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Therapiemix in der Dialyse – Im Zentrum oder zuhause?

 

Unterschleißheim (14. November 2022) – In Deutschland wird bislang überwiegend die Zentrumsdialyse genutzt, Heimdialyseverfahren wie die Peritonealdialyse (PD) kommen nur selten zum Einsatz.1 „Dialyse zuhause und im Zentrum: Welcher Therapiemix kann in Zeiten von Ressourcenknappheit die Versorgung sicherstellen?“, dieser Frage widmeten sich der Ökonom Prof. Dr. Günter Neubauer und der niedergelassene Nephrologe Dr. Mustafa Bačinović am 28. Oktober 2022 im Rahmen eines virtuellen Pressebriefings der Baxter Deutschland GmbH. Dabei wurde deutlich, dass die PD ein Nierenersatzverfahren darstellt, das zum Wohle der Patient:innen häufiger zum Einsatz kommen könnte. Darüber hinaus weist die Methode auch zahlreiche Vorteile für die Umwelt und das Gesundheitswesen insgesamt auf.

Die Peritonealdialyse (PD) bietet dialysepflichtigen Patient:innen ein effektives und sicheres Verfahren, das zudem patientenfreundlich ist: Die Heimdialyse ermöglicht den Patient:innen flexiblere Behandlungszeiten und eine weitgehend uneingeschränkte Bewegungsfreiheit in gewohnter, häuslicher Umgebung 2,3 – ein Vorteil, der von den Patient:innen sehr geschätzt wird. Die PD wird zudem als medizinisch gleichwertig zur Hämodialyse (HD) im Zentrum angesehen und kommt als Nierenersatzverfahren für 30 % der Patient:innen in Frage.4,5

In Deutschland sind Heimdialyseverfahren allerdings stark unterrepräsentiert: ca. 93 % der Patient:innen werden mit HD im Zentrum behandelt, während Heimdialyseverfahren wie die PD (ca. 6 %) und die Heim-HD (< 1 %) sehr wenig zur Anwendung kommen1. Laut Prof. Dr. Neubauer (Direktor des IfG – Institut für Gesundheitsökonomik, München) weist die PD aber wesentliche ökonomische Vorteile auf und stellte vergleichende Kostenanalysen zu den verschiedenen Verfahren vor. Demnach sind die Jahrestherapiekosten der Zentrumsdialyse mit 60.528 Euro am höchsten, die PD liegt mit 38.367 Euro deutlich darunter. „Einen wesentlichen Faktor, der zu diesem Unterschied beiträgt, stellen die Transportkosten dar“, erläuterte Prof. Neubauer. Bei der Zentrumsdialyse benötigen Patient:innen etwa 3x wöchentlich einen Transport ins Dialysezentrum, während PD-Patient:innen in Heimdialyse das Zentrum nur im Abstand einiger Wochen aufsuchen müssen.4,6 „Weniger Transporte zum Dialysezentrum bedeuten zudem ökologische Vorteile, da Einsparungen bei CO2-Belastung und Spritverbrauch entstehen“, so Prof. Neubauer. Darüber hinaus spart die Dialyse im heimischen Umfeld weitere Ressourcen ein: „Dialysezentren weisen einen sehr hohen Verbrauch an Trinkwasser (12 Millionen Liter/Tag) und Strom (30 Millionen Euro/Tag) auf, die Peritonealdialyse benötigt nur ein geringes Ausmaß dieser Ressourcen“, so Neubauers Fazit. Zusammen mit einer höheren Lebensqualität und besseren Hygienebedingungen spricht diese günstige Ressourcennutzung für die PD zuhause, resümierte der Experte.

 

Fachkundiges Personal – Voraussetzung für den Einsatz der PD in der Praxis

Einen Einblick in die tägliche Dialysepraxis gewährte der niedergelassene Nephrologe Dr. Bačinović (Internist und Nephrologe, Dialysezentrum Rotenburg an der Wümme) und zeigte dabei, welche Ressourcen zum Aufbau einer PD-Ambulanz notwendig sind. Neben der Zusammenarbeit mit zahlreichen anderen medizinischen Disziplinen – insbesondere der Chirurgie – sieht Dr. Bačinović gut geschultes und fachkundiges Personal als unabdingbare Voraussetzung für eine gut laufende PD-Ambulanz an. So seien Trainingsprogramme und etablierte Therapiestandards sowie adäquate Räumlichkeiten, in denen diese angewandt werden, für die Behandlung der Patient:innen essenziell, betonte der Experte.
Wie aus den Zahlen seiner Praxis hervorgeht, stieg dort die Anzahl der PD-Patient:innen seit 2009 kontinuierlich an. Obwohl anfangs zunächst noch keine PD-Behandlungen stattfanden, liegt die PD-Quote mittlerweile bei 30-39 %. Aus heutiger Sicht erkennt der Experte etliche Vorteile des Heimdialyseverfahrens, die er beim Start der PD-Ambulanz nicht bedacht hatte. So machte Dr. Bačinović auf das geringere Infektionsrisiko der PD aufmerksam – nicht nur im Hinblick auf COVID-19, sondern auch auf weitere Infektionen wie z.B. der Virusgrippe. Der Nephrologe unterstrich zudem, dass bei der PD ein wesentlich günstigerer Personalschüssel von 1:20 zum Tragen kommt. „Wir blicken heutzutage auf einen absoluten Mangel an Pflegekräften, der 2009 so noch nicht vorherrschte. Im Gegensatz zur HD steht in unserer Praxis für die PD ausreichend Personal zur Verfügung“, gewährte Bačinović Einblick in seinen ärztlichen Alltag.

 

PD in der nephrologischen Ausbildung intensivieren

Um die PD-Quoten zu steigern, sind laut Dr. Bačinović verschiedene Faktoren entscheidend. Sowohl die Aufklärung der Patient:innen als auch eine bessere Ausbildung der Fachkräfte spielen eine bedeutende Rolle. Das Thema PD sei in der Ausbildung der Nephrolog:innen deutlich unterrepräsentiert, so der Nephrologe. „Dabei sind es ja genau die Ärztinnen und Ärzte, die letztlich Aufklärung betreiben.“ Abschließend hob der Experte hervor: „Die Schulung der PD-Patient:innen ist besonders am Anfang das A und O. Auf potenzielle Fehlerquellen beim Umgang mit der PD muss aufmerksam gemacht werden, um so möglichen Komplikationen vorzubeugen.“

Bestehende Hürden, die einem häufigeren Einsatz der PD-Heimdialyse im Wege stehen, sollten zügig abgebaut werden – so der Tenor der beiden Referenten. Sowohl aus medizinischer Sicht als auch unter ökonomischen Aspekten stellt die PD ein Verfahren dar, von dem in Deutschland mehr Patient:innen profitieren könnten als bisher.

 

 

Über Baxter Deutschland GmbH

Jeden Tag verlassen sich Millionen Patienten, Betreuer und Gesundheitsdienstleister auf das führende Produktportfolio von Baxter in den Bereichen Diagnostik, Intensivmedizin, Nierenerkrankungen, Ernährung, Krankenhausbedarf und Chirurgie, das in Privathaushalten, Krankenhäusern, Arztpraxen und anderen Pflegeeinrichtungen eingesetzt wird. Seit 90 Jahren sind wir an der entscheidenden Schnittstelle tätig, an der Innovationen, die Leben retten und erhalten, auf die Gesundheitsdienstleister treffen, die sie umsetzen. Mit Produkten, digitalen Gesundheitslösungen und Therapien, die in mehr als 100 Ländern erhältlich sind, bauen die Mitarbeiter von Baxter weltweit auf einem reichen Erbe medizinischer Durchbrüchen auf, um die nächste Generation von medizinischen Innovationen im Gesundheitswesen voranzutreiben.

Um mehr zu erfahren, besuchen Sie uns auf www.baxter.de und folgen Sie uns auf LinkedIn.

 

 

Literaturverweise

  1. G-BA. Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Veröffentlichung des Jahresberichts 2019 zur Qualität in der Dialyse. Verfügbar unter: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-4568/2020-11-20_QSD-RL_IQTIG-Jahresbericht-2019.pdf (letzter Zugriff: November 2022).
  2. Giuliani A et al. Worldwide Experiences with Assisted Peritoneal Dialysis. Perit Dial Int 2017; 37: 503–508.
  3. KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V. Nierenwissen. Online unter: https://www.nierenwissen.de/nierenersatztherapien/peritonealdialyse/ (letzter Zugriff: November 2022).
  4. Robinski M. The Choice of Renal Replacement Therapy (CORETH) project: dialysis patients’ psychosocial characteristics and treatment satisfaction. Nephrol Dial Transplant 2017; 32: 315–324.
  5. Ohnhäuser T et al. Zusammenfassung der MAU-PD Ergebnisse. 2020. Köln. Online unter: http://www.maupd.unikoeln.de/wp-content/uploads/2020/03/MAUPDErgebnisflyerDruckhelden.pdf (letzter Zugriff: November 2022).
  6. Quintaliani G et al. Exposure to novel coronavirus in patients on renal replacement therapy during the exponential phase of COVID‑19 pandemic: survey of the Italian Society of NephrologyJ Nephrol 2020; 33: 725–736.

 

 


Quelle: „Dialyse zuhause und im Zentrum: Welcher Therapiemix kann in Zeiten von Ressourcenknappheit die Versorgung sicherstellen?“, Pressebriefing Baxter Deutschland GmbH, 28.10.2022 (tB).

 

 

 

 

 

 

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