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Chronic Kidney Disease – Mineral Bone Disease
Neue Outcome-Studien und Register-Daten
Prof. Jürgen Floege
Göttingen (27. September 2009) – Aus heutiger Sicht wird die chronische Niereninsuffizienz (CKD) nicht mehr als reine Nierenerkrankung verstanden, da es im ganzen Organismus zu komplexen Folge- und Begleiterscheinungen kommt. Die internationale Bezeichnung „CKD-MBD“ (Chronic Kidney Disease – Mineral Bone Disease) trägt den schweren Schäden an den Knochen und den Gefäßen Rechnung, die durch den gestörten Mineralhaushalt entstehen und durch klinische, biochemische und bildgebende Methoden fassbar sind. Parallel zum Mineralverlust im Knochen entsteht bei den Patienten eine extraossäre Kalzifizierung bzw. eine die Prognose bestimmende Gefäßverkalkung (als spezielle Form Mediasklerose genannt). Die Zusammenhänge zwischen Knochenstoffwechsel und Gefäßkalzifizierung sowie der Korrelation mit Gesamt- und kardiovaskulärer Mortalität sind seit Jahren eines der Hauptthemen in der Nephrologie, denn hier müssen Maßnahmen zur Therapieoptimierung ansetzen, um das Überleben der Patienten zu verbessern.
Europäische ARO-Datenbank bestätigt erhöhtes Mortalitätsrisiko bei stark
veränderten Laborparametern
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Die ARO-Analyse (Analysing Data Recognising Excellence Optimising Outcomes in ESRD) [1] wertete Daten von 8.759 europäischen Hämodialysepatienten aus. Im Beobachtungszeitrum wurden 1.596 Todesfälle registriert, 646 davon waren kardiovaskulär bedingt. Bei der Berechnung des Mortalitätsrisikos zeigte sich für die laborchemischen Parameter Calcium (Ca), Phosphat (P) und Parathormon (PTH) ein Anstieg des Sterberisikos sowohl für stark nach oben als auch nach unten vom Zielbereich (PTH) bzw. Normbereich (Ca, P) abweichende Laborwerte.
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Die mittels Cox-Regression (fraktionale Polynome) durchgeführte Daten-Analyse demonstrierte, dass das Mortalitätsrisiko in dem von KDOQI [2] angegeben Zielbereich für das Serum-Phosphat am geringsten war.
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Für das initiale Serum-Calcium war die Assoziation zwischen hohen und niedrigen Werten und der Mortalität weniger ausgeprägt (die Regressionskurve verläuft flacher als für Phosphat), jedoch zeigte sich eine Mortalitätszunahme bei Hypercalcämie. Die Daten geben also keine Rationale, den Calciumwert in den unteren Normbereich abzusenken.
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Möglicherweise sind methodische Probleme bei der Bestimmung des biologisch relevanten Calciums, d.h. des ionisierten Calciums, dafür verantwortlich, dass der prädiktive Wert des S-Calciums für die Mortalität gering ist [3].
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ARO zeigte ebenfalls eine Assoziation zwischen Mortalität und PTH: Die Mortalität stieg sowohl bei sehr hohen als auch bei sehr niedrigen PTH-Werten an.
Generell sollte bei solchen Betrachtungen nicht vergessen werden, dass durch Assoziationsstudien wie der ARO-Studie keine Kausalität bewiesen wird. Dafür sind Interventionsstudien notwendig.
Beobachtungstudien zu iPTH und Mortalität sind auch mit dem iPTH-Zielbereich der
neuen KDIGO-Leitlinien kompatibel
Während die KDOQI-Leitlinie [2] einen engen Zielkorridor von 150-300 pg/ml für das iPTH angab, ist dieser in den KDIGO-Leitlinien [4] mit dem 2- bis 9-fachen Wert des oberen Normalbereichs des Assays etwas weiter gefasst. Die neuen Leitlinien tragen einerseits dem ungelösten Assay-Problem Rechnung, zum anderen sind sie per se offener, da sie auf die Vermeidung von Extremwerten und die Beobachtung von Trends setzen und weniger auf enge Zielwertbereiche.
Das Ergebnis der ARO-Analyse im Hinblick auf das PTH ist mit den neuen Empfehlungen gut in Einklang zu bringen. Die Daten zeigen, dass Extremwerte deutlich mit einer erhöhten Mortalität korrelieren. Extreme PTH-Werte über 500 pg/ml und unter 100pg/ml lassen z.B. eine gesicherte Aussage zur zugrundeliegenden Knochenpathologie zu, hier liegt fast immer ein hyperaktiver bzw. ein adynamer Knochen vor. PTH-Werte zwischen 100 und 500 pg/ml stellen hingegen eine Grauzone dar, innerhalb derer sich jede Art von Knochenstörung verbergen kann [5]. Insofern ist der nun breiter gefasste Zielbereich durchaus vertretbar.
Kann das Mortalitätsrisiko von Dialysepatienten gesenkt werden? – Die Datenlage:
Phosphatbinder helfen
Eine ganz neue Analyse [6] zeigt, dass neu in die Dialyse aufgenommene Patienten von einer Phosphatbindertherapie profitieren. Den Daten zufolge verbessert einePhosphatbinder-Therapie das 1-Jahres-Überleben, und zwar unabhängig von den Serum-Phosphatwerten der Patienten.
Noch kann nicht abschließend gesagt werden, ob eine calciumfreie Phosphatbindertherapie hinsichtlich der Mortalität einer calciumhaltigen Therapie überlegen ist. Die DCOR-Studie, die beide Therapien prospektiv verglich, fiel negativ aus. Möglicherweise war dieses Ergebnis einer zu kurz gewählten Studiendauer geschuldet, denn die Mortalitätskurven trennten sich erst ab dem 2. Jahr. Dann erst traten in der Gruppe der mit calciumfreien Phosphatbinder behandelten Patienten weniger Todesfälle auf – insgesamt war das Ergebnis jedoch nicht signifikant.
Hohes Dialysat-Calcium ist problematisch, besonders bei hyperphosphatämischen
Patienten
Ok et al. [7] zeigen, dass ein hohes Dialysat-Ca den Progress von Gefäß-Verkalkungen und der adynamen Knochenerkrankung begünstigt. In dieser prospektiven Studie wurden 425 Patienten randomisiert und erhielten zwei Jahre entweder ein 1,25 mmol/l-Dialysat-Ca oder ein 1,75 mmol/l-Dialysat-Ca. Die Gruppe mit dem niedrigeren Dialysat-Ca schnitt hinsichtlich verschiedener Knochenparameter sowie hinsichtlich des Koronar-Kalk-Scores besser ab. Einen besonders schlechten Koronar-Kalk-Score hatten Patienten unter hohem Dialysat-Ca, wenn sie auch hohe Serum-Phosphatwerte aufwiesen. Bei Patienten mit Hyperphosphatämie sollte daher unbedingt auf ein hohes Dialysat-Ca verzichtet werden.
Cinacalcet könnte die Mortalität senken
Block et al. [8] zeigten retrospektiv, dass durch die Therapie mit dem Calcimimetikum Cinacalcet eine 30%ige Reduktion der Mortalität von Hämodialysepatienten zu erreichen ist. Es handelt sich bei dieser Untersuchung um eine Analyse der klinischen und laborchemischen Verläufe aller HD-Patienten der US-amerikanischen „Da Vita“- Zentren (n=45.312) nach Zulassung von Cinacalcet, also ab Januar 2004. Diese Ergebnisse werden nun prospektiv randomisiert in der EVOLVE-Studie [9] überprüft. Eine weitere prospektive Studie (ADVANCE) untersucht derzeit die Auswirkungen von Cinacalcet auf die kardiovaskuläre Verkalkung.
Vitamin D könnte die Mortalität senken
Auch eine Therapie mit aktiven Vitamin D könnte die Mortalität senken. Verschiedene Kohortenstudien mit hohen Patientenzahlen [10, 11] wiesen einen signifikanten Überlebensvorteil unter Vitamin D-Therapie nach. Prospektive Daten stehen allerdings noch aus.
Literatur
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Floege J et al. Abstract ASN 2008 [F-PO1746]
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National Kidney Foundation. Am J Kidney Dis 2003; 42 (Suppl. 3): S1-S201
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Gauci C et al. JASN, 2008; 19(8):1592-1598
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KDIGO Clinical Practice Guideline for CKD-MBD. Kidney Int 2009; 76 (Suppl. 113)
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London GM et al, JASN 2008; 19: 1927-35
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Isakova T et al. JASN 2009, in press
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Ok E et al. Abstract ASN 2008 [LB-005]
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Block G et al. Abstract ASN 2008 [F-FC329]
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Chertow GM et al. Clin J Am Soc Nephrol 2007, 2: 898-905
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Teng M et al. J Am Soc Nephrol. 2005;16:1115–1125
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Kalantar-Zadeh K et al. Kidney Int. 2006;70:771–780
Quelle: Symposium der Firma Amgen zum Thema „Sind Grenzen des Fortschrittes der Therapie chronisch Nierenkranker erreicht?“ am 27.09.2009 in Göttingen (albersconcept).