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Höhere Zufriedenheit durch partnerschaftlichen Sex

 

Von Prof. Dr. Uwe Hartmann, Hannover

 

Hamburg (5. März 2009) – Nicht nur kurz- sondern auch langfristig hat die Sexualität positive und Partnerschafts-stabilisierende sowie allgemein gesundheitsfördernde Effekte. Das Erlebnis Orgasmus bedeutet für jeden Menschen eine intensive, genussvolle Belohnung und erhöht die emotionale Intimität. Doch auch auf körperlicher Ebene setzt der Orgasmus wesentliche Veränderungen in Gang. So ist ein sedativer, schlafanstoßender Effekt, ebenso wie eine Aktivierung des Immunsystems belegt. Bei Frauen führt der Orgasmus zu einer Reduzierung von Schmerzerleben. Diese analgetische Wirkung konnte bei verschiedenen Schmerzsyndromen, z.B. bei Menstruationsschmerzen oder Migräne nachgewiesen werden. Es gibt Hinweise darauf, dass intensivere sexuelle Aktivität allgemein mit einer besseren Gesundheit verbunden ist und möglicherweise protektive Effekte hat. Regelmäßige sexuelle Aktivität ist wichtig, um genitale Strukturen und Funktionen aufrechterhalten. Insgesamt sind sexuelle Gesundheit und Zufriedenheit zentrale Komponenten eines „erfolgreichen Älter-Werdens“ wobei gerade in mittlerem und hohem Lebensalter die Parole zu gelten scheint „use it or lose it“.

 

Brain-Imaging-Studien zeigen, dass beim Orgasmus die kortikale Aktivität im präfrontalen Cortex und im linken Temporallappen vermindert ist. Dieses zentrale Merkmal des Orgasmus ist verantwortlich für die Enthemmung (den sog. Kontrollverlust) und die Auflösung bzw. Aufweichung der Körpergrenzen, die in diesem Zusammenhang häufig erlebt wird. Mittels Brain-Imaging lassen sich auch vorgetäuschte von echten Orgasmen unterscheiden. Nur bei Letzteren findet eine Deaktivierung in orbitofrontalen und medialen präfrontalen Arealen statt. Auch die Orgasmus-assoziierte Prolaktinausschüttung findet sich nur bei „echten“ Orgasmen. Ein unmittelbarer Zusammenhang findet sich auch zwischen Orgasmus und Immunsystem: Kurz nach dem Orgasmus kommt es zu einem deutlichen Anstieg bestimmter Lymphozytensubpopulationen, vor allem der Natural Killer Cells – regelmäßiger Sex stimuliert demnach das Immunsystem.

 

Neben diesen direkten körperlichen Effekten hat Sex auch emotional eine große Bedeutung: Menschen, die mit ihrem Sexleben zufrieden sind, weisen auch allgemein eine höhere Lebenszufriedenheit auf. In Untersuchungen zeigte sich ein linearer Zusammenhang zwischen allgemeiner Lebenszufriedenheit und Zufriedenheit mit dem Sexleben. Beim Sex ist beiden Geschlechtern vor allem die emotionale und körperliche Nähe zum Partner wichtig. Sex wird also als Ausdruck der Liebe zum Partner gesehen; Motive wie „sich begehrenswert fühlen“ spielen im Vergleich dazu eine untergeordnete Rolle.

 

Erfülltes Sexleben erhält die Jugend

Einer Studie zufolge waren vor allem zwei Faktoren mit einem jüngeren Äußeren verbunden: Regelmäßige Bewegung, sowie eine sexuelle Aktivität, die qualitativ und quantitativ signifikant über derjenigen derselben Altersgruppe liegt. Für Männer konnte zudem gezeigt werden, dass sie umso jünger geschätzt wurden, je höher ihre Orgasmusfähigkeit war.

 

Auch hinsichtlich der kardiovaskulären Gesundheit hat Sex eine protektive Funktion: In einer Studie wurde die Orgasmushäufigkeit von Männern im Alter von 45 bis 59 Jahren in Zusammenhang mit kardiovaskulären Ereignissen untersucht: In einem Nach-beobachtungszeitraum von zehn Jahren war die Mortalität durch kardiale Ereignisse in der Gruppe der Männer mit häufigeren Orgasmen (mehr als zweimal pro Woche) 50 Prozent geringer als in der Gruppe mit selteneren Orgasmen (weniger als einmal pro Monat). Auch bei Kontrolle von Faktoren wie Alter, Sozialstatus oder Rauchen blieb der hochsignifikante Effekt erhalten.

 

Gesundheitsfördernde Effekte werden vor allem dem penil-vaginalen Koitus zugesprochen. Verschiedenen Untersuchungen zufolge ist die Koitusfrequenz (aber nicht die Frequenz anderer sexueller Aktivitäten) bzw. die koitale Orgasmusfrequenz auch mit einer besseren autonomen kardialen Funktion (Herzfrequenzvariabilität) verbunden; zudem gelingt es Probanden leichter, ihr Körpergewicht zu halten. Bei postmenopausalen Frauen kommt es zu einer wenig stark ausgeprägten vaginalen Atrophie. Auch für die sexuelle Befriedigung der Frau spielt trotz aller Spielarten der Sexualität der Koitus die größte Rolle. Dies spiegelt sich auch in den körperlichen Reaktionen wieder: Der Koitus ist mit einer deutlich ausgeprägteren postorgastischen Prolaktinerhöhung verbunden. Diese Tatsachen lassen verschiedene Interpretationen zu. So ist eine größere Befriedigung nach intensiverer Intimität, Erregung und tieferem orgastischen Erleben vorstellbar. Evolutionär wäre aber auch ein größerer Belohnungseffekt bei potenziell reproduktivem Sex sinnvoll.

 

Sex stabilisiert Beziehungen

Ein wesentlicher Aspekt der indirekten gesundheitsfördernden Auswirkung von Sex ist seine emotional stabilisierende Wirkung. Für alle Menschen sind Beziehungen die wichtigste Quelle von Lebenszufriedenheit und emotionalem Wohlbefinden. Dies zeigen verschiedene multinationale Studien, denen zufolge soziale Beziehungen der einzig konsistente Prädiktor für subjektives Wohlbefinden sind. Umgekehrt ist großen epidemiologischen Studien und Metaanalysen zufolge eine geringere soziale Integration ein stärkerer Risikofaktor für Mortalität, selbst im Vergleich zu klassischen Risikofaktoren wie das Rauchen.

 

In der Paarbeziehung spielt die sexuelle Zufriedenheit eine große Rolle: Sie ist allgemein mit höherer partnerschaftlicher Zufriedenheit verbunden. Andere Untersuchungen zeigen: Sexuelle Unzufriedenheit im ersten Ehejahr ist ein guter Prädiktor für eine Trennung im vierten Jahr, selbst wenn die allgemeine partnerschaftliche Zufriedenheit konstant bleibt. Insofern trägt die sexuelle Befriedigung zentral zur Stabilität der Partnerschaft bei.

Insgesamt besteht zwischen der allgemeinen und der sexuellen Gesundheit ein enger, wechselseitiger Zusammenhang. Darüber hinaus trägt die Sexualität wesentlich zum Glück und zur Zufriedenheit in einer Paarbeziehung bei.

 

 

Referent

 

Prof. Dr. med. Uwe Hartmann
Med. Hochschule Hannver
Zentrum für Seelische Gesundheit
Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie
Arbeitsbereich Klinische Psychologie
Carl-Neuberg-Str. 1
30625 Hannover
eMail: hartmann.uwe@mh-hannover.de

 

 

Download

 

Folien zu Vortrag von Prof. Dr. Uwe Hartmann.pdf Prof. Dr. Uwe Hartmann.pdf (914.56 KB)

 

 


 

Quelle: Pressekonferenz der Firma Bayer HealthCare zum Thema „Sex – länger, effektiver, besser? Neue Erkenntnisse zur optimalen Therapie bei erektiler Dysfunktion“ am 05.03.2009 in Hamburg (3K-Agentur für Kommunikation).

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