Stellungnahme eines unabhängigen US-Expertenkomitees

Empfehlungen zur generellen Drosselung des Kochsalzkonsums sind wissenschaftlich nicht begründet

 

Berlin (13. März 2015) – Durch Studienergebnisse nicht eindeutig zu begründen und damit wissenschaftlich nicht gerechtfertigt ist die Empfehlung, den Kochsalzkonsum generell unter 6 Gramm pro Tag zu drosseln. Zu diesem Ergebnis kommen amerikanische Experten, die vom unabhängigen „Institute of Medicine“ (IOM) mit einer umfassenden Analyse der vorliegenden Studiendaten beauftragt wurden.


Lange galt ein Salzkonsum, wie er in der heutigen Zeit üblich ist, als Risikofaktor für die Entwicklung eines hohen Blutdrucks, der seinerseits ein Risikofaktor für Herz-Kreislaufkomplikationen ist. Dieses „Dogma“ aber ist in den vergangenen Jahren ins Wanken gekommen. So gibt es Studien, die zeigen, dass die Auswirkungen des üblichen Salzverzehrs auf den Blutdruck und damit auf die Herz- und Gefäßgesundheit deutlich überschätzt werden. Mehr noch: Seriöse Studien renommierter Wissenschaftler zeigen, dass eine starke Beschränkung der Salzaufnahme durchaus negative Konsequenzen auf die gesundheitliche Situation haben kann. Sie steigert offenbar die Bildung von Stresshormonen im Körper, die ihrerseits das Herz-Kreislaufsystem belasten und Herz-Kreislaufkomplikationen bis hin zum Herzinfarkt den Weg bahnen können. In Studien festgestellt wurde ferner, dass unter einer salzarme Ernährung die Cholesterinwerte im Blut steigen und auch das Risiko der Ausbildung einer Insulinresistenz als Wegbereiter eines Diabetes zunimmt. 

 

Die amerikanische Behörde „Center for Disease Control and Prevention“ (CDC) hat deshalb das unabhängige „Institute of Medicine“ (IOM) beauftragt, ein Expertenkomitee zu bilden und die vorliegenden Daten und Befunde zu den gesundheitlichen Auswirkungen des Salzverzehrs in der Bevölkerung zu analysieren und zu bewerten. Die Experten sollten insbesondere prüfen, ob es gesundheitliche Vorteile oder möglicherweise Risiken birgt, wenn der Bevölkerung oder speziellen Bevölkerungsgruppen zu einer Restriktion der Salzaufnahme unter 6 Gramm Kochsalz pro Tag geraten wird.

 

 

Unzureichende Studienlage, einseitige Auswertungen

 

Das wichtigste Ergebnis der Datenanalyse: Die vorliegenden Studien sind nicht einheitlich in den Studienbedingungen und zum Teil auch sehr einseitig angelegt. So werden zum Beispiel in vielen Studien die Auswirkungen des Kochsalzverzehrs auf den Blutdruck geprüft, ohne zu berücksichtigen, welche weiteren Konsequenzen die diätetische Maßnahme der Kochsalzrestriktion hat.

 

Doch wer sich salzarm ernährt, ändert in aller Regel sein gesamtes Ernährungsverhalten und greift beispielsweise mehr zu Obst und frischem Gemüse. Auch dies aber hat Konsequenzen auf den Blutdruck und die Herz- und Gefäßgesundheit. Wird jedoch die positive Auswirkung der üblicherweise durch den Verzehr von mehr Obst und Gemüse bedingten höheren Aufnahme von Vitaminen und Spurenelementen in der Studienauswertung nicht berücksichtigt, so wird automatisch der vermeintlich positive Effekt der Salzrestriktion überschätzt.

 

Es kommt außerdem bei der Beschränkung der Salzaufnahme zumeist zu Veränderungen im Mineralhaushalt, Aspekte, die aus Sicht der IOM-Wissenschaftler ebenfalls Einfluss auf den Blutdruck haben können und somit berücksichtigt werden müssten.

 

 

Nicht einheitliche Messparameter, keine konsistente Datenlage

 

Ein weiterer Kritikpunkt des Expertenkomitees betrifft die Art und Weise, wie der Salzkonsum bestimmt wird, die in den Studien sehr unterschiedlich ist und von Schätzungen bis hin zu Natriumbestimmungen im Urin reicht. Die Studien sind zudem in ihrer Dauer sehr variabel und auch hinsichtlich der Eingangskriterien. Denn es herrscht offenbar in wissenschaftlichen Kreisen kein Konsens darüber, was als niedriger und was als hoher Salzkonsum zu werten ist. Das alles erschwert die Interpretation der vorliegenden Daten, so heißt es in der Erklärung des IOM. 

 

Die Experten geben in ihrer Stellungnahme außerdem zu bedenken, dass ein leicht bis moderat erhöhter Blutdruck lediglich ein Indikator für ein insgesamt erhöhtes Risiko und damit ein sogenannter Surrogatmarker ist, keinesfalls aber ein im individuellen Fall absolut zu betrachtender Risikomarker. Die beobachtete Blutdruckerhöhung muss vielmehr im Kontext des gesamten Risikoprofils des Betreffenden gesehen werden.

 

Mit anderen Worten: Steigt bei einem gesunden Menschen der Blutdruck um einige wenige mm/Hg, so dürfte das kaum Auswirkungen auf sein gesamtes Herz-Kreislaufrisiko haben. Anders kann das aussehen, wenn die gleiche Blutdruckerhöhung bei einem Patienten mit Bluthochdruck, Diabetes und Herzschwäche beobachtet wird.

 

 

Zurückhaltung ist geboten mit generellen Empfehlungen zum Salzkonsum

 

Aus Sicht der Experten ist schon aus diesen Überlegungen heraus und auch aufgrund der insgesamt limitierten Daten und der mangelnden Evidenz Zurückhaltung geboten beim Aussprechen allgemeiner Empfehlungen zum Salzverzehr.

 

Abgesehen von den potenziellen Auswirkungen auf kardiovaskuläre Parameter, gibt es nach Angaben des IOM keine eindeutigen Hinweise auf gesundheitsschädigende Effekte der Kochsalzaufnahme. Und auch bezüglich der Folgen für das Herz-Kreislaufsystem sind die vorliegenden Daten inkonsistent und rechtfertigen keineswegs Empfehlungen, den Salzkonsum auf weniger als 6 Gramm täglich zu reduzieren – so das Fazit der US-Experten. 

 

 


Quelle: Verband der Kali- und Salzindustrie, 13.03.2015 (tB).

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