2-fach wirksame Schmerztherapie mit Targin®: Neue Daten aus Klinik und Praxis

Lebensqualität durch starke Analgesie und überlegene Verträglichkeit

 

Von Ulf Schutter

 

Was ist Targin®?

Berlin (9. Oktober 2008) – Targin® ist die Fixkombination aus zwei Substanzen: Retardiertem Oxycodon und retardiertem Naloxon. Um das Zusammenspiel dieser zwei Substanzen in einer besonderen Galenik zu erläutern, möchte ich zunächst beide Substanzen einzeln vorstellen.

Oxycodon ist ein Opioid, welches µ>ĸ>đ-agonistische Eigenschaften hat und seit Jahren in der Schmerztherapie bewährt ist. Wie alle Opioide besetzt es neben den zentral angeordneten Opioid-Rezeptoren (erwünscht) auch die peripher im Darm angeordneten lokalen Opioidrezeptoren. Letzteres ist unerwünscht, da es für die opioidinduzierte Obstipation verantwortlich ist. Die Obstipation ist eine der unerwünschten Arzneimittelwirkungen der Opioide, die zur stärksten Einschränkung der Lebensqualität der so behandelten Patienten führt.

 

Naloxon ist ein Opiatantagonist, der µ>ĸ>đ-antagonistische Eigenschaften besitzt. Naloxon wird seit Jahren in der Anästhesie und Notfallmedizin eingesetzt, weil es in der Lage ist, ein Opioid vom Opioidrezeptor zu verdrängen, da es eine höhere Affinität zu diesem Rezeptor besitzt als fast alle Opioidagonisten und keine eigene Intrinsic-Aktivität entfaltet. Dies bedeutet, dass man alle Opioidwirkungen aufhebt, wenn man einem Patienten nach Verabreichung von Opioiden Naloxon parenteral verabreicht. Nach enteraler Gabe von Naloxon wird es in der Leber im so genannten First-Pass-Effekt fast vollständig metabolisiert und verliert seine opiatantagonistischen Eigenschaften. Es hebt also die zentralen (erwünschten) Eigenschaften des Opioids nicht auf. Vor Erreichen der Leber durch die Pfortader hat es aber seine opiat­antagonistische Wirkung im Darm bei enteraler Aufnahme entfaltet. Werden also Oxycodon und Naloxon in einer gemeinsamen retardierten Zubereitung verabreicht, wird die obstipierende Wirkung des Oxycodons an den lokalen Opiatrezeptoren im Darm (Plexus myentericus) unterbunden, da Naloxon wegen seiner höheren Affinität das Oxycodon von den Opiatrezeptoren im Darm verdrängt. Danach werden beide Substanzen resorbiert und gelangen über die Pfortader zur Leber. Die Leber wird von Oxycodon nahezu unverändert (Bioverfügbarkeit ca. 68 Prozent) passiert. So entfaltet Oxycodon seine vollständige und erwünschte analgetische Wirkung an den zentralen Opioidrezeptoren (ZNS). Naloxon dagegen wird im First-Pass-Effekt in der Leber abgebaut (Bioverfügbarkeit < 3 Prozent) und kann die analgetische Wirkung des Oxycodons nicht mehr stören.

 

Neue nicht-interventionelle Studie

Ziel der multizentrischen nicht interventionellen Studie war es, die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Kombination aus retardierten Oxycodon und retardiertem Naloxon versus der Vortherapie an opioid-naiven und opioid-vorbehandelten Patienten zu unter­suchen. Hierbei stellte die Beobachtung der opioid-naiven Patienten einen besonderen Schwerpunkt dar.

 

Studiendesign

Während der vierwöchigen Beobachtungsphase wurden die Untersuchungstermine wie folgt vergeben: Eingangstermin, nach der ersten, nach der zweiten Woche (optional) und nach vier Wochen. Bei der Eingangsuntersuchung wurden die medizinische Vorgeschichte und die gesamte Medikation des Patienten erfasst sowie die bisherige Schmerztherapie in Bezug auf Wirksamkeit und Verträglichkeit (5-Punkte-Skala) durch die behandelnden Ärzte beurteilt.

 

Bei allen Untersuchungsterminen wurden unter anderen Parametern auch die Schmerzintensität (Numerische Ratingskala NRS 0 bis 10), die Darmfunktion (Bowel Function Index BFI*1 0 bis 100), das Auftreten von Symptomen (Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Appetitverlust, Obstipation, Völlegefühl, Bauchschmerzen, Schmerzen bei der Defäkation, Flatulenz) und die Lebensqualität der Patienten (Brief Pain Index – Short Form BPI-SF) bewertet und erfasst. Aus den Einzelbewertungen der Lebens­qualitätsparameter (Aktivität, Stimmung, Gehvermögen, Arbeitsfähigkeit, soziale Kontakte, Schlafqualität, Lebensfreude) wurde ein Summenscore gebildet (0 = keine, 70 = stärkste Einschränkung der Lebensqualität) und dokumentiert.

 

Nach der Eingangsuntersuchung wurden die Patienten entsprechend ihrer Schmerz­intensität auf eine Medikation mit der Fixkombination aus Oxycodon/Naloxon ein­gestellt.

 

Am Schluss der Studie stand die Beurteilung der Therapie bezüglich Wirksamkeit und Verträglichkeit mit der Fixkombination aus Oxycodon/Naloxon gegenüber der Vortherapie durch die Patienten und den behandelnden Arzt.

 

Die eingeschlossenen Patienten litten zum überwiegenden Teil an Schmerzen des Bewegungsapparates (64,7 Prozent Schmerzen durch degenerative Erkrankungen der Wirbelsäule, 34,2 Prozent schwere Arthrose/Arthritis und 20,2 Prozent Osteoporose).

 

Ergebnisse (Subgruppe der 1.925 opioid-naiven Patienten)

  • Beurteilung der Wirksamkeit der Vortherapie: 58 Prozent schlecht bis sehr schlecht.
  • Beurteilung der Verträglichkeit der Vortherapie: 25,5 Prozent schlecht bis sehr schlecht.
  • Ca. 78 Prozent der Patienten wurden beim Eingangstermin mit der Dosierung 10mg/5mg Oxycodon/Naloxon eingestellt. Am Ende der Studie waren ca. 70 Pro­zent der Patienten mit dieser Dosierung zufriedenstellend eingestellt.
  • Nach NRS (0-10) zeigten die Patienten im Durchschnitt eine Reduktion der Schmerzstärke um 2,9 Punkte zwischen dem 1. und 28. Tag.
  • Die Verbesserung der Darmfunktion betrug nach BFI (0-100) etwa 11,3 Punkte auf der Numerischen Rating Skala von 0 bis 100.
  • Die Symptome Übelkeit, Obstipation, Bauchschmerzen und Schwindel verbes­serten sich gegenüber der Vortherapie.
  • Die Verbesserung der Lebensqualität, erfasst als Summenscore (0-70) betrug 21,1 Punkte.
  • Die Verträglichkeit der Fixkombination Oxycodon/Naloxon: 90 Prozent der Ärzte beurteilten die Verträglichkeit als gut oder sehr gut (Vortherapie: 36 Prozent).
  • Wirksamkeit der Fixkombination Oxycodon/Naloxon: über 90 Prozent der Ärzte beurteilten die Wirksamkeit als gut oder sehr gut (Vortherapie: 5,8 Prozent).

 

Schlussfolgerung

Der Vergleich der Therapie mit der Fixkombination aus retardiertem Oxycodon und retardiertem Naloxon gegenüber der Vortherapie mit Nicht-Opioiden zeigt hinsichtlich der Wirksamkeit und der Verträglichkeit eine klinisch relevante Verbesserung. Insbesondere die Verbes­serung der Darmfunktion auch bei der Subgruppe der opioid-naiven Patienten ist ein überraschendes Ergebnis. Die deutliche Überlegenheit der Fixkombination hinsichtlich der Analgesie in dieser Subgruppe entspricht hingegen den Erwartungen der Untersucher. Die überlegene Verträglichkeit von Oxycodon/­Naloxon zeigt sich auch an dem reduzierten Auftreten von Symptomen wie Übelkeit, Bauchschmerzen und Schwindel. Dies wird besonders deutlich in der Gruppe der Patienten, die mit Opioiden vorbehandelt waren (N = 5.849 Eingangstermin). Hier nahm das Auftreten von Übelkeit von 47 Prozent auf 21 Prozent der Patienten, Obstipation von 71 Prozent auf 34 Prozent der Patienten, Bauchschmerzen von 43 Pro­­­zent auf 15 Prozent  der Patienten und Schwindel von 45 Prozent auf 25 Pro­zent  der Patienten ab.

 

Bei der Beurteilung der Subgruppe der opioid-vorbehandelten Patienten zeigt sich eine sehr deutliche Verbesserung der Darmfunktion und der Lebensqualität gegenüber der Vortherapie mit einem reinen Opiatagonisten.

 

Diese Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass die Therapie mit der Fixkombination Oxycodon/Naloxon sowohl einer Therapie mit Nicht-Opioiden als auch einer Therapie mit einem reinen Opioidagonisten hinsichtlich der erreichten Analgesie, der Verträg­lichkeit und der Lebensqualität überlegen ist.

 

BFI*1 Bowel Function Index

Mittelwert aus:

Leichtigkeit des Stuhlgangs                                (0-100: leicht/ohne – größte Schwierigkeit)

Gefühl der unvollständigen Darmentleerung          (0-100: gar nicht – sehr stark)

Beurteilung von Obstipation                                (0-100: gar nicht – sehr stark)

Je niedriger der BFI, desto besser die Darmfunktion.

 

 

Download

 

Folien zu Vortrag von Ulf Schutter.pdf Ulf Schutter.pdf (785.90 KB)

 

 

Referent

Ulf Schutter
Facharzt für Anästhesiologie und Allgemeinmedizin,
Spezielle Schmerztherapie, Palliativmedizin
Facharztzentrum am Marienhospital
Hervester Straße 55
45768 Marl

 


 

Quelle: Pressekonferenz der Firma Mundipharma zum Thema „2-fach wirksame Schmerztherapie mit Targin ®: Neue Daten aus Klinik und Praxis“ am 09.10.2008 in Berlin (Dorothea Küsters Life Science Communications) (tB).

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