MEDIZIN
AWARDS
Forschergeist gefragt: 14. Novartis Oppenheim-Förderpreis für MS-Forschung ausgelobt
FernstudiumCheck Award: Deutschlands beliebteste Fernhochschule bleibt die SRH Fernhochschule
Vergabe der Wissenschaftspreise der Deutschen Hochdruckliga und der Deutschen Hypertoniestiftung
Den Patientenwillen auf der Intensivstation im Blick: Dr. Anna-Henrikje Seidlein…
Wissenschaft mit Auszeichnung: Herausragende Nachwuchsforscher auf der Jahrestagung der Deutschen…
VERANSTALTUNGEN
Wichtigster Kongress für Lungen- und Beatmungsmedizin ist erfolgreich gestartet
Virtuelle DGHO-Frühjahrstagungsreihe am 22.03. / 29.03. / 26.04.2023: Herausforderungen in…
Pneumologie-Kongress vom 29. März bis 1. April im Congress Center…
Die Hot Topics der Hirnforschung auf dem DGKN-Kongress für Klinische…
Deutscher Schmerz- und Palliativtag 2023 startet am 14.3.
DOC-CHECK LOGIN
Fast 70.000 Mütter sterben weltweit
Spurensuche zum Bluthochdruck in der Schwangerschaft
Berlin-Buch (8. September 2012) – Präeklampsie ist eine der gefährlichsten Komplikationen für Mutter und Kind und durch Bluthochdruck und Eiweißausscheidung im letzten Schwangerschaftsdrittel charakterisiert. Lange waren die Ursachen der lebensbedrohlichen Krankheit unbekannt. In jahrelanger Forschungsarbeit ist es jedoch Prof. Ananth Karumanchi (Beth Israel Deaconess Medical Center & Harvard Medical School, Boston, Massachusetts, USA) gelungen, der Lösung des Rätsels um die molekularen Grundlagen der Präeklampsie einen entscheidenden Schritt näher zu kommen. Auf dem 1. ECRC „Franz-Volhard“ Symposium am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch berichtete er über seine Ergebnisse.
„Präeklampsie ist neben schweren Blutungen und Infektionskrankheiten eine der drei Haupttodesursachen für Mutter und Kind. Nahezu 70.000 Mütter sterben pro Jahr weltweit an Präeklampsie“, erklärte Prof. Karumanchi in Berlin. Die Dunkelziffer liegt vermutlich deutlich höher, denn insbesondere in Entwicklungsländern, in denen schwangere Frauen in der Regel keinen Zugang zu medizinischer Versorgung haben, wird die Präeklampsie oft nicht diagnostiziert und verläuft für Mutter und Kind tödlich. Zu früh geborene Kinder können meist nicht ausreichend versorgt werden, sodass die Sterblichkeit deutlich höher ist als in Ländern mit besseren medizinischen Möglichkeiten.
Doch auch in Industrieländern ist die im Volksmund als „Schwangerschaftsvergiftung“ bezeichnete Erkrankung ein ernstzunehmendes Problem. Eine Therapie gibt es bisher nicht, die einzige Möglichkeit ist eine frühzeitige Entbindung. In Deutschland ist Präeklampsie die Ursache für bis zu 20.000 Frühgeburten jährlich. Ziel der Ärzte ist es immer, die Schwangerschaft so lange wie möglich aufrecht zu erhalten, denn je länger das Kind im Mutterleib ist, desto höher sind später seine Überlebenschancen. Werden die Symptome bei der Mutter jedoch zu bedrohlich, muss häufig eine Frühgeburt eingeleitet werden. Denn sobald das Kind auf der Welt ist, klingen die Symptome bei der Mutter ab. Trotzdem drohen der Frau Spätfolgen wie Herzinfarkt, Bluthochdruck und Schilddrüsenerkrankungen. Für das Kind bedeutet die Frühgeburt ein erhebliches Risiko. Je nach Entwicklungsstadium des Neugeborenen können Tod oder lebenslange schwere Behinderung die Folge sein.
Erkenntnisse zu molekularen Ursachen ermöglichen frühe Diagnose und Therapie
Prof. Karumanchi konnte zeigen, dass zwei Eiweiße, die von der Placenta ausgeschüttet werden, eine wichtige Rolle bei der Präeklampsie spielen. Das Protein PlGF (Placental Growth Factor), ein sogenannter Angiogenesefaktor, sorgt dafür, dass Blutgefäße zur Placenta wachsen, damit der Fötus mit Nährstoffen versorgt werden kann. Sein Gegenspieler sFlt-1 (soluble fms-like tyrosine kinase-1) hemmt das Gefäßwachstum und bindet PlGF, so dass dieses nicht mehr wirken kann.
Für eine gesunde Schwangerschaft ist das richtige Verhältnis beider Faktoren entscheidend. Bei der Präeklampsie liegt ein Überschuss an sFlt-1 vor, PlGF dagegen findet sich in geringerem Maße. Das führt zu einer schlechteren Durchblutung der Placenta und somit häufig zu einer Unterversorgung des Fötus. Da bei einem Mangel an PlGF die Blutgefäße verengt sind, entwickelt sich bei der Mutter Bluthochdruck, das Hauptsymptom der Präeklampsie. Außerdem ist die Niere betroffen, was sich durch erhöhte Eiweißausscheidung im Urin bemerkbar macht.
Während die Präeklampsie früher nur anhand dieser Symptome, also Bluthochdruck und Eiweiß im Urin, diagnostiziert werden konnte, ermöglichen die Erkenntnisse von Prof. Karumanchi heute eine Früherkennung. Schon vor Auftreten der ersten Symptome kann im Blut nachgewiesen werden, dass das Verhältnis von sFlt-1 und PlGF krankhaft verändert ist. So können gefährdete Patientinnen frühzeitig überwacht werden. Das kann helfen, schwere Verläufe, die zu Krampfanfällen und Leberversagen führen können, zu verhindern.
Auch für die Behandlung spielen Prof. Karumanchis Forschungen eine Rolle: Ein neues Verfahren ermöglicht, das schädliche sFlt-1 aus dem Blut der Schwangeren herauszufiltern. In einer Pilotstudie, die Prof. Ravi Thadhani (ein Kollege von Prof. Karumanchi an der Harvard Medical School) gemeinsam mit Nephrologen und Geburtshelfern aus Köln und Leipzig durchgeführt hat, konnte bei fünf Präeklampsie-Patientinnen durch eine einzige Behandlung der sFlt-1-Spiegel gesenkt werden. Bei drei weiteren Frauen mit einer besonders schweren Form der Präeklampsie gelang es außerdem, durch wiederholte Behandlungen den Blutdruck zu stabilisieren und die Schwangerschaft zu verlängern, was der Gesundheit der Neugeborenen zugute kam. Prof. Karumanchi betonte, dass weitere Studien erforderlich sind, um herauszufinden, ob die Erfolge zuverlässig wiederholt werden können und ob das Verfahren tatsächlich sicher ist.
Quelle: Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch, 08.09.2012 (tB).