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Upstaza™ – neue intraputaminale Gentherapie gibt Kindern mit AADC-Mangel eine Chance auf geistige und motorische Entwicklung

 

Frankfurt am Main (20. November 2022) – Es gibt Hoffnung für Patienten mit der seltenen Erbkrankheit Aromatische-L-Aminosäure-Decarboxylase (AADC)-Mangel: Seit Juli 2022 ist die Gentherapie Upstaza™ (Eladocagene exuparvovec) als erste krankheitsmodifizierende Behandlung bei bestätigtem AADC-Mangel mit einem schweren Phänotyp zugelassen.1 Upstaza™ ist die erste Gentherapie, die direkt in das Gehirn infundiert wird. Über ihre Erfahrungen mit der Gentherapie in der Praxis berichteten Experten auf der Launch-Pressekonferenz von PTC Therapeutics und demonstrierten die motorischen und kognitiven Verbesserungen bei den Patienten nach der Behandlung anhand von Videoaufnahmen.

„Ich kann mich nicht erinnern, dass ich in meiner beruflichen Karriere jemals etwas Sinnvolleres gemacht habe als diese Gentherapie. Wenn man danach die motorische Entwicklung der Kinder sieht und auch die Verbesserungen für das Leben der Eltern, dann ist das hoch befriedigend“,
so Prof. Karl Kiening, Leitender Oberarzt der Neurochirurgischen Klinik am Universitätsklinikum Heidelberg. Er behandelte das erste Kind mit AADC-Mangel in Deutschland mit UpstazaTM, in enger Zusammenarbeit mit Prof. Thomas Opladen, dem stellvertretenden Sektionsleiter Neuro­pädiatrie und Stoffwechselmedizin und ärztlichem Leiter der pädiatrischen Stoffwechselambu­lanz am selben Klinikum, sowie weiteren Mitarbeitern verschiedener Fachrichtungen.

 

AADC-Mangel führt schon früh zu schweren Behinderungen und Leiden

AADC-Mangel ist eine seltene, häufig tödlich verlaufende genetische Erkrankung, die in der Regel schon in den ersten Lebensmonaten zu erheblichen körperlichen und kognitiven Beein­trächtigungen und Verhaltensauffälligkeiten führt, erklärte Dr. Birgit Hutz, Geschäftsführerin von PTC Therapeutics Germany.2-4 Oft ist das Leben der kleinen Patienten durch belastende Symp­tome, lebensbedrohliche Komplikationen und unzählige medizinische Maßnahmen geprägt.4 „Zudem benötigen sie eine 24-Stunden-Betreuung für alle Aspekte des täglichen Lebens – eine enorme Belastung, nicht zuletzt für die Eltern“, betonte Hutz.

AADC-Mangel ist eine neurometabolische autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung, die durch verschiedene Mutationen im Dopa-Decarboxylase (DDC)-Gen verursacht wird.5 Das Gen codiert für das Enzym AADC, das eine Schlüsselrolle in der Neurotransmittersynthese spielt. In der Folge kommt es zu einem kombinierten Mangel an Dopamin, Serotonin, Adrenalin und Noradre­nalin.4 Das Fehlen dieser Neurotransmitter hemmt die post-synaptische neuronale Signalübertra­gung im Zentralnervensystem, die für die motorische Entwicklung, das Verhalten, und die auto­nome Funktion erforderlich ist.6 „Ohne Dopamin können die Patienten keine Meilensteine in der motorischen Entwicklung erreichen7”, so Hutz und ergänzte: „Die Kinder liegen einfach nur da. Sie können den Kopf nicht heben, nicht sitzen, stehen, gehen oder gar sprechen.”

„Bislang gab es keine wirksame Behandlung für diese Erkrankung“, betonte Hutz. „Umso erfreu­licher ist es, dass es für die betroffenen Kinder nun erstmalig eine wirklich lebensverändernde Therapieoption gibt.“

 

Upstaza™ korrigiert den zugrunde liegenden genetischen Defekt

Upstaza™ (Eladocagene exuparvovec) ist eine einmalige Genersatztherapie, die für die Behand­lung von Patienten ab 18 Monaten mit einer klinisch, molekularbiologisch und genetisch bestätig­ten Diagnose eines AADC-Mangels mit einem schweren Phänotyp indiziert ist.1 UpstazaTM ent­hält die für das humane AADC-Enzym kodierende cDNA (complementary DNA) unter Kontrolle eines Zytomegalievirus-Promoters, eingebettet in den viralen Vektor rAAV2 (rekombinanter adenoassoziierter Serotyp-2 Vektor). Dabei handelt es sich um ein kleines, nicht replizierendes und nicht pathogenes Parvovirus.8

Upstaza™ wird im Rahmen eines stereotaktischen neurochirurgischen Verfahrens einmalig bilateral in das Putamen infundiert.1 Das Putamen ist verantwortlich für motorische Kontrolle, Lernen, Verhalten und Emotionen. „Im Gegensatz zu anderen potenziellen Targets ist das Putamen scharf begrenzt und aufgrund seiner Größe leichter zugänglich. Somit ist es ein besonders gut geeignetes Ziel bei Patienten mit AADC-Mangel9“, erklärte Kiening und ergänzte: „Mit Upstaza™ bringen wir ein funktionierendes DDC-Gen direkt in das Putamen, sodass der zugrunde liegende genetische Defekt korrigiert wird. Dadurch kommt es zur Exprimierung des AADC-Enzyms, was wiederum zur Produktion von Dopamin und folglich zur Entwicklung der motorischen Funktionen bei den Patienten führt.“

Die Wirksamkeit und das Sicherheitsprofil von Upstaza™ wurden in zwei klinischen Studien und im Rahmen einer Compassionate-Use-Studie nachgewiesen, berichtete Hutz.1,10 Erste Effekte auf die motorischen Fähigkeiten zeigten sich bei einigen der mit Gentherapie behandelten Patienten, die vorher keinerlei motorische Meilensteine erreicht hatten, bereits 3 Monate nach der Behandlung. Diese Verbesserungen setzen sich bis zu einem Beobachtungszeitraum von über 5 Jahren nach der Behandlung fort.10 Laut Hutz hätten sich auch die kognitiven Fähigkeiten bei allen behandelten Patienten verbessert. Zudem reduzierten sich Symptome wie z. B. okulo­gyre Krisen (unwillkürliches Augenverdrehen).1,10 „Ein wichtiger Aspekt ist auch, dass sich nach der Gentherapie die Lebensqualität sowohl der Kinder als auch der Eltern deutlich verbessert hat“, betonte Hutz.10

UpstazaTM wurde allgemein gut vertragen.10 Die häufigsten Nebenwirkungen, die infolge der Behandlung auftraten, waren Dyskinesien (bei 92 % der Patienten, n = 26) sowie Pyrexie (bei 96 % der Patienten, n = 26).10 Alle Dyskinesie-Ereignisse, die im Zusammenhang mit UpstazaTM aufgetreten waren, legten sich innerhalb von 10 Monaten nach der Behandlung und konnten mit einer routinemäßigen medizinischen Versorgung behandelt werden.10

 

Erfahrungen mit der Gentherapie in der Praxis
Auch die in Heidelberg von ihnen behandelte Patientin hätte sich nach der Gentherapie rasch positiv entwickelt, berichtete Opladen und stellte den Verlauf detailliert vor. Die Patientin fiel bereits in den ersten 3 Lebensmonaten durch fehlende Kopfkontrolle sowie ein erhöhtes Vanillin­laktat im Urin auf. Magnetresonanztomographie (MRT) des Schädels und Elektroenzephalo­gramm (EEG) waren normal. Weitere Laboruntersuchungen und eine Genanalyse führte schließlich zur Diagnose AADC-Mangel. Mit 4 Monaten zeigte das Kind zwar ein interaktives Lächeln, aber weder spontane Bewegungen, aktive Lautäußerungen noch Kopfkontrolle. Das heißt, es hatte keine Meilensteine der Entwicklung erreicht. Darüber hinaus bestanden eine signifikante Muskelhypotonie, eine Ptosis und eine nasale Kongestion. Besonders belastend für Kind und Eltern, so Opladen weiter, waren die wiederholten ausgeprägten okulogyren Krisen sowie Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen. Die Ernährung erfolgte ausschließlich parenteral, dennoch war die Gewichtszunahme sehr zögerlich. Unter der Standardbehandlung über Jahre konnte keine relevante Besserung der Symptome erzielt werden.

„Im Alter von 3 Jahren wurde das Mädchen dann im September 2021 im Rahmen eines individu­ellen Heilversuchs hier in Heidelberg mit Upstaza™ behandelt“, so Opladen weiter. „Es hat die stereotaktische Operation und die intraputaminale Infusion gut vertragen.“ Vorübergehend traten in den ersten Wochen nach der Therapie Dyskinesien auf. Bei allen Nachuntersuchungsterminen (nach 4 und 9 Wochen, 3, 7 und 12 Monaten) zeigt das Kind eine zunehmende Entwicklung ins­besondere der Motorik und des Muskeltonus. „1 Jahr nach der Gentherapie kann das Mädchen seinen Kopf halten, selbstständig sitzen und mit Hilfe stehen. Es schläft viel besser und hat weniger Stimmungsschwankungen. Und vor allem die belastenden okulogyren Krisen haben sich in Dauer und Intensität deutlich verbessert“, so Opladen. Ptosis und nasale Kongestion seien jedoch unverändert und es sei noch keine expressive Sprache vorhanden. „Jetzt hat uns die schöne Nachricht von den Eltern erreicht, dass ihr Kind nun auch selbstständig isst und weiter an Gewicht zunimmt.“ Inzwischen besucht das Mädchen einen integrativen Kindergarten. Opladen ergänzte, dass laut Aussage der Eltern durch die Gentherapie auch für sie „ein neues Leben“ begonnen habe.

 

Intraputaminale Installation der Gentherapie – eine große Herausforderung

Kiening berichtete anschaulich über die intensiven Vorbereitungen mit dem gesamten Team, die der eigentlichen Operation vorangestellt waren. Welche Hindernisse es gab und welche tech­nischen Lösungen für das benötigte stereotaktische Equipment, das aus der Erwachsenen­medizin stammt, gefunden werden mussten: beispielsweise Kopfhalterungen, Fixierungen und Zielbogensystem, die keinen zu großen Druck auf den kleinen und noch sehr weichen Schädel des Kindes ausüben, Infusionsschläuche und -nadel für die Applikation der Gentherapie, an denen das biologische Material von UpstazaTM nicht haften bleibt, sowie eine Infusionspumpe, die eine Dosierung von 3μl/min (= 0,18 ml/Std.) bewerkstelligen kann. Nachdem diese Probleme gelöst waren, erfolgte die präoperative Planung mit Berechnungen für die Zielfokussierung mit Hilfe von MRT-Bildern sowie verschiedene simulierte Probedurchläufe etc., bis schließlich die richtige Operation durchgeführt werden konnte.

„Die Gentherapie sollte so früh wie nur möglich erfolgen, um den Kindern den größtmöglichen Benefit für ihre motorische Entwicklung zu geben“, betonte Kiening und fügte hinzu: „Das der­zeitig zur Verfügung stehende Equipment ist aber für Kinder unter 18 Monaten nur sehr bedingt geeignet. Daher müssen wir über andere technische Lösungen für die Zukunft nachdenken, beispielsweise die Operation via Roboter mit Feedback-Mechanismen für die stereotaktische Planung und Autokorrektur bei unbeabsichtigten Kopfbewegungen.“ Das Alter von 18 Monaten entspricht dem aktuell untersten Alter gemäß Zulassung.

 

Die frühe und korrekte Diagnose ist entscheidend

„AADC-Mangel ist ein Schicksal für die Kinder und deren Familien, das wir uns gar nicht vor­stellen können“, so Kristina Kempf, Senior Director Marketing Deutschland, Österreich, Schweiz von PTC Therapeutics Germany. Für die Eltern bedeute die Erkrankung oftmals eine jahrelange Odyssee, bis für ihr Kind aufgrund der oft unspezifischen Symptome eine korrekte Diagnose gestellt wird. So könnten Symptome wie okulogyre Krisen oder Muskelhypotonie den Verdacht fälschlicherweise auf Erkrankungen lenken wie Epilepsie bzw. Cerebralparese, sodass die Kinder oft jahrelang falsch behandelt würden, betonte Kempf. „Aber jetzt besteht durch die Gentherapie erstmals die Möglichkeit, Kindern mit AADC-Mangel und deren Eltern zu helfen, ihnen Hoffnung zu geben und wieder Leben zu schenken!“

Anschließend ließ Kempf eine Mutter und einen Vater selbst über den langen Weg bis zur korrekten Diagnose bei ihrer kleinen Tochter, die Gentherapie und die erstaunliche Entwicklung ihres Kindes nach der Behandlung berichten. Das eindrucksvolle Video ist zu sehen unter: www.aadc-mangel.de/insights/videos

 

Frühe Symptome, auf die geachtet werden sollte

Die wichtigsten Symptome des seltenen AADC-Mangels, auf die Eltern bei ihrem Baby achten sollten und die den Kinderarzt hellhörig werden lassen sollten, fasste Opladen abschließend noch einmal zusammen: „Eines der Hauptpunkte ist die sehr ausgeprägte Muskelhypotonie. Ein weiteres wichtiges Symptom sind die Augenmuskelstörungen, d. h. die okulogyren Krisen. Auffällig ist zudem die ständig verstopfte Nase sowie eine nach der Geburt auftretende Hypo­glykämie. Das sind vier Aspekte, die zusammengenommen – nicht einzeln – durchaus ein klares Bild ergeben können. Bei AADC-Mangel muss man bedenken, dass die verschiedenen Symptome nur in Kombination ein gemeinsames Bild ergeben.“

„Wir haben nun für eine bisher nicht heilbare Krankheit erstmals eine kausale therapeutische Option. Und mit ihr die Möglichkeit, den Krankheitsverlauf und damit auch die Belastung für das Kind und die Eltern relevant zu verändern. Wir hoffen, die Gentherapie möglichst vielen Kindern mit AADC-Mangel zur Verfügung stellen zu können“, so Opladen abschließend.

 

 

Über PTC Therapeutics, Inc.

PTC ist ein wissenschaftlich orientiertes, weltweit tätiges biopharmazeutisches Unternehmen, das sich auf die Entdeckung, Entwicklung und Vermarktung von klinisch differenzierten Medikamenten konzentriert, die Patienten mit seltenen Erkrankungen zugutekommen. Die Fähigkeit von PTC, durch Innovation neue Therapien zu entwickeln und Produkte weltweit zu vermarkten, ist die Grundlage für Investitionen in eine robuste und breit gefächerte Pipeline innovativer Medikamente. PTC hat es sich zur Aufgabe gemacht, Patienten, für die es nur wenige oder gar keine Behandlungsmöglichkeiten gibt, Zugang zu erstklassigen Therapien zu verschaffen. Die Strategie von PTC besteht darin, sein starkes wissenschaftliches und klinisches Fachwissen sowie seine globale kommerzielle Infrastruktur zu nutzen, um Therapien zu den Patienten zu bringen. PTC ist davon überzeugt, dass es auf diese Weise den Wert für alle seine Interessengruppen maximieren kann.

Um mehr über PTC zu erfahren, besuchen Sie uns bitte unter www.ptcbio.de und folgen Sie uns auf Facebook, Instagram und LinkedIn. Weitere Informationen finden Sie unter www.aadc-mangel.de oder unter www.aadc-testen.de.

 

 

 

Quellen

  1. UpstazaTM Fachinformation, Stand September 2022
  2. Manegold C et al. J Inherit Metab Dis 2009; 32(3): 371-380
  3. Brun L et al. Neurology 2010; 75(1):64-71
  4. Wassenberg T et al. Orphanet J Rare Dis 2017; 12(1):12. doi: 10.1186/s13023-016-0522-z.
  5. Chien YH et al. Mol Genet Metab 2016; 118(4): 259-263
  6. Pons R et al. Neurology 2004; 62(7): 1058-1065
  7. Hwu WL et al. JIMD Rep 2018; 40: 1-6.
  8. Opladen T et al. Monatsschrift Kinderheilkunde 2021; 169: 738-747.
  9. Hwu PWL et al. EMBO Mol Med 2021; 13(9): e14712. doi:10.15252/emmm.202114712
  10. Tai CH et al. Mol Ther. 2022; 30(2): 509-518.

 

 

 


Quelle: PTC Therapeutics, 20.11.2022 (tB).

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