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Jede Minute zählt
Schlaganfalltherapie bereits im Notarztwagen?
Regensburg (30. Juni 2008) – Ein Schlaganfall ist ein Wettlauf gegen die Zeit: Ca. 1,9 Millionen Gehirnzellen sterben nach Eintreten eines Schlaganfalls pro Minute ab. Ein weltweit einzigartiges Projekt zeigt, dass eine einleitende Therapie bereits im Notarztwagen möglich ist. Taubheitsgefühle, halbseitige Lähmungserscheinungen, plötzliche Probleme beim Sehen, Sprechen oder Hören sind Anzeichen für einen Schlaganfall. In Deutschland trifft diese Erkrankung jährlich ca. 200.000 Menschen. Jeder Dritte stirbt an den Folgen innerhalb eines Jahres, viele leben mit Spätfolgen. Kostbare, lebensrettende Zeit kann bereits beim Transport und bei den Untersuchungen in der Klinik verloren gehen. Je früher also eine effektive Therapie beginnt, desto besser stehen die Chancen für den Patienten.
Wissenschaftler, Notfallmediziner und Neurologen des Universitätsklinikums und der Universität Regensburg sowie der University of California in San Diego haben erfolgreich die Pilotstudie des Projekts "Hyperakute Schlaganfalltherapie mittels Ultraschall im Notarztwagen" abgeschlossen: Über drei Wochen begleitete ein Schlaganfallexperte, ausgestattet mit einem tragbaren Ultraschallgerät, das Rettungsteam am Universitäts-Klinikum Regensburg. Unmittelbar nach Erstversorgung des Patienten durch den Notarzt wurde eine Ultraschalluntersuchung der Hirngefäße durchgeführt. Je nach Dauer der Erstversorgung geschah dies entweder direkt am Notfallort (z.B. in der Wohnung des Erkrankten) oder im Rettungshubschrauber bzw. Notarztwagen.
Die Ergebnisse zeigen, dass Blutgefäße, die das Hirn versorgen, innerhalb der ersten 10 bis 15 Minuten nach Eintreffen am Notfallort mittels Ultraschall dargestellt werden können. Bereits zu diesem Zeitpunkt könnte eine einleitende Schlaganfalltherapie mit Ultraschall (Sonothrombolyse) beginnen.
Ultraschall – Therapeutikum der Zukunft?
Gefäßverstopfungen durch ein Blutgerinnsel (sog. Thrombus) stellen die Hauptursache für Schlaganfälle dar. Neueste Erkenntnisse der Schlaganfallforschung zeigen, dass Ultraschall aufgrund seiner biomechanischen Eigenschaften in der Lage ist, thrombotische Gefäßverschlüsse aufzulösen. Präklinische und erste klinische Studien zur Schlaganfallbehandlung mit Ultraschall sind sehr vielversprechend. Im Gegensatz zu medizinischen Geräten wie der Computer- der Kernspintomographie können tragbare Ultraschallgeräte auch außerhalb der Klinik, z.B. im Notarztwagen, eingesetzt werden.
Deutsch-amerikanischer Wissenschaftsaustausch
Die Besonderheit dieses Projektes liegt nicht zuletzt in der exzellenten internationalen und interdisziplinären Zusammenarbeit. Während Konzeption des Projektes und wissenschaftliche Vorarbeiten auf dem Gebiet der Sonothrombolyse in der Abteilung für Radiologie an der University of California (Dr. Thilo Hölscher), San Diego, erfolgen, findet die klinische Anwendung am Universitätsklinikum Regensburg statt. Maßgeblich beteiligt sind die Klinik für Anästhesiologie (Dr. Markus Zimmermann), die Klinik und Poliklinik für Neurologie am Bezirksklinikum (Dr. Sandra Boy, PD Dr. Felix Schlachetzki), die HDM Luftrettung gGmbH, die Rettungsleitstelle Regensburg sowie die Schlaganfall-Intitiative Regensburg e.V. (Dipl.-Kfm. Christoph Heut).
Nach dem erfolgreichen Abschluss der Pilotstudie ist die zweite Phase des Projektes bereits in Vorbereitung. In dieser werden ausschließlich Schlaganfallpatienten untersucht, welchen zur verbesserten Darstellung der Hirngefäße zusätzlich ein Ultraschallkontrastmittel verabreicht wird. Ziel ist die schnellstmögliche Diagnostik eines potentiellen Gefäßverschlusses bereits am Ort des Geschehens und diese Informationen noch während des Transportes sofort an das zuständige Schlaganfallzentrum weiterzuleiten. Beginn ist in der zweiten Jahreshälfte 2008 geplant. Nach Abschluss der präklinischen Studien, insbesondere bezüglich Sicherheit der Anwendung, ist die dritte und letzte Phase – die eigentliche Ultraschalltherapie-Studie – für die zweite Jahreshälfte 2009 avisiert.