MEDIZIN

DOC-CHECK LOGIN

Psychiatrische Versorgung von Pflegekindern verbessern

Ulmer Kinder- und Jugendpsychiatrie entwickelt Praxismanual für Jugendhilfeeinrichtungen/Gefördert von der World Childhood Foundation

 

Ulm (23. August 2011) – Jährlich bringen Jugendämter in Deutschland über 10.000 Kinder in Pflegefamilien unter. 2009 lebten 57.452 Kinder in Deutschland Vollzeit in Pflegefamilien (Quelle: Statistisches Bundesamt). Diese Kinder haben in ihrer Herkunftsfamilie oft Vernachlässigung, körperliche Misshandlung oder sexuellen Missbrauch erlebt und sind in Folge solch traumatischer Erfahrungen häufiger als andere Kinder von Entwicklungsstörungen und psychischen Störungen betroffen.

 

„Jugendämter sind häufig nicht genügend für die spezifischen Probleme traumatisierter Kinder sensibilisiert“, erklärt Sylvia Oswald, Psychologin an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie und Koordination des Projekts „Traumafolgen bei Pflegekindern“, das von der World Childhood Foundation mit 65.000 Euro gefördert wurde. Mit dem Ziel, die Vernetzung von Jugendhilfe und Therapieeinrichtungen voranzutreiben und damit die psychiatrische Versorgung traumatisierter Pflegekinder zu verbessern, unterstützte das zweijährige Projekt Jugendhilfeeinrichtungen in ihrer Arbeit mit Pflegekindern und -familien. Dabei ist ein Praxismanual mit wichtigem Hintergrundwissen zu Traumafolgestörungen sowie mit hilfreichen Materialien zum Umgang mit traumatisierten Pflegekindern entstanden. Das Handbuch ist kostenlos zum Download auf der Homepage der Klinik erhältlich.

„Pflegekinder erhalten häufig sehr spät eine psychologische bzw. psychiatrische Behandlung. Kinder werden oft erst dann in unserer Pflegekinderambulanz vorgestellt, wenn die Pflegefamilien bereits an ihrer Belastbarkeitsgrenze angekommen sind. Oft stehen wir dann zusätzlich vor dem Problem, dass die Vorgeschichte des Kindes weder dem zuständigen Jugendamt noch der Pflegefamilie ausreichend bekannt ist. Die Vorgeschichte ist aber der Schlüssel zu einer zuverlässigen Traumadiagnostik und einer fachgerechten Behandlung von Traumafolgen“, erläutert Dr. Sylvia Oswald. Eine typische psychische Traumafolgestörung ist zum Beispiel die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Häufig weisen Pflegekinder als Folge verschiedener Risikofaktoren auch Entwicklungsverzögerungen auf, z.B. im motorischen oder sprachlichen Bereich.

„Mitarbeiter in Jugendhilfeeinrichtungen sollten in der Lage sein, diese Zeichen zu deuten. Denn nur dann können Pflegekinder rechtzeitig in psychologische oder psychiatrische Behandlung gegeben werden, die auch Aussicht auf Erfolg hat. Dies wirkt sich wiederum positiv auf das Zusammenleben in der Pflegefamilie aus. Jugendämter brauchen unsere Unterstützung, damit sie die richtige Vorarbeit leisten können“, sagt Prof. Dr. Lutz Goldbeck, Leiter der Sektion Psychotherapieforschung und Verhaltensmedizin an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie und Leiter des Projekts.

Hier setzte die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie mit ihrem Projekt „Traumafolgen bei Pflegekindern“ und der Ausarbeitung des Praxismanuals an. Dieses klärt zum einen über typische Probleme von Pflegekindern auf. Dazu Dr. Sylvia Oswald: „Mitarbeiter in Jugendämtern brauchen hier das nötige Hintergrundwissen, um Hinweise auf Traumafolgestörungen erkennen zu können.“ Zudem enthält das Handbuch nützliche Werkzeuge in Form von Fragebögen und Gesprächsleitfäden, die dabei helfen sollen, mögliche Anzeichen für Traumafolgestörungen feststellen zu können. Außerdem klärt das Manual darüber auf, welche Schritte jeweils einzuleiten sind und wo die Jugendämter Hilfe bekommen können, z.B. mit Listen wichtiger Internetadressen oder einer Übersicht über Behandlungs- und Förderprogramme für traumatisierte Kinder. Insgesamt 24 Jugendämter aus ganz Deutschland, davon acht aus Baden-Württemberg und 13 aus Bayern, sowie fünf Pflegeelternorganisationen aus Baden-Württemberg nahmen an den hierzu angebotenen Fortbildungsveranstaltungen teil.

Das Feedback der teilnehmenden Jugendhilfeeinrichtungen war laut Oswald durchweg positiv: „Uns ist aufgefallen, dass es einen großen Bedarf an Hilfestellung und Unterstützung im Umgang mit Pflegekindern und -familien gibt. Das Praxismanual wurde als hilfreich empfunden. Die Fragebögen gaben Orientierung, mit Hilfe der Leitfäden fiel es den Teilnehmern z.B. leichter, mit den Kindern eine gute Gesprächsbasis herzustellen“, schließt Dr. Sylvia Oswald. „Wir hoffen nun, dass die Inhalte des Projektes, speziell das von uns entwickelte Praxismanual, weiter Verbreitung finden und einen positiven Einfluss auf die Arbeit von Jugendämtern haben.“

 

 


Quelle: Universitätsklinikum Ulm, 23.08.2011 (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…