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S3-Leitlinie „Exokrines Pankreaskarzinom“:

Empfehlung für die Kombinationstherapie mit Tarceva®

 

München (20. Mai 2008) – Die Zulassung von Erlotinib (Tarceva®) in der Indikation Pankreaskarzinom gilt als Wendepunkt in der Therapie dieses schnell und aggressiv metastasierenden Tumors. Daher wurde der orale EGFR-Inhibitor bereits vor der Zulassung in die Empfehlungen der aktuellen S3-Leitlinie „Exokrines Pankreaskarzinom“ aufgenommen. Welche Patienten besonders von Erlotinib profitieren und wie die typischen Hautreaktionen zu bewerten und gegebenenfalls zu behandeln sind, erläuterten Prof. Dr. Volker Heinemann (München) und Prof. Dr. Axel Hauschild (Kiel) bei einem Pressegespräch der Roche Pharma AG in München.(1)

Patienten mit Pankreaskarzinom haben eine sehr ungünstige Prognose, wie u. a. die aktuellen Zahlen des Robert Koch-Instituts belegen: Mit circa 12.940 Neuerkrankungen machen diese gastrointestinalen Tumoren zwar nur 3 Prozent der in Deutschland registrierten Krebsneuerkrankungen aus; mit 13.000 Todesfällen verursachen sie aber bei Männern 5,8 und bei Frauen sogar 6,7 Prozent aller Krebstodesfälle. (1)

 

Ursächlich für die hohe Sterblichkeit ist neben der schnellen und aggressiven Metastasierung vor allem die späte Diagnosestellung. Nur in 15 bis 20 Prozent der Fälle wird das Pankreaskarzinom in einem resektablem Stadium diagnostiziert, bei 60 bis 70 Prozent der Patienten ist der Tumor dagegen bereits zum Zeitpunkt der Erstdiagnose metastasiert. „Während Patienten mit kurativ reseziertem Tumor im Mittel 20 bis 22 Monate überleben, beträgt das mediane Gesamtüberleben im metastasierten Stadium nur 5 bis 9 Monate“, erläutert Prof. Heinemann.

 

Klinisch relevanter Überlebensvorteil

Grundlage der Zulassung des oralen EGFR-Inhibitors Erlotinib zur First-Line-Therapie des metastasierten Pankreaskarzinoms sind die Ergebnisse der plazebokontrollierten Phase-III-Studie PA.3, in der bei 569 Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Adenokarzinom des Pankreas die Kombination Erlotinib/Gemcitabin mit der Gemcitabin-Monotherapie verglichen wurde. (2)

Die zusätzliche Einnahme von Erlotinib verbesserte statistisch signifikant den primären Studienendpunkt: Das mediane Überleben stieg von 5,91 auf 6,24 Monate, während die 1-Jahresüberlebensrate von 17 auf 23 Prozent zunahm. Unter klinischen Aspekten besonders relevant war die Verringerung des Sterberisikos um 18 Prozent im Gesamtkollektiv (Hazard Ratio (HR) 0,82; p=0,038) bzw. um 20 Prozent bei Patienten mit metastasiertem Tumor (HR 0,80; p=0,029).

 

Hautreaktionen als Marker für den Therapieerfolg

Noch stärker als das Gesamtkollektiv profitierten in der PA.3-Studie Patienten mit stärker ausgeprägten Hautreaktionen (Rash Grad ³2) von der Kombinationstherapie mit Erlotinib. Die beobachtete Überlebenszeit von median 10,5 Monaten sowie die 1-Jahresüberlebensrate von 43 Prozent bedeuten eine beim fortgeschrittenen Pankreaskarzinom zuvor nie gesehene Verbesserung der Prognose und führten in den USA dazu, dass die Kombination Erlotinib/Gemcitabin die dort früher als Standard angesehene Gemcitabin-Monotherapie bereits abgelöst hat.

 

Empfehlung in aktueller S3-Leitlinie

In Deutschland belegt die Empfehlung von Erlotinib/Gemcitabin in der aktuellen S3-Leitlinie „Exokrines Pankreaskarzinom“ den hohen therapeutischen Stellenwert des EGFR-Inhibitors. Bei den Medikamenten zur palliativen Erstlinientherapie ist die Erlotinib/Gemcitabin-Kombination mit dem höchsten Empfehlungs- und Evidenzgrad bewertet (Empfehlungsgrad A, Evidenzstärke 1, Konsens). Dabei findet sich unter den Anmerkungen der Hinweis „Patienten, die unter der Kombinationstherapie mit Erlotinib nach 4-8 Wochen eine Hautreaktion ³ Grad 2 aufweisen, scheinen von der Therapie besonders zu profitieren.“ (3)

 

Hautausschlag: Nebenwirkung mit zwei Gesichtern

In Anbetracht der Korrelation zwischen Rash und klinischem Therapieerfolg stellt sich in der täglichen Praxis die Frage, wie die kutanen Nebenwirkungen am besten zu behandeln sind. Dabei ist nach Angaben von Prof. Hauschild pathogenetisch noch unklar, welche Patienten für die in den ersten Wochen nach Beginn einer Erlotinib-Therapie schleichend auftretenden Hautreaktionen prädisponiert sind. „Hinsichtlich des klinischen Bildes imitieren die Hautreaktionen eine Akne vulgaris oder Rosazea, pathogenetisch liegen jedoch differente Krankheitsbilder vor.“

Die kutanen Nebenwirkungen, die sich überwiegend als papulopustulöse Hautausschläge manifestieren, aber auch Rhagaden und Paronychien umfassen, werden zwar von den meisten Patienten als „störend“ empfunden; da die Hautreaktionen aber einen klinischen Therapieerfolg erwarten lassen, werden sie von den meisten Patienten toleriert, sofern sie angemessen behandelt werden.

 

Allgemeinmaßnahmen und spezifische Therapie

Zu den allgemeinen Maßnahmen bei einer Therapie mit oralen EGFR-Inhibitoren gehören eine regelmäßige und konsequente Hautpflege mit rückfettenden Präparaten sowie die Vermeidung von Irritationen der Haut durch z. B. Seifen, Spülmittel oder starke mechanische Belastungen. Papulopustulöse Hautveränderungen im Gesichts- und Dekolletébereich („akneiformes Exanthem“) können nach Aussage von Hauschild im Allgemeinen gut mit einem Metronidazol-haltigen Gel behandelt werden. „Bei schweren Formen sollte eine Kombinationstherapie mit glukokortikosteroidhaltigen Externa durchgeführt und die systemische Behandlung mit Metronidazol diskutiert werden.“ Generell wünschenswert ist dabei eine gute Zusammenarbeit zwischen Onkologen und Dermatologen.

 

Fazit für die Praxis

Die Aufnahme der Erlotinib/Gemcitabin-Kombination in die Empfehlungen der aktuellen S3-Leitlinie „Exokrines Pankreaskarzinom“ spiegelt den hohen therapeutischen Stellenwert des oralen EGFR-Inhibitors für die palliative Erstlinientherapie wieder. Patienten mit stärker ausgeprägten Hautreaktionen scheinen von der zielgerichteten Therapie besonders zu profitieren. Um eine gute Compliance zu gewährleisten, ist ein konsequentes Management dieser subjektiv störenden Nebenwirkungen erforderlich.

 

 

Quellen

  1. Robert Koch-Institut u. Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e. V. (2008). Krebs in  Deutschland, 2003-2004, Häufigkeiten und Trends. 6. überarbeitete Auflage
  2. Moore M.J. et al. (2007). Erlotinib plus gemcitabine compared with gemcitabine alone in patients with advanced pancreatic cancer: A phase III trial of the National Cancer Institute of Canada Clinical Trials Group. J. Clin. Oncol. 25: 1960-1966
  3. Adler G. et al. (2007). S3-Leitlinie „Exokrines Pankreaskarzinom“. Z. Gastroenterol. 45: 487-523


Quelle: Pressekonferenz der Firma Roche Pharma AG zum Thema "Empfehlung für die Kombinationstherapie mit Tarceva® – S3-Leitlinie ‚Exokrines Pankreaskarzinom’" am 20.05.2008 in München (medical relations GmbH).
 

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