Therapie mit Natalizumab (TYSABRI®)

Patienten mit schubförmiger Multipler Sklerose können langfristig von starker Wirksamkeit profitieren

 

Frankfurt am Main (3. Juni 2014) – Die Erweiterung der Therapielandschaft und neue Erkenntnisse zur Erkrankung haben die Zielsetzung bei der Behandlung der schubförmig remittierenden Multiplen Sklerose (MS) verändert. Im Fokus steht die möglichst vollständige Krankheitskontrolle, das heißt, die Freiheit von klinischer und subklinischer Krankheitsaktivität. Dieses Ziel nicht nur zu erreichen, sondern auch langfristig zu halten, ist heutzutage die zentrale Aufgabe der MS-Behandlung. Die Rolle von Natalizumab im Gesamtkonzept der MS-Therapie diskutierten die MS-Spezialisten Prof. Sven Meuth (Uniklinikum Münster), PD Dr. Björn Tackenberg (Uniklinikum Marburg) und Dr. Boris Kallmann (MS-Zentrum Bamberg) im Rahmen zweier Expertenforen, deren Ergebnisse sie auf einer Presseveranstaltung der Biogen Idec GmbH in Frankfurt am Main präsentierten.

 

Eine unzureichende Krankheitskontrolle bei Multipler Sklerose kann weitreichende Folgen für den langfristigen Krankheitsverlauf und für die Lebensqualität der betroffenen MS-Patienten haben [1,2]. Jeder Schub birgt das Risiko irreversibler Behinderungen [3]. Vor diesem Hintergrund sind sich die Experten einig, dass eine rechtzeitige und dauerhafte Therapieoptimierung mit einem stärker wirksamen Medikament für Patienten mit Krankheitsaktivität trotz Basistherapie unverzichtbar ist. Die Frühphase der MS bis zu einem EDSS von 3 stellt dabei ein therapeutisches Zeitfenster dar, in dem eine medikamentöse Therapie den größten Einfluss auf das Krankheitsgeschehen hat [4].

 

 

Krankheitsaktive Patienten frühzeitig erkennen

 

Um Krankheitsaktivität und die damit verbundene Notwendigkeit zur Therapie-optimierung frühzeitig zu erkennen, spielt der Einsatz sensitiver Tests und Instrumente, wie das vor kurzem publizierte Multiple Sclerosis Decision Model (MSDM) [5], eine wichtige Rolle. Das MSDM unterstützt Ärzte bei der rechtzeitigen Identifikation krankheitsaktiver Patienten durch die Abfrage und Bewertung krankheitsrelevanter Faktoren. Dabei bildet es verschiedene Domänen von Krankheitsaktivität ab, wie z. B. Schübe und MRT, und bewertet diese nach einem Ampel-System. Bei mindestens einer roten oder zwei gelben Domänen wird eine Therapieanpassung empfohlen. „Unsere bisherige Erfahrung zeigt, dass das Modell ein verlässliches Instrument ist, welches wir ohne wesentlichen Zusatzaufwand in die Routineversorgung der Patienten integrieren können“, berichtet Dr. Boris Kallmann, niedergelassener Neurologe in eigener Praxis in Bamberg und Leiter des MS-Zentrums Bamberg.

 

 

Natalizumab – hohe und andauernde Wirksamkeit

 

Für Patienten, die trotz Basistherapie Krankheitszeichen aufweisen, steht mit Natalizumab eine hochwirksame und bewährte Therapieoption zur Verfügung. Im gesamten Beobachtungszeitraum der Zulassungs- und Extensionsstudien zeigte Natalizumab hohe und andauernde Wirksamkeit. Während in der Zulassungsstudie AFFIRM eine Reduktion der mittleren jährlichen Schubrate von 1,53 auf 0,22 innerhalb der zweijährigen Studiendauer beobachtet wurde [6], konnten kürzlich veröffentliche 6-Jahresdaten der Langzeitstudie STRATA zeigen, dass die Wirksamkeit von Natalizumab im weiteren Beobachtungsverlauf auf gleichbleibend gutem Niveau blieb. Bei initial mit Natalizumab behandelten Patienten konnte die jährliche Schubrate weiter auf 0,13 Schübe pro Jahr reduziert werden. Für Patienten, die initial mit Placebo behandelt worden waren, lag der Wert bei 0,19 [7].

 

Diese Daten sind konsistent mit den Ergebnissen der Interimsanalyse der laufenden 10-Jahres-Beobachtungsstudie TOP (TYSABRI® Observational Program). Die aktuelle TOP-Interimsanalyse zeigte nach 5 Jahren eine konstant niedrige jährliche Schubrate (0,21-0,25 in den Jahren 2-5) [8]. Diese Resultate bestärken zudem die Hypothese des therapeutischen Zeitfensters bis zu einem EDSS von unter 3. Patienten, die zu Therapiebeginn mit Natalizumab einen EDSS unter 3 aufwiesen, hatten im Beobachtungsverlauf deutlich weniger Schübe als Patienten mit initial höherem Behinderungsgrad. „Diese Daten – besonders die anhaltend hohe Rate symptomfreier Patienten – stützen den Einsatz von Natalizumab auch über längere Zeiträume“, fasst PD Dr. Björn Tackenberg, geschäftsführender Oberarzt der Universitätsklinik für Neurologie, Marburg, zusammen.

 

 

Therapiemanagement unter Natalizumab

 

Wie für jede Langzeittherapie ist auch bei Natalizumab eine regelmäßige Re-Evaluierung wichtig, damit Patienten langfristig vom Nutzen der Therapie profitieren können. Um eine Verlaufsbeobachtung zu ermöglichen, ist eine kranielle MRT alle sechs Monate erforderlich. Ein wesentlicher Faktor, der bei der Entscheidung zur Fortführung der Therapie mit Natalizumab eine Rolle spielt, ist der JCV-Antikörperstatus, dessen Prüfung bei negativem Serostatus ebenfalls alle sechs Monate empfohlen wird. Während sich bei JCV-negativen Patienten das Sicherheitsprofil der Natalizumabtherapie über die Zeit im Wesentlichen nicht verändert, erhöht sich das Risiko der Entwicklung einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML) bei JCV-positiv getesteten Patienten nach den ersten zwei Jahren der Therapie [10]. Gerade bei dieser Patientengruppe ist bei der Entscheidungsfindung hinsichtlich des Behandlungsansatzes das therapieassoziierte Risiko den krankheitsassoziierten Folgen individuell gegenüber zu stellen. „Wird eine hochwirksame Therapie abgesetzt, ist damit zu rechnen, dass die Krankheitsaktivität auf dem vor Therapiebeginn bestehenden Niveau zurückkehrt“, bestätigt Prof. Dr. Sven Meuth, stellvertretender Direktor und leitender Oberarzt der Neurologischen Klinik an der Westfälischen Wilhelms-Universität, Münster. Soll die Therapie fortgeführt werden, ermöglichen konsistente Technik und Befundung im Vergleich zu MRT-Voraufnahmen die frühzeitige Detektion morphologischer Veränderungen. Neben den regelmäßigen neurologischen Untersuchungen bietet es sich an, die Arzt-Patienten-Kontakte für die Einschätzung eventueller Verhaltensänderungen zu nutzen. „Der Arzt-Patient-Kontakt und die Wachsamkeit gegenüber neuen klinisch-neurologischen Symptomen zählen nach wie vor zu den wichtigsten Elementen des Monitorings unter Natalizumab“, betont Meuth. „Bei diesen Gesprächen kann am besten eruiert werden, inwieweit der Patient in seiner Lebenssituation von der Therapie profitiert“, so der Neurologe.

 

Die drei Experten betonten zudem die Bedeutung von Kooperation in regionalen intersektoralen und interdisziplinären Netzwerken. In der kollegialen Zusammenarbeit von niedergelassenen Neurologen, MS-Praxiszentren und klinischen Abteilungen sowie spezialisierten Radiologen mit Erfahrung auf dem Gebiet der MS-Diagnostik ergeben sich beste Voraussetzungen für ein qualitativ hochwertiges Monitoring und situationsadäquate Therapieentscheidungen. „Ein kooperatives und konsistentes Therapiemanagement ermöglicht es Patienten, den maximalen Benefit aus dieser Behandlungsoption zu ziehen“, fasst Meuth zusammen.

 

 

Über Multiple Sklerose

 

Multiple Sklerose ist eine chronisch fortschreitende Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), mit unterschiedlichen Verlaufsformen. Dabei zerstören körpereigene Immunzellen die Schutzschicht der Nervenfasern (Myelinscheide). Die Folgen reichen von körperlichen Behinderungen über Fatigue bis hin zu kognitiven Beeinträchtigungen. Schätzungen zufolge sind weltweit circa 2,5 Millionen Menschen an MS erkrankt. 85 Prozent der Betroffenen leiden unter schubförmiger MS (RRMS). Diese Form der Erkrankung ist gekennzeichnet durch klar definierte Schübe, gefolgt von Zeiten der partiellen oder gar vollständigen Remission. In Deutschland leben nach aktuellen Hochrechnungen der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) circa 130.000 MS-Erkrankte.

 

 

Über die Biogen Idec GmbH

 

Die Biogen Idec GmbH ist die deutsche Niederlassung von Biogen Idec. Biogen Idec nutzt innovative Erkenntnisse aus Wissenschaft und Medizin zur Erforschung, Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von Arzneimitteln zur Behandlung von Erkrankungen mit den Schwerpunkten Neurologie, Immunologie und Hämophilie. Gegründet im Jahr 1978, mit einer Niederlassung in Deutschland seit 1997, ist Biogen Idec das älteste unabhängige Biotechnologie-Unternehmen der Welt. Patienten können weltweit von den führenden Medikamenten zur Behandlung der Multiplen Sklerose profitieren. Der Jahresumsatz des Unternehmens beläuft sich auf über 5 Mrd. US-Dollar. Für weitere Informationen über das Unternehmen besuchen Sie bitte www.biogenidec.de.

 

 

Über TYSABRI®

 

TYSABRI® (Natalizumab) ist in mehr als 65 Ländern zugelassen. In den USA ist es zur Behandlung rezidivierender Formen der multiplen Sklerose (MS) und in der EU für rezidivierend-remittierende MS zugelassen. Die Behandlung von MS-Patienten konnte aufgrund der nachgewiesenen Wirksamkeit von TYSABRI® deutlich verbessert werden. TYSABRI® kann nachgewiesenermaßen das Aufflammen der Krankheit reduzieren und das Fortschreiten von Behinderungen aufhalten. Den Daten der Phase-III-Studie AFFIRM zufolge, die im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurden, führte eine Behandlung mit TYSABRI® nach zwei Jahren zu einer relativen Verringerung der jährlichen Schubrate von 68 Prozent (p < 0,001) im Vergleich zu einer Placebobehandlung und verringerte das relative Risiko der Behinderungsprogression um 42 bis 54 Prozent (p < 0,001).

 

TYSABRI® erhöht insbesondere bei immunsuppressiv vorbehandelten oder JCV-positiven Patienten und bei Anwendung über 24 Monate hinaus das Risiko einer progressiven, multifokalen Leukenzephalopathie (PML), einer opportunistischen Virusinfektion des Gehirns, die zum Tode führen kann oder erhebliche Behinderungen nach sich zieht. Zu sonstigen bedeutenden unerwünschten Nebenwirkungen, die bei Patienten im Verlauf der TYSABRI®-Therapie beobachtet wurden, zählen allergische Reaktionen (z. B. Anaphylaxie) und Infektionen, einschließlich opportunistischer und anderer atypischer Infektionen. In der Postmarketing-Phase wurden bei mit TYSABRI® behandelten Patienten klinisch signifikante Leberschäden beobachtet. Zu den häufigen unerwünschten Nebenwirkungen, die bei TYSABRI®-behandelten MS-Patienten auftraten, gehörten Kopfschmerzen, Erschöpfung, Infusionsreaktionen, Harnwegsinfektionen, Gelenk- und Gliederschmerzen sowie Hautausschläge.

 

Weitere Informationen über TYSABRI® erhalten Sie unter www.TYSABRI.de

 

 

Quellen

  1. Prosperini L et al. Eur J Neurol 2009; 16: 1202-1209
  2. Weinshenker B et al. Brain 1991; 114: 1045-1056
  3. Hirst C et al. J Neurol 2008; 255: 280-287
  4. Leray E et al. Brain 2010; 133: 1900-1913
  5. Stangel M et al. Akt Neurol 2013; 40: 486-493
  6. Polman C et al. N Engl J Med 2006; 354: 899-910
  7. Rudick R et al. ECTRIMS 2013; Poster P593
  8. Butzkueven H et al. J Neurol Neurosurg Psychiatry 2014; [Epub ahead of print]
  9. Havrdova E et al. ECTRIMS 2013; Poster P519
  10. Bloomgren G et al. N Engl J Med 2012; 366: 1870-1880

 


 

Quelle: Biogen Idec, 03.06.2014 (tB).

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