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Roche Pharma AG: ASCO 2008

Innovationen in der Krebsbehandlung werden Therapiestandard 

 

Köln (2. Juli 2008) – Die 44. Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO), zu der vom 30. Mai bis 3. Juni zirka 33.000 Delegierte aus aller Welt nach Chicago/Illinois kamen, zeichnete sich erneut durch beeindruckende Fortschritte in der Krebstherapie aus. Im Fokus dieses Jahr: Studien mit innovativen Substanzen in der breiten Anwendung, die bei Lungenkrebs, Brustkrebs, Darm- und Nierenkrebs neue Therapiestandards setzten.

 

Bevacizumab beim fortgeschrittenen Lungenkarzinom:

Überlebenszeitgewinn bei günstigem Sicherheitsprofil

 

Der VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor)-Hemmer Bevacizumab (Avastin®) hat sich nach seiner Zulassung 2006 in den USA und 2007 in Europa als eine tragende Säule in der First-Line-Therapie des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) etabliert. Wichtige Gründe hierfür sind die positiven Ergebnisse der beiden Zulassungsstudien, in denen der VEGFAntikörper mit verschiedenen Platin-haltigen Doubletten kombiniert wurde. Beide Phase-III-Studien erreichten ihren primären Endpunkt, wobei in der US-amerikanischen Studie ECOG-E4599 das mediane Gesamtüberleben erstmals auf über 12 Monate verlängert werden konnte (1). Die kürzlich in Chicago vorgestellten Daten bestätigten den therapeutischen Stellenwert des VEGF-Hemmers auch bei nicht-selektionierten Patienten und solchen mit Hirnmetastasen.

 

Update der SAiL-Studie

In der SAiL (Safety of Avastin in Lung)-Studie wird bei geplanten zirka 2.000 Patienten in weltweit 400 Zentren die Sicherheit einer Erstlinientherapie mit Bevacizumab in der täglichen Praxis untersucht, wobei auch ältere Patienten und/oder solche mit reduziertem Allgemeinzustand eingeschlossen werden. Dabei wird Bevacizumab in Kombination mit unterschiedlichen Standardchemotherapieregimen über bis zu 6 Zyklen und bei Ansprechen anschließend als Monotherapie bis zum Progress gegeben.

 

Eine von Professor Frank Griesinger, Oldenburg, beim ASCO 2008 vorgestellte Interimsanalyse von 1.065 Patienten zeigte, dass zirka 75 % eine Begleitmedikation erhielten, wobei 32 % mit Medikamenten gegen kardiovaskuläre Erkrankungen und 3 % mit Antikoagulanzien behandelt wurden. Beide Begleitmedikationen interagierten nicht mit dem Bevacizumab-Regime: Weder beeinträchtigte der VEGF-Hemmer das Management hypertensiver Ereignisse noch erhöhte die Antikoagulation das Blutungsrisiko. Wie im Gesamtkollektiv betrug die Blutungsrate auch bei den antikoagulierten Patienten 17 %, wobei keine schweren Blutungen >Grad 3 auftraten (2).

 

Die Ergebnisse einer weiteren Interimsanalyse der SAiL-Studie bestätigten das günstige Sicherheitsprofil von Bevacizumab in Kombination mit unterschiedlichen Chemotherapien. Trotz einer bei 12 Patienten nachgewiesenen ZNS-Progression wurden keine Blutungen im Zentralnervensystem beobachtet (3).

 

Patienten mit Hirnmetastasen

Dass der VEGF-Antikörper auch bei zerebraler Metastasierung ein günstiges Sicherheitsprofil aufweist, zeigte die Auswertung von 85 Patienten mit behandelten Hirnmetastasen, die in den Studien ATLAS und PASSPORT mit verschiedenen Bevacizumab-haltigen Kombinationen über median vier Zyklen behandelt worden waren. In dieser Zeit wurde bei keinem Patienten eine symptomatische ZNS-Blutung festgestellt. Bei der nach zerebralem Progress anschließend eingeleiteten Therapie war ein Patient, der im Rahmen der ATLAS-Studie 14 Zyklen mit Bevacizumab erhalten hatte, von einer Grad 2-ZNS-Blutung betroffen (4).

 

Pulmonale Blutungen

Auch das Risiko pulmonaler Blutungen (PH) ist gering. Dies zeigte die retrospektive Analyse von insgesamt 1.142 Patienten, die in drei großen klinischen Studien mit Bevacizumab behandelt worden waren. Innerhalb der ersten 150 Tage nach Therapiebeginn waren 21 Patienten (1,8 %) von einer PH betroffen, wobei das Risiko weder mit dem Geschlecht, Alter und Allgemeinzustand noch einer vorausgegangenen Operation oder Strahlentherapie korrelierte (5).

 

 

Erlotinib beim fortgeschrittenen NSCLC
Neuer Therapiestandard in der Zweitlinientherapie mit Potenzial bei nicht vorbehandelten Patienten

 

Bei Patienten mit Progress oder Rezidiv nach einer First-Line-Therapie gilt heute Erlotinib (Tarceva®) als neuer Therapiestandard. Bei der diesjährigen ASCO-Tagung vorgestellte Daten belegten die konsistent gute Wirksamkeit des oralen EGFR (Epidermal Growth Factor Receptor)-Inhibitors bei allen Subgruppen und zeigten darüber hinaus, dass auch nicht vorbehandelte NSCLC Patienten im fortgeschrittenen Stadium von Erlotinib profitieren.

 

Update der TRUST-Studie

Für die aktuelle Auswertung der internationalen Phase-IV-Studie TRUST wurden mehr als 7.000 Patienten nach Geschlecht, Raucherstatus und Tumorhistologie in sechs Gruppen differenziert. Bei Krankheitskontrollraten (CR+PR+SD) zwischen 59 und 80 % profitierten Männer ebenso von Erlotinib wie Frauen: Mit median 5,95 und 5,58 Monaten überlebten männliche und weibliche Raucher/Exraucher mit Plattenepithelkarzinom nahezu gleich lang. Alle 6 definierten Untergruppen profitierten von der Erlotinib-Therapie im Median mit 14,3 Wochen deutlich länger als die Patienten der BR21-Studie mit median 9,7 Wochen. Diese Ergebnisse zeigen eindrücklich den Nutzen von Erlotinib im klinischen Alltag (6).

 

Dosiseskalation bei Rauchern

Da Raucher im Vergleich zu Nichtrauchern relativ niedrige Erlotinib-Plasmaspiegel aufweisen, wird in einer laufenden Phase-II-Studie zur First-Line-Therapie untersucht, ob diese Patientengruppe von einer entsprechenden Dosiseskalation profitiert. Während Nichtraucher Erlotinib in der üblichen Dosierung von 150 mg/Tag einnehmen, kann die Dosierung bei Rauchern/Exrauchern in Abhängigkeit von der Verträglichkeit in 50 mg-Schritten auf bis zu 300 mg/Tag erhöht werden.

 

Die aktuelle Auswertung von bisher 41 Patienten zeigte nicht nur die Machbarkeit dieses Vorgehens, sondern führte bei den Rauchern/Exrauchern auch zu ähnlichen hohen Ansprechraten wie bei den Nichtrauchern: Die Nicht-Progressionsrate (NPR) nach acht Wochen betrug in dieser Gruppe 50 % (Nichtraucher: 67 %), die Krankheitskontrollrate (CR+PR+SD) wurde mit 88 % (Nichtraucher: 92 %) angegeben (7).

 

FAST-ACT: First-Line-Therapie mit sequenziellem Erlotinib

Die sequenzielle Gabe von Chemotherapie und Erlotinib erwies sich in der FAST-ACT-Studie als weiterer viel versprechender Therapieansatz bei chemotherapie-naiven NSCLC-Patienten (Stadium IIIB/IV). In der plazebokontrollierten Phase-II-Studie wurde der EGFR-Inhibitor (150 mg/Tag) jeweils an den Tagen 15 bis 28 eines 4-wöchigen Chemotherapiezyklus (Gemcitabin + Carboplatin oder Cisplatin) und bei Ansprechen nach bis zu sechs Therapiezyklen zur Erhaltung als Monotherapie eingenommen.

 

Die sequenzielle Therapie mit Erlotinib verbesserte die objektive Ansprechrate (CR/PR) von 24,4 (Chemotherapie + Plazebo) auf 36,8 % und verlängerte signifikant das progressionsfreie Überleben von median 5,5 auf 7,2 Monate (p=0,005). Das mittlere Gesamtüberleben war bisher in keinem Studienarm erreicht. Die im Erlotinib-Arm erwartungsgemäß höhere Rate an Akne-ähnlichen Hautreaktionen (Rash) und Diarrhö hatte keine negativen Auswirkungen auf das Sicherheitsprofil der Chemotherapie (8).

 

 

AVADO-Studie:
Avastin® beim fortgeschrittenen Mammakarzinom auch in Kombination mit Docetaxel überlegen

 

Der seit 2007 in Kombination mit Paclitaxel zur First-Line-Therapie zugelassene VEGF-Antikörper Bevacizumab (Avastin®) ist auch in Kombination mit dem häufig eingesetzten Taxan Docetaxel hochwirksam, so das Fazit der bei der ASCO-Tagung als Late Breaking Abstract präsentierten internationalen Studie AVADO (AVASTIN® and DOCETAXEL in mBC).

 

In der 3-armigen, doppelblinden, plazebokontrollierten Phase-III-Studie wurden 736 im fortgeschrittenen Stadium nicht vorbehandelte Patientinnen mit lokal rezidiviertem oder metastasiertem, HER2-negativem Mammakarzinom randomisiert. Die Patientinnen erhielten bis zu neun Zyklen Docetaxel (100 mg/m2, alle 3 Wochen) oder Docetaxel in Kombination mit Bevacizumab (7,5 oder 15 mg/kg; alle 3 Wochen) und der VEGF-Antikörper bzw. Plazebo wurde anschließend bis zum Progress oder dem Auftreten inakzeptabler Toxizität als Erhaltungstherapie gegeben. Primärer Endpunkt der AVADO-Studie war das PFS.

 

Nach einem medianen Follow-up von zirka 11 Monaten zeigte sich in beiden Bevacizumab-Armen eine signifikante Verbesserung des PFS. Das Risiko der Frauen, einen Progress ihrer Erkrankung zu erleiden, war bei der 7,5mg-Dosis um 31 % verringert (HR 0,69; p=0,0035), bei der höheren Dosis sogar um 39 % niedriger (HR 0,61; p<0,0001) als bei der Docetaxel-Monotherapie. Auch die Remissionsraten der zusätzlich mit Bevacizumab behandelten Frauen waren deutlich höher (7,5mg-Dosis: 55,2 %; 15,0mg-Dosis: 63,1 % vs. Docetaxel-Mono: 44,4 %). Daten zum Gesamtüberleben liegen in Anbetracht der relativ kurzen Nachbeobachtungszeit noch nicht vor und werden erst im Jahr 2009 erwartet.

 

Die erhöhte Effektivität der Bevacizumab-haltigen First-Line-Therapie war nicht mit zusätzlichen, unerwarteten Nebenwirkungen assoziiert, wobei der VEGF-Antikörper das bekannte Nebenwirkungsprofil von Docetaxel nur geringfügig beeinflusste (9).

 

 

Mammakarzinom:
Kontinuierliche Gabe von Herceptin® über den Progress hinaus

 

Patientinnen mit HER2-positivem Mammakarzinom profitieren in allen Therapielinien von Trastuzumab (Herceptin®). Unklar war aber bisher, ob Frauen nach Progress unter dem HER2-Antikörper auch einen Nutzen von der Weiterführung einer Trastuzumab-basierten Therapie haben. Diese Frage ist nun durch die viel beachteten Ergebnisse einer randomisierten Studie beantwortet, die Professor Gunter von Minckwitz bei der diesjährigen ASCO-Tagung präsentierte. Damit etabliert Trastuzumab sich endgültig als Herzstück der Therapie der HER2-positiven Brustkrebspatientin.

 

Verlängerung des progressionsfreien und Gesamtüberlebens

In die Phase-III-Studie GBG-26/BIG 3-05 wurden 156 Patientinnen mit metastasiertem, HER2-positivem Mammakarzinom eingeschlossen, die den HER2-Antikörper überwiegend als First-Line-Therapie in Kombination mit einem Taxan erhalten hatten und unter der Trastuzumab-basierten Therapie progredient waren. Randomisiert erhielten sie anschließend eine Monotherapie mit dem oralen 5-FU-Prodrug Capecitabin (Xeloda®, 1.250 mg/m2, zweimal täglich, Tag 1-14) oder Capecitabin in Kombination mit Trastuzumab (6 mg, alle 3  Wochen). Primärer Studienendpunkt war die Zeit bis zur Progression (TTP), also dem erneuten Fortschreiten der Erkrankung.

 

Obwohl die Studie nach Publikation der ersten positiven Ergebnisse zu Lapatinib vorzeitig beendet wurde, beteiligten sich doch genügend Patientinnen an der Studie, um eine abschließende Bewertung zu ermöglichen. Die Ergebnisse nach einem medianen Follow-up von 15,6 Monaten belegen den Nutzen der kontinuierlichen Gabe von Trastuzumab über den Progress hinaus. Verglichen mit den Patientinnen im reinen Capecitabin-Arm, lebten die kombiniert mit dem HER2-Antikörper behandelten Frauen im Mittel fast drei Monate länger ohne Fortschreiten ihrer Erkrankung (TTP: 5,6 vs. 8,2 Monate), das relative Risiko des Fortschreitens der Erkrankung wurde statistisch signifikant um 31 % reduziert (Hazard Ratio 0,69; p=0,03).

 

Die mediane Überlebensdauer stieg im Trastuzumab-Arm um zirka 5 Monate (20,4 vs. 25,5 Monate) bei einer tendenziellen Verringerung des Sterberisikos um 24 % (HR 0,76; p=0,26). Die Ansprechraten betrugen 48 %, gegenüber 27 % bei alleiniger Einnahme von Capecitabin (p=0,01) (10).

 

Trastuzumab + Lapatinib bei stark vorbehandelten Patientinnen

Dass die Weiterbehandlung mit Trastuzumab auch Vorteile bei stark vorbehandelten Patientinnen (im Mittel vier Vortherapien in der fortgeschrittenen Erkrankungssituation) hat, die nach Progression unter dem HER2-Antikörper Trastuzumab zusätzlich den Tyrosinkinase-Inhibitor Lapatinib erhalten, zeigten die Ergebnisse einer weiteren Phase-III-Studie . Die zusätzliche Gabe des HER2-Antikörpers (Initialdosis 4 mg/kg, 2 mg/kg/Woche) verbesserte die klinische Benefit-Rate (CR+PR+SD ≥6 Monate) statistisch signifikant von 12,4 auf 24,7 % (p=0,01) und reduzierte das Risiko des Fortschreitens der Erkrankung signifikant um fast ein Drittel (27 % (HR 0,73; p=0,008)). Das PFS konnte von median 8,1 auf 12,0 Wochen verbessert werden. Diese Kombination scheint intensivst vorbehandelten HER2-positiven Patientinnen noch einen nachweisbaren Nutzen zu bringen (11).

 

 

Xeloda® beim Mammakarzinom:
Aktuelle Daten belegen Benefit auch in der First-Line-Therapie

 

Beim metastasierten Mammakarzinom ist Capecitabin (Xeloda®) derzeit zugelassen nach Vorbehandlung mit einem Anthrazyklin sowie nach Versagen einer Anthrazyklin- und Taxantherapie. Aufgrund der überzeugenden Wirksamkeit hat das orale Prodrug von Fluorouracil (5-FU) in den aktuellen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft für Gynäkologische Onkologie (AGO) den höchsten Empfehlungsgrad „++“ erhalten (12). Auf der ASCOJahrestagung 2008 präsentierte Daten zeigten nun, dass auch im metastasierten Stadium nicht vorbehandelte Patientinnen von Capecitabin profitieren. „Damit könnte auch diesen Frauen eine einfache, flexible Einnahme zu Hause angeboten werden“, erklärte Professor Nadia Harbeck, Frauenklinik der Technischen Universität München. „Eine Patientenbefragung konnte zeigen, dass diese Tablettenform von den Patientinnen aufgrund des höheren Komforts gegenüber Infusionen bevorzugt wird“, so Harbeck weiter (13).

 

First-Line-Therapie mit Capecitabin + Docetaxel

Einen besonderen Nutzen von der First-Line-Therapie mit einem Capecitabin-haltigen Schema dürften Frauen haben, die bereits in der adjuvanten Situation mit einem Anthrazyklin behandelt wurden. In der gemeinsamen Auswertung der Studien ERASME-4/CAPEDOC-EPIDOC war Capecitabin/Docetaxel (XT) mindestens so gut wirksam wie die etablierte First-Line-Kombination Epirubicin/Docetaxel/ (ET). Sechs Monate nach Randomisierung betrug der Anteil der Patientinnen ohne Progress (= primärer Endpunkt) im XT-Arm 78 %, gegenüber 74 % unter ET. Das mittlere PFS wurde nach einem medianen Follow-up von 15 Monaten im Capecitabin-Arm mit 12 Monaten angegeben gegenüber 9 Monaten im Kontrollarm (p=0,08). Die mittlere Überlebenszeit betrug in beiden Therapiearmen 28 Monate (p=0,92) (14).

 

Capecitabin-haltige Dreierkombination in der Erstlinientherapie

Eine weitere Verbesserung der Prognose im Vergleich zu ET lässt sich durch eine entsprechende Dreierkombination mit Capecitabin (TEX) erreichen, wie die Ergebnisse einer beim ASCO 2008 von Mauro Mansutti präsentierten Phase-III-Studie bei 271 Patientinnen im Stadium IV zeigten. Bei guter Verträglichkeit war eine statistisch signifikante Verbesserung der Ansprechrate von 53 % (ET) auf 67 % (TEX) (p=0,02) zu verzeichnen. Die Prognose der zusätzlich mit Capecitabin behandelten Patientinnen war nach einer mittleren Beobachtungsdauer von 28,4 Monaten ebenfalls deutlich verbessert: Das PFS verlängerte sich von median 9,8 Monaten (ET) auf 12,3 Monate (TEX), während die mittlere Überlebensdauer von 27,8 auf 34,5 Monate zunahm (15).

 

Capecitabin nach Herceptin®-Progress

Den Nutzen von Capecitabin bei Patientinnen mit metastasiertem, HER2-positivem Mammakarzinom nach Progress unter Trastuzumab (Herceptin®) zeigten die viel beachteten Ergebnisse der Studie GBG-26/BIG 3-05 (siehe Studiendaten zu Trastuzumab).

 

 

Metastasiertes kolorektales Karzinom: Überlebensvorteil von Avastin® unabhängig von K-RAS-Status und Chemotherapie-Regime

 

Als derzeit einziges Biological ist der Angiogenese-Hemmer Bevacizumab (Avastin®) mit allen gängigen Chemotherapie-Regimen kombinierbar und aufgrund der nachgewiesenen Verlängerung des PFS und des Gesamtüberlebens auch in den aktuellen Leitlinien zur First-Line-Therapie empfohlen. Die jetzt bei der ASCO-Jahrestagung präsentierten Daten unterstreichen die Ausnahmestellung des VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor)-Antikörpers beim metastasierten kolorektalen Karzinom (CRC) gleich in mehrfacher Hinsicht.

 

Bereits seit einigen Jahren ist bekannt, dass CRC-Patienten mit Mutationen des Protoonkogens K-RAS von Bevacizumab in gleichem Maße profitieren wie solche mit Wildtyp (16, 17). War das K-RAS-Gen mutiert, so betrug das PFS unter der alleinigen Chemotherapie 5,5 Monate. Durch die Kombination mit Bevacizumab konnte das PFS auf 9,1 Monate gesteigert werden. Bei Wildtyp-Patienten betrug das PFS 7,2 Monate unter alleiniger Chemotherapie und 13,3 Monate, wenn zusätzlich Bevacizumab gegeben wurde. Auch das Gesamtüberleben derPatienten wurde durch die Kombination mit Bevacizumab verlängert – ebenfalls unabhängig vom K-RAS-Status (13,6 vs. 19,9 Monate bei mutiertem K-RAS-Gen und 17,6 vs. 27,7 Monate bei K-RAS-Wildtyp).

 

Dagegen ist die Wirksamkeit von Antikörpern gegen den EGF (Epidermal Growth Factor)-Rezeptor bei CRC-Patienten eindeutig vom K-RAS-Status abhängig. Nur beim K-RAS Wildtyp kann eine Verbesserung des PFS erreicht werden (um 0,5 bis 1,2 Monate). Ist das K-RAS-Gen mutiert, kann die Gabe von Cetuximab sogar das PFS verkürzen, wie verschiedene beim ASCO 2008 zu Cetuximab präsentierte Studien zeigten (18, 19).

 

Auch die zusätzliche Gabe von Cetuximab in Kombinationstherapie mit Bevacizumab ist nicht sinnvoll, wie die Ergebnisse der als Late Breaking Abstract vorgestellten Phase-III-Studie CAIRO-2 zeigen. In dieser Studie wurden 755 chemotherapeutisch nicht vorbehandelte Patienten mit fortgeschrittenem CRC randomisiert mit Capecitabin/Oxaliplatin/ Bevacizumab +/-Cetuximab behandelt. Entgegen der Studienhypothese, die von einer Verbesserung der Effektivität durch ein weiteres Biological ausging, zeigten die zusätzlich mit Cetuximab behandelten Patienten ein signifikant schlechteres PFS als die Kontrollgruppe (median 9,8 vs. 10,7 Monate; p=0,019). Bei Tumoren mit mutiertem K-RAS-Gen verkürzte die Zugabe von Cetuximab die Zeit ohne Krankheitsprogress sogar um fast 4 Monate, verglichen mit der Bevacizumab-basierten Dreierkombination (8,6 vs. 12,5 Monate; p=0,043). Patienten mit K-RAS-Wildtyp hatten weder einen Nachteil noch einen Vorteil von der zusätzlichen Gabe des EGFR-Antikörpers (PFS: 10,5 vs. 10,7 Monate; p=0,10) (20).

 

„Somit ist Avastin bei Patienten mit mutiertem K-RAS-Gen das einzige Biological, das überhaupt eingesetzt werden kann“, so Privatdozent Dr. Ullrich Graeven, Mönchengladbach. Patienten, die Bevacizumab erhalten sollen, müssen nicht auf K-RAS getestet werden, sondern die Therapie kann unverzüglich eingeleitet werden.

 

 

Xeloda® beim kolorektalen Karzinom:
Aktuelle Daten
bestätigen Vorteile gegenüber 5-FU und definieren neue Standards

 

Die orale Darmkrebstherapie mit Xeloda® (Capecitabin) hat die intravenöse Gabe von 5-Fluorouracil (5-FU) nicht nur in der Monotherapie abgelöst, sondern kann 5-FU künftig auch in Kombinationsschemata mit Oxaliplatin bzw. Irinotecan ersetzen. Capecitabin definiert damit auch in dieser Anwendung neue Therapiestandards, wie mehrere in Chicago präsentierte Studien zeigten.

 

AIO-Studie zur First-Line-Therapie des kolorektalen Karzinoms

In der randomisierten Phase-II-Studie 0604 der Arbeitsgemeinschaft für Internistische Onkologie (AIO) wurden bei 255 Patienten mit fortgeschrittenem/metastasiertem CRC die Kombinationen Bevacizumab/Capecitabin plus Oxaliplatin (AVA/XELOX) und Bevacizumab/Capecitabin plus Irinotecan (AVA/XELIRI) untersucht. Um die gastrointestinale Verträglichkeit von XELIRI zu verbessern, wurde dabei die Dosierung von Capecitabin und Irinotecan um jeweils 20 % reduziert.

 

Beide Schemata waren hoch aktiv und sicher: Unter AVA/XELOX waren 76 % der Patienten nach 6 Monaten progressionsfrei (= primärer Endpunkt), das mediane PFS betrug 10,4 Monate. Unter AVA/XELIRI belief sich der Anteil der Patienten ohne Progress nach 6 Monaten auf 84 % bei einem medianen PFS von 12,1 Monaten. Die Behandlung war sehr gut verträglich, wobei in diesem Therapiearm sogar weniger Diarrhöen auftraten als im AVA/XELOX-Arm. Die in der AIO-Studie eingesetzten reduzierten Dosierungen von Capecitabin (800 mg/m2) und Irinotecan (200 mg/m2) können daher als neues Standard-XELIRI-Regime angesehen werden (21).

 

Äquivalenz von XELOX und FOLFOX in der First-Line-Therapie

Die Ergebnisse von zwei großen Metaanalysen bestätigten erneut die Gleichwertigkeit einer Erstlinientherapie von Oxaliplatin in Kombination mit Capecitabin (XELOX) und 5-FU (FOLFOX). In der gemeinsamen Auswertung von sechs randomisierten klinischen Studien mit insgesamt 3.405 Patienten betrugen die Hazard Ratios für das PFS und Gesamtüberleben (OS) 0,98 und 1,02 (22).

 

Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen Porschen et al. in einer Metaanalyse von fünf randomisierten Phase-II- und -III-Studien mit insgesamt 2.575 Patienten, bei denen XELOX mit 5-FU verglichen worden war. Die Hazard Ratio von 1,05 sowohl für das PFS als auch das OS belegten ebenfalls eindeutig die Gleichwertigkeit von XELOX und FOLFOX in der First-Line-Therapie des metastasierten CRC (23).

 

Die finalen Ergebnisse der First BEAT-Studie, eine internationale, prospektive Beobachtungsstudie, die Sicherheit und Wirksamkeit von Bevacizumab in Kombination mit verschiedenen Chemotherapie-Regimen bei mCRC-Patienten im Praxisalltag untersucht, bestätigen die überzeugenden Ergebnisse der XELOX-Kombination mit Bevacizumab (24). Das mediane PFS betrug unter XELOX 10,8 Monate (FOLFOX 11,3 Monate; FOLFIRI 11,6 Monate).

 

Capecitabin vereinfacht nicht nur komplexe Therapieregime, es bietet den Patienten zudem eine eindeutige Verbesserung der Lebensqualität, da die Infusionsdauer sowie Ambulanzbesuche und Krankenhausaufenthalte erheblich verkürzt werden können, so Graeven. Auch eine Portimplantation ist nicht mehr notwendig.

 

 

Nierenzellkarzinom:
Update der AVOREN-Studie bekräftigt
Avastin® als Medikament der Wahl in der First-Line-Therapie

 

Grundlage der herausragenden Stellung von Bevacizumab in der Erstlinientherapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms (RCC) sind die beim letztjährigen ASCO erstmals vorgestellten Ergebnisse der AVOREN-Studie sowie die dieses Jahr präsentierten Subgruppen-Analysen, die für die First-Line-Therapie mit Bevacizumab einen hohen Patientenbenefit zeigten.

 

In der Phase-III-Studie erhielten 649 Patienten randomisiert Interferon-alfa2a (IFN) plus Bevacizumab (10 mg/kg, alle 2 Wochen) oder IFN plus Plazebo. Verglichen mit dem früheren Therapiestandard, konnte durch Zugabe des VEGF-Antikörpers das PFS nahezu verdoppelt werden (5,4 vs. 10,2 Monate; HR=0,63; p<0,0001), während die Ansprechrate auf über 30 % mehr als verdoppelt wurde (12,8 % vs. 31,4 %; p<0,0001) (25).

 

Eine protokollgemäß erlaubte Reduktion der IFN-Dosis verbesserte die Verträglichkeit der Therapie ohne die Effektivität des Schemas zu beeinträchtigen (26). Dies ermöglicht ein individuelles und effektives Therapie-management, das in der täglichen Praxis eine längere Behandlungsdauer erlaubt und damit das Potenzial für ein längeres Überleben erhöhen könnte.

 

Wirksamkeit auch bei gemischter Histologie und älteren Patienten Dass die Kombinationstherapie mit Bevacizumab nicht nur beim klarzelligen Nierenzellkarzinom effektiv ist, sondern auch RCCPatienten mit gemischter Tumorhistologie von Bevacizumab/IFN profitieren, zeigte eine Subgruppen-Analyse der AVOREN-Studie (27). Vergleichbar den Ergebnissen bei Patienten mit alleiniger Klarzellhistologie, bei denen die zusätzliche Gabe des VEGFAntikörpers das PFS von median 5,5 auf 10,2 Monate verlängerte, wurde auch in der prognostisch ungünstigen Gruppe der Patienten mit gemischter Histologie nahezu eine Verdopplung des PFS beobachtet (2,9 vs. 5,7 Monate; p<0,007; HR=0,53).

 

In einer altersspezifischen Subgruppen-Analyse der AVOREN-Studie profitierten zudem auch ältere Patienten von der Kombination mit Bevacizumab: Das PFS wurde bei älteren Patienten ≥65 Jahre durch Bevacizumab/IFN ebenfalls in signifikanter Weise wie bei jüngeren Patienten (HR 0,77) verlängert. Der VEGF-Antikörper war auch bei den älteren Patienten gut verträglich (28).

 

Neuer Therapie-Algorithmus bei fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom

Aus den vorliegenden Ergebnissen der Phase-III-Studien lässt sich, laut Professor Jürgen Wolf, Köln, ableiten, dass der Einsatz von Bevacizumab plus Interferon in der First-Line-Therapie eine optimale Nutzung der bestehenden Therapieoptionen für nicht vorbehandelte Patienten mit geringem oder mittlerem Risiko darstellt. „Avastin hat mit diesen Ergebnissen seinen Stellenwert als eine Standardtherapieoption in der Erstlinientherapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms gefestigt“, so Wolf.

 

Quellen

1.   Sandler A. et al., N Engl J Med 2006; 355: 2542-2550

2.   Griesinger F et al., ASCO 2008, Abstract 8049

3.   Dansin E et al., ASCO 2008, Abstract 8085

4.   Akerley WL et al., ASCO 2008, Abstract 8043

5.   Sandler AB et al., ASCO 2008, Abstract 8074

6.   Allan SG et al., ASCO 2008, Abstract 8081

7.   Besse B et al., ASCO 2008, Abstract 8111

8.   Lee JS et al., ASCO 2008, Abstract 8031

9.   Miles D et al., ASCO 2008, Abstract LBA1011

10. von Minckwitz G et al., ASCO 2008, Abstract 1025/Präsentation

11. O’Shaughnessy J et al., ASCO 2008, Abstract 1015/Präsentation

12. www.ago-online.org

13. Gornas M et al., ASCO 2007, Abstract 111

14. Bachelot T et al., ASCO 2008, Abstract 1049

15. Mansutti M et al., ASCO 2008, Abstract 1034

16. Hurwitz H et al., N Engl J Med 2004; 350:2335-2342

17. Ince WL et al., J Natl Cancer Inst 2005; 97:981-988

18. Bokemeyer C et al., ASCO 2008, Abstract 4000

19. Van Cutsem E et al., ASCO 2008, Abstract 2

20. Punt CJ et al., ASCO 2008, Abstract LBA4011/Präsentation

21. Reinacher-Schick AC et al., ASCO 2008, Abstract 4030

22. Cuppone F et al., ASCO 2008, Abstract 4056

23. Porschen R et al., ASCO 2008, Abstract 4055

24. Berry et al., ASCO 2008, Abstract 4025

25. Escudier B et al., ASCO 2007, Abstract 3

26. Melichar B et al., Ann Oncol 2008, Epub 11. April

27. Escudier BJ et al., ASCO 2008, Abstract 5025/Präsentation

28. Bajetta E et al., ASCO 2008, Abstract 5095


Quelle: Presse Event der Firma Roche Pharma zum Thema «Post-ASCO 2008: Aktuelle Berichterstattung zu fortschrittlicher Krebstherapie» am 2. Juli 2008 in Köln (medical relations GmbH).

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