Standardtherapie besteht hierbei aus einer Primäroperation mit dem Ziel der maximalen Tumorreduktion und einer adjuvanten systemischen Chemotherapie aus Paclitaxel und Carboplatin für die FIGO-Stadien IIb-IV. Die Qualitätssicherungsstudie der Arbeitsgmeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) konnte eindeutig zeigen, dass Patientinnen mit optimaler Operation und optimaler Chemotherapie die besten Langzeitergebnisse aufweisen, und dass eine suboptimaler Behandlung zu relevanten Nachteile bezüglich des Progressionsfreien Überleben und Gesamtüberleben führen (duBois et al, 2004). Unstrittig bleibt die Tasache, dass eine weitere und notwendige Verbesserung der Behandlungsergebnisse beim Ovarialkarzinom nur durch klinische Studien möglich ist. Daher bleibt die beste und sicherste Behandlung die Einbindung in die Konzepte der AGO (www.ago-ovar.de) und NOGGO (www.NOGGO.de). Traditionsgemäss spielte beim diesjährigen ASCO das Ovarialkarzinom eine besondere Rolle.
Der erfreuliche Trend der letzen Jahre, dass die Studienaktivitäten zum Ovarialkarzinom aus Deutschland zunehmend internationale Beachtung finden, konnte auch beim diesjährigen ASCO fortgesetzt werden. So wurden aus Deutschland eine Studie zum prädiktiven Stellenwert des Ernährungsstatus für den Operationserfolg (Kuhberg et al), der Frage nach dem besten Zeitpunkt des Beginns der postoperativen Chemotherapie (Mahner et al) und zwei Projekte zum Ovarialkarzinomrezidiv präsentiert (Oskay-Oezcelik et al und Sehouli et al). Primärtherapie Auf Basis einer retrospektiven Analyse an über 3000 Patientinnen konnten Mahner et al eine sehr interessante Auswertung zum prognostischen Stellenwert des Zeitintervalls zwischen der Operation und dem Beginn der systemischen adjuvanten Chemotherapie präsentieren (Mahner et al). Hierbei zeigten Patientinnen mit einer Komplettresektion eine verbessertes Gesamtüberleben wenn die Chemotherapie früher begonnen wurde: Das Gesamtüberleben war mit ~ 1 % Risikoerhöhung für ein Todesereignis pro Tag Therapieverzögerung assoziert. Rezidivtherapie Trotz deutlich verbesserter Operationstechniken und hoher Ansprechraten von ca. 75 % der First-Line-Chemotherapie mit Paclitaxel und Carboplatin entwickeln etwa 65 % der Patientinnen mit FIGO-Stadium III und IV ein Rezidiv oder eine Tumorprogression und versterben an dieser Erkrankung. Daher stellt die Optimierung des klinischen Managements von Patientinnen mit Ovarialkarzinomrezidiv eine besondere Herausforderung dar. Auf Basis von randomisierten Studien konnten die aktuellen Therapieempfehlungen formuliert werden. Dennoch werden trotz der grossen klinischen Relevanz immer noch zu wenige Patientinnen im Rahmen von klinischen Studien behandelt.
Allgemein hat sich sowohl national als auch international die Unterscheidung in Patientinnen mit sog. platinsensitiven und platinresistenten Karzinom. Hierbei ist aber zu einem daraufhinzuweisen, dass diese Einteilung auf Basis von klinischen Befunden (Symptome, Tastbefund, Bildmorphologie) und nicht auf Grundlage eines erhöhten CA-125 Wertes beruht. Zum anderen sollte zwischen einer „artifiziellen“ aufgrund einer insuffizienten Primärtherapie (Operation +/- Chemotherapie) und einer „echten“ Platinresistenz unterschieden werden. Platinsensitives Ovarialkarzinom Aktuell wird für dieses Kollektiv eine Reinduktion mit Paclitaxel + Carboplatin oder Carboplatin + Gemcitabin empfohlen. Hierbei sollte neben der Spättoxizität (z.B. Polyneuropathie) und vorallem die Präferenz (z.B. Alopezie, Schedule) der Patientin Grundlage der Therapiewahl sein. Mit grosser Spannung wurden daher die Ergebnisse der internationalen Phase-III Studie CALYPSO, die im Vergleich zur Reinduktion mit Carboplatin + Paclitaxel, den Stellenwert der Kombination Carboplatin + pegyliertem liposomalen Doxorubicin untersucht (E. Pujade-Lauraine). Insgesamt konnten fast 1000 Patientinnen eingeschlossen werden. Hierbei kamen die meisten Patientinnen aus Deutschland, was ein Mal mehr das hohe Engagement deutscher Zentren unterstreicht. Erwartungsgemäss zeigte die neue Kombination signifikante Vorteile bei der Alopezie, und Polyneuropathie bei vermehrten Hautnebenwirkungen. Die Studie war primär als Nicht-Unterlegenheitsstudie geplant, es konnte sogar ein leichter Vorteil im progressionsfreien Überleben gezeigt werden. Somit haben wir nun eine weitere Behandlungsmöglichkeit für Patientinnen mit platinsensitiven Ovarialkarznomrezidiv. Platinresistentes Ovarialkarzinom Die Therapieergebnisse für das Kollektiv der Patientinnen mit platinresistentem Ovarialkarzinom ist insgesamt unbefriedigend. Nach der aktuellen S2-Leitlinie gilt für Patientinnen nach einer Chemotherapie mit Paclitaxel und Carboplatin und Progression bzw. Rezidiv innerhalb von 6 Monaten die Gabe von Topotecan oder Caelyx als Therapie der Wahl (AGO, 2008). Aszites stellt häufig bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom ein therapeutisches Dilemma dar, da die Patientinnen häufig einen hohen Leidensdruck haben und keine effektiven Behandlungsansätze existieren. Auch die intraperitoneale Applikation von Zytostatika ist nicht wirksam. Daher sind die Ergebnisse zur intraperitonealen Applikation eines trifunktionalen bispezifischen Antikörpers (Catumaxomab) vielversprechend. In einer Phase-I/II Studie der AGO wurde die gute Verträglichkeit und die Sicherheit der Applikation dieses EpCam-Antikörpers bei Patientinnen mit massiv vorbehandeltem Ovarialkarzinom und symptomatischen Aszites auf dem ASCO 2007 demonstriert (Belau et al, 2007). Hierbei wurden insgesamt 45 Patientinnen mit platinresistenten Ovarialkarzinom und messbaren Tumor eingeschlossen und in 2 verschiedenen Dosislevels behandelt. Hierbei war die Therapie in diesem prognostisch schlechten Patientinnenkollektiv gut verträglich, nur vereinzelt wurden Grad IV Toxizitäten beobachtet (1x Erhöhung der Gamma-GT, 1x Anämie, 3x Lymphopenie, 1x Lungenembolie). Die für Vakzine typischen Fieberreaktionen waren meist nur leichter Ausprägung, nur im höheren Dosisarm wurden Ereignisse mit 3 Grad III beobachtet). Aufgrund der Toxizitäts- und Wirksamkeitsdaten dieser Studie scheint der höher dosierte Behandlungsarm für weitere Studien besser geeignet zu sein.
Eine weitere Studie mit diesem Agenz untersuchte als primäres Studienziel den Einfluss auf dem Aszites beim Ovarialkarzinomrezidiv. Mittels eines plazebo-kontrollierten Settings wurde die re-punktionsfreie Überlebenszeit an 129 Patientinnen (Parsons et al, ASCO 2008) analysiert. Die mediane punktionsfreie Zeit war signifikant im experimentellen Therapiearm länger: 52 vs. 11 Tage (p<0,0001) (Abb. 3). Weitere Studien sollten nun folgen, um den Stellenwert dieser Therapiestrategie in der First-line Chemotherapie zu prüfen. Krebsstammzellen sind definiert als "Krebs-induzierende Zellen”, die sich selbst erneuern und eine Vielzahl differenzierter Tumorzellen hervorbringen können. Es hat sich gezeigt, dass Chemotherapien zu einer Anreicherung von Krebsstammzellen in den verbleibenden Tumoren führen. Krebsstammzellen solider Tumore sind durch unterschiedliche Oberflächenproteine charakterisiert. Eines davon ist EpCAM, das Ziel-Antigen von Catumaxomab. Nun wurden auf dem ASCO 2009 aus der Phase II /III Studie für Catumaxomab auf das Vorhandensein von Krebsstammzellen (CD133+/EpCAM+) hin analysiert. Bei 62 % der getesteten Patienten mit Malignem Aszites aufgrund verschiedener Tumorarten (u.a. Eierstock-, Magen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs) wurden dabei Krebsstammzellen in der Bauchflüssigkeit nachgewiesen. Nach Abschluss der Catumaxomab-Therapie von vier i.p. Infusionen, war die Bauchflüssigkeit aller Patienten frei von Krebsstammzellen. In der Kontrollgruppe (nur Bauchhöhlenpunktion) blieben hingegen bei allen 6 von 6 getesteten Patienten CD133- / EpCAM-positive Zellen nachweisbar, sowohl beim Screening als auch bei der wiederholten Punktion (Lindhofer et al). Catumaxomab ist seit kurzem in Deutschland für Behandlung des malignen Aszites zugelassen. Verschiedene Phase-II Studien konnten eine gute Wirksamkeit und ein sehr geringes hämatologisches Toxizitätsprofil einer wöchentlichen Applikation von Topotecan belegen (Morris et al, 2006, Safra et al, 2006). In mehreren Staaten, wie den USA oder Frankreich, hat daher das wöchentliche Protokoll das klassische 5-Tage Konzept im klinischen Alltag verdrängt. Daher wurde nun auf dem ASCO 2009 mit grosser Spannung die Ergebnisse der randomisierten NOGGO-Studie vorgestellt, die als einzige Studie weltweit, die wöchentliche Applikation von Topotecan gegen das 5-Tage Protokoll vergleicht hat. In der finalen Analyse belegten beide Therapieregime Ihre Wirksamkeit. Bezüglich der hämatologischen Toxicizitäten zeigte das wöchentliche Konzept ein besonders günstiges Nebenwirkungssspektrum (Sehouli et al), so mussten deutlich seltener Wachstumsfaktoren und Bluttransfusionen beim wöchentlichen Regime eingesetzt werden. Die Anspechrate war zwar etwas höher beim 5-Tage Konzept, das progressionsfreie Überleben und das Gesamtüberleben war aber nicht signifikant unterschiedlich. Somit kann das wöchentliche Regime nun ebenfalls den Patientinnen angeboten werden. Ein weiteres Highlight waren 2 Präsentationen zum Tumormarker CA-125 (Oskay-Özcelik et al, Rustin et al). In der bisher weitweit grössten Umfrage an über 1000 Patientinnen mit Ovarialkarzinom der NOGGO und AGO gaben die Frauen aus Deutschland an, dass die Tumormarkerbestimmung die wichtigste Untersuchungsmethode im Rahmen der Nachsorge ist, diese aber auch mit den grössten Ängsten verbunden ist. Ausserdem betonten die Patientinnen, dass ihre Hauptmotivation für den Besuch der Nachsorgeinstitution die Erwartung einer hierdurch resultierenden Lebensverlängerung ist. Ausserdem wurde die seit Jahren erwartete Präsentation des MRC und der EORTC zur Frage vorgestellt ob eine CA-125 getriggerte Tumornachsorge im Vergleich zu einer symptomorientierten Nachsorge mit einer Verlängerung des Gesamtüberlebens einhergeht (Rustin et al). Insgesamt konnten über 500 Patientinnen diesbezüglich ausgewertet werden. Hierbei konnte erwartungsgemäss ein „frühereres“ Erkennen des Tumorrezidivs nachgewiesen werden, und eine Chemotherapie früher eingeleitet werden, eine Verlängerung des Gesamtüberlebens zeigte sich aber nicht.
Dies unterstreicht nochmals dass eine alleinige CA-125 Erhöhung nicht bei fehlenden Beschwerden oder Tumornachweis keine alleinige Grundlage für eine Indikation für eine Second-line Chemotherapie sein sollte.
Abschliessend ist erneut zu betonen, dass Patientinnen mit Ovarialkarzinom vorzugsweise im Rahmen der Studiengruppe Ovar der AGO (www.ago-ovar.de) und NOGGO-Studien (www.NOGGO.de) behandelt werden sollten um eine notwendige weitere Verbesserung der Therapieergebnisse zu erzielen. Denn weiterhin gilt: „STATE OF THE ART“ bedeutet die Behandlung im Rahmen von klinischen Studien.
Quelle: Post-ASCO Pressegespräch in Berlin zum Thema „Highlights der Onkologischen Forschung: Berichte vom 45. Kongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO) Orlando, 29.05-02.06.2009 (albersconcept) (tB).