Neues Forschungsprojekt

"Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster" startet

 

  • Weltweit größte Erhebung untersucht Versorgung von Schmerz­patienten auf Stadtebene
  • Patienten und städtische Gesundheits­einrichtungen sollen von Neustrukturierungen und Vernetzungen profitieren

 

Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster.jpgMünster (23. März 2010) – Mit dem ’Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster’ startet jetzt ein auf drei Jahre angelegtes Forschungsprojekt, das erstmals über Institutionsgrenzen hinweg die komplexe Ver­sorgung von Schmerz­patienten innerhalb eines städtischen Gesund­heits­systems unter­sucht. „Ziel des Aktionsbündnisses ist es, Wissens- und Versorgungs­lücken an den Schnitt­stellen städtischer Gesundheits­einrichtungen zu erkennen und zu schließen“, erläutert Projektleiter Professor Dr. Jürgen Osterbrink von der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salz­burg im Rahmen eines Pressegesprächs zum Start des Modellprojektes. So soll zukünftig eine optimale Schmerz­betreuung für Patienten auf kommunaler Ebene erleichtert werden. Die parallel laufende gesundheits-ökonomische Begleitung der Studie untersucht zudem Nutzen, Kosten und Wirtschaftlich­keit der Interventionen. „In Münster wird in allen sechs Kranken­häusern, allen Hospizen und Palliativ­stationen sowie in zwei Schmerzpraxen und 20 Pflegeein­richtungen der Ist-Zustand des Schmerzmanagements evaluiert“, so Osterbrink. Auf Basis der Ergebnisse werden Optimierungsvorschläge für eine vernetzte Schmerz­betreuung erarbeitet, implementiert und ab­schließend eine Re-Evaluation durch­geführt. „Regelmäßiges Messen und Dokumentieren der Schmerzinten­sität sowie standardisierte Therapie­algorithmen sind beispielsweise Voraussetzung für eine effektive schmerz­therapeutische Versorgung“, ergänzt Professor Dr. Esther Pogatzki-Zahn. Die Oberärztin am Universi­täts­klinikum Münster verantwortet im Modellprojekt den Sektor Krankenhäuser.

 

Das in Art und Größe weltweit einzigartige Modellprojekt wird von der Stadt Münster, dem Land Salzburg und dem Unternehmen Mundipharma, Limburg, gefördert. Weitere 14 Kooperationspartner – unter anderem Einrichtungen des städtischen Gesundheits­wesens, Fachgesellschaften, die Apotheker­kammer Westfalen-Lippe und die Barmer GEK – unterstützen ideell. „Für uns als Versichertenvertreter und Versorgungsmanager ist die genaue Kenntnis regionaler Strukturen wichtig, um bedarfsgerechte und flächendeckende Angebote zu schaffen“, betont Birgit Fischer, Vorstands­vorsitzende der Barmer GEK. „Es bedarf der gemeinsamen Anstrengung aller in Medizin und Pflege Beteiligten, um langfristig eine optimale und effiziente Versorgung von Schmerzpatienten zu gewährleisten“.

 

Eine adäquate Schmerztherapie sollte im Deutschland des 21. Jahrhunderts kein Problem darstellen. Obwohl innovative Analgetika, neuste apparative Methoden und modernste Therapieformen zur Verfügung stehen, gibt es massive Defizite bei der Versorgung von Schmerz­patienten. Zum Beispiel leiden über 80 Prozent der Patienten postoperativ an Schmerzen, obwohl diese vorhersehbar und damit zu verhindern wären. Selbst eine optimale Schmerztherapie endet oft, sobald der Patient das Krankenhaus verlässt. „Ursache dieses Missstands ist vor allem die fehlende Vernetzung und Abstimmung zwischen den ver­schiedenen Institutionen und Akteuren des Gesundheitssystems“, sagt Professor Dr. Jürgen Osterbrink, Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salz­burg, im Rahmen des Presse­gesprächs zum offiziellen Start des Aktionsbündnisses Schmerzfreie Stadt Münster. Die seit Jahren bestehende Forderung nach vernetzter Schmerzbetreuung „soll nicht länger ungehört verhallen“.

 

 

Projektstart: Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster

 

Genau dort setzt das neue Forschungsprojekt an: In den nächsten drei Jahren geht es in Münster darum, „einen tiefen Einblick in die Versorgungs­struktur einer Kommune zu erlangen, Optimierungs­möglichkeiten aufzuzeigen und somit Schnittstellenproblematiken zu lösen und Versorgungslücken zu schließen“ erklärt der wissen­schaftliche Projektleiter Osterbrink. „Wir haben Münster als Modell­stadt ausgewählt, da hier Parameter wie Einwohnerzahl, Gesund­heits- und Krankendaten sowie die Sozialstruktur den Anforde­rungen an das Projekt entsprechen“. Insgesamt werden circa 30 Institutionen untersucht. Hierzu gehören alle sechs Münsteraner Krankenhäuser, alle Hospize und Palliativstationen sowie zwei Schmerz­praxen und zehn nach einem randomisierten System zugeordnete Altenheime und zehn ambulante Pflegedienste. Das Projekt beginnt mit der Erhebung des Ist-Zustands des Schmerzmanagements in den jeweiligen Einrichtungen. Als Instru­mente dienen Fragebögen für das medizinische und pflegerische Personal sowie für Patienten und Angehörige. Auf Basis der Ergebnisse erarbeitet ein Expertenteam Optimierungsvorschläge zum Schmerz­management, die sich an medizi­nischen und pflegerischen internationalen Qualitätsstandards orientieren. Wesentlicher Bestan­dteil ist das Messen und die Dokumentation der Schmerz­intensität. Eine Verbesserung der Schmerztherapie soll zudem durch die Etablierung fach- und berufs­übergreifender Therapiestandards bei akuten und chronischen Schmerzen erreicht werden sowie durch eine aufeinander abge­stimmte medikamentöse und nicht-medikamentösen Behandlung. Nach der Implementierung werden alle Einrichtungen re-evaluiert.

 

 

Behandlungsrichtlinien über Institutionsgrenzen hinweg wichtig

 

„Am Universitätsklinikum Münster gibt es bereits Interventions­grenzen und Behandlungsrichtlinien, die eine frühzeitige und effektive Anal­gesie gewährleisten“, sagt Professor Dr. Esther Pogatzki-Zahn. Die Oberärztin an der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin weist darauf hin, wie wichtig es ist, solche Therapiealgorithmen einzuführen. Sie regeln zum Beispiel die Inter­aktion zwischen Ärzten verschiedener Abteilungen und zwischen verschiedenen Berufsgruppen und sorgen für eine regelmäßige Schmerzmessung und -dokumentation. „Die Einführung dieser Neuerungen erfolgte nach intensiven Schulungen und Weiter­bildungen der Ärzte und des Pflegepersonals. Die Zuständig­keiten der Pflegenden – die den engsten Patientenkontakt haben – wurden gestärkt“ so Pogatzki-Zahn. Doch all das hilft dem Patienten nur, wenn das Schmerzmanagement über Institutionsgrenzen hinweg funktioniert. „So profitieren zum Beispiel Tumorpatienten nur dann von einer multidiszi­plinären schmerztherapeutischen Behandlung, wenn die Schnittstellen der Versorgung optimal vernetzt sind“, erklärt die Oberärztin. Die Schmerzen eines Tumorpatienten müssen effektiv gelindert werden, egal ob er sich im Krankenhaus, zu Hause in einem Pflegeheim oder auf einer Palliativstation befindet.

 

 

Schmerzen als Kostenfaktor

 

Das Aktionsbündnis soll zudem aufzeigen, dass eine bessere Versorgung von Schmerzpatienten auch unter Wirtschaftlichkeits­aspekten positive Auswirkungen auf das Gesundheitssystem hat. Die parallel laufende gesundheitsökonomische Begleitung der Studie untersucht daher Nutzen, Kosten und Wirtschaftlichkeit der Interventionen. Es wird geprüft, inwieweit sich beispielsweise der Ressourceneinsatz bei stationärer Therapie, bei Arzt- und Pflegebesuchen oder bei der Arzneimittelgabe verändert. Der Patientenbenefit – eine verbesserte Lebensqualität – soll quantifiziert werden. Das in Art und Größe weltweit einzigartige Modellprojekt wird von 14 Kooperationspartnern – unter anderem von Einrichtungen des städtischen Gesundheits­wesens, Fachgesellschaften und der Apotheker­kammer Westfalen-Lippe – ideell unterstützt. Krankenkassen­partner ist die Barmer GEK. Birgit Fischer, Vorstandsvorsitzende, betont, „dass Schmerz der häufigste Grund ist, einen Arzt aufzusuchen. Für uns als Versichertenvertreter und Versorgungsmanager ist deshalb die genaue Kenntnis über regionale Strukturen wichtig, um bedarfsgerechte und flächendeckende Angebote zu schaffen. Wir möchten, dass die Behandlungsqualität und damit die Zufriedenheit der Patienten steigt“. Fördermittel stellen die Stadt Münster und das Land Salzburg zur Verfügung. Zusätzlich wird das Projekt durch den im Schmerzbereich führenden Arzneimittelhersteller Mundipharma, Limburg, unterstützt, der damit die Weiterentwicklung der Schmerztherapie und die Versorgungsmöglichkeiten verbessern möchte. „Eine optimale regionale Versorgung von Schmerzpatienten könnte in Münster bald Realität werden. Das gelingt nur mit einem starken Netzwerk. Wir hoffen, 2013 sagen zu können, dass Münster Modellcharakter für andere Städte hat“, so Osterbrink. 

 

Weitere Informationen zum Projekt sind unter www.schmerzfreie-stadt.de  

 

 

Kooperationspartner „Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster“:

 

  • Apothekerkammer Westfalen-Lippe,
  • Barmer GEK,
  • Bezirksregierung Münster,
  • Gesellschaft für Qualifizierte Schmerztherapie Certcom e.V.,
  • Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK),
  • Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e.V. (DGP),
  • Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. (DGSS),
  • Facharztinitiative Münster,
  • Hausärzteverbund Münster (HVM),
  • MEDICA Deutsche Gesellschaft für Interdisziplinäre Medizin e.V.,
  • Palliativnetz Münster e.V.,
  • Praxis für ganzheitliche Schmerztherapie Münster,
  • Schmerztherapiezentrum Münster,
  • Universitätsklinikum Münster (UKM),

  • Fördermittel stellen die Stadt Münster sowie das Land Salzburg zur Verfügung. Zusätzlich wird das Aktionsbündnis durch das Unternehmen Mundipharma unterstützt.

 

 

Download

 

Univ.-Prof. Dr. Jürgen Osterbrink zum Thema "Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster – Bedeutung über Stadtgrenzen hinaus": Abstract Osterbrink.pdf Abstract Osterbrink.pdf (108.01 KB)

 

Prof. Dr. Esther Pogatzki-Zahn zum Thema: "Schmerzfrei oder schmerzvoll – die aktuelle Versorgungssituation von Schmerzpatienten": Abstract Pogatzki-Zahn.pdf Abstract Pogatzki-Zahn.pdf (107.22 KB)

 

Birgit Fischer zum Thema: "Was kostet der Schmerz? – Potential der vernetzten Schmerzversorgung": Abstract Fischer.pdf Abstract Fischer.pdf (105.68 KB)

 

Daten und Fakten zum Thema Schmerz in Deutschland: Daten und Fakten zum Thema Schmerz in Deutschland.pdf Daten und Fakten zum Thema Schmerz in Deutschland.pdf (28.21 KB)

 

Fact Sheet "Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster": Fact Sheet Aktionsbuendnis Schmerzfreie Stadt Muenster.pdf Fact Sheet Aktionsbuendnis Schmerzfreie Stadt Muenster.pdf (25.51 KB)

 

Broschüre "Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster": Broschuere_Aktionsbuendnis SFS Muenster.pdf Broschuere_Aktionsbuendnis SFS Muenster.pdf (1.91 MB)

 

 

 


 

Quelle: Pressekonferenz „Modellprojekt zur Versorgungsforschung – Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster gestartet“, 23. März 2010, Münster (Dorothea Küsters Life Science Communications).

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