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Therapeutische Konsequenzen: Mono – Poly oder Stratego?
Wie neuropathisch sind chronische Schmerzen?
Von Prof. Dr. Dr. Thomas R. Tölle, München
Frankfurt am Main (23. März 2006) – Nach der Definition der Internationalen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (IASP) wird von neuropathischem Schmerz dann gesprochen, wenn eine Läsion oder Dysfunktion des zentralen oder peripheren Nervensystems die Ursache der Schmerzen darstellt. Die Klassifikation neuropathischer Schmerzen beruht unter anderem auf einer Einteilung nach der Krankheitsentität, der Beschreibung der anatomischen Verteilung sowie dem Nachweis pathohistologischer Veränderungen.
Die augenblicklich angewandten Therapiealgorithmen berücksichtigen die Therapie der zugrundeliegenden Ursache, die Erzielung einer vollständigen oder zumindest teilweisen Analgesie durch pharmakologische und nicht-pharmakologische Methoden und die Verbesserung der Schmerzbewältigung durch supportive psychologische Therapieverfahren. Die Effektivität der symptomatischen, pharmakologischen Behandlungsmaßnahmen, die im Rahmen der evidenz-basierten Medizin (EBM) aus randomisierten, Plazebo-kontrollierten, doppel-blinden Untersuchungen abgeleitet werden kann, gibt eine erste Orientierung für den Einsatz verschiedener Substanzgruppen. Zu diesen Medikamenten mit nachgewiesener Wirksamkeit nach Kriterien der EBM gehören insbesondere die Antidepressiva, lonenkanalblocker mit unterschiedlichem pharmakologischem Wirkprofil und Opiate.
Ein entscheidender Wandel der Sichtweise der optimalen Therapie wird heute durch die Erkenntnis bestimmt, daß viele Patienten exakt identische Schmerzformen angeben, z.B. brennende Dauerschmerzen oder Schmerzen bei leichter Berührung der Haut, obwohl sie an ursächlich völlig unterschiedlichen Erkrankungen leiden. Dementsprechend ist es sinnvoll, sich bei der Behandlung nicht auf die Grunderkrankung zu konzentrieren, sondern jede einzelne Schmerzform und damit jeden einzelnen Schmerzmechanismus isoliert mit geeigneten Medikamenten anzugehen. Diese neue Idee wird als „mechanismen-orientierte Therapie“ bezeichnet und ist heutzutage international als bahnbrechende Innovation der Schmerzforschung anerkannt. Die diesbezüglich vorliegenden Studien erlauben jedoch noch keine Entwicklung von Therapiealgorithmen, die diesem spezifischen Therapiekonzept folgen würden.
Die heute übliche pragmatische Therapieplanung orientiert sich strategisch an den nachgewiesen wirksamen Medikamenten, die jedoch nach der allgemeinen Erfahrung nicht nur in Mono-, sondern immer häufiger in Poly-Pharmakotherapie angewendet werden. Die Auswahl der Medikamente orientiert sich am individuellen Schmerzprofil des Patienten, das sorgsam herausgearbeitet werden muß und entweder nozizeptive, neuropathische oder die Kombination aus beiden Schmerzursachen beinhalten kann. Danach kommen dann Medikamente mit nachgewiesener Wirkung auf jede beim Patienten vorliegende Schmerzkomponente zum Einsatz.
Die Auswahl, Kombination und Dosierung der Medikamente orientiert sich an den individuellen medikamentösen Vorerfahrungen des Patienten und seinem „antizipierten“ oder dem tatsächlichen Nebenwirkungsprofil der verabreichten Medikamente.
Quelle: Presseveranstaltung der Firma Pfizer zum Thema “Welchen Stellenwert haben entzündungshemmende Analgetika (noch) im Alltag?” am 23.03.2006 in Frankfurt am Main, anlässlich des 17. Deutschen interdisziplinären Schmerzkongresses (MCG–Medical Consulting Group) (tB).