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Vom Organ zum onkogenen Treiber

Tumorgenomtestung erschließt Nutzen präzisionsonkologischer Therapien
wie Vitrakvi® (Larotrectinib)

 

  • Frühe (Upfront) Tumorgenomtestung zur Identifizierung onkogener Aberrationen ist Voraussetzung, damit Patienten die bestverfügbare Behandlung erhalten können
  • Fachgesellschaften empfehlen die Tumorgenomtestung, sie wird aber noch nicht routinemäßig eingesetzt
  • Larotrectinib (Vitrakvi®) zur Behandlung von soliden Tumoren mit NTRK-Genfusionen ist die erste Tumorart-unabhängige Therapie in der EU
  • Ein Datenupdate zeigt hohes und langanhaltendes Ansprechen bei Erwachsenen und Kindern bei gleichzeitig guter Verträglichkeit (1)

 

Leverkusen/Frankfurt am Main (27. Februar 2020) – Die Tumortherapie erfolgt zunehmend personalisiert. Dazu tragen auch präzisionsonkologische Therapien wie Vitrakvi® (Larotrectinib) mit außergewöhnlich hohen Ansprechraten bei. Sie adressieren onkogene Aberrationen, die maßgeblich für die Tumorentstehung verantwortlich sind. Damit Patienten von solchen Therapien profitieren können, ist die Identifizierung von onkogenen Aberrationen auf molekularer Ebene durch eine Tumorgenomtestung essentiell. Medizinische Fachgesellschaften empfehlen die Tumorgenomtestung. Aktuell wird sie aber noch nicht routinemäßig durchgeführt.

 

Erweiterter Datensatz bestätigt hohes und langanhaltendes Ansprechen von Larotrectinib

Larotrectinib (Vitrakvi®) ist die erste Therapie, die in der EU eine Tumorart-unabhängige Zulassung zur Behandlung von soliden Tumoren mit einer NTRK-Genfusion (a) erhalten hat. Prof. PD Dr. med. Gerald Prager, Medizinische Universität Wien, präsentierte aktuelle Ergebnisse des erweiterten Datensatzes zu Larotrectinib mit insgesamt 159 Patienten (davon 153 auswertbare Patienten) aus einer gepoolten Analyse von drei klinischen Studien der Phasen I und II. Diese zeigen erneut ein hohes und langanhaltendes Ansprechen von Larotrectinib bei Erwachsenen und Kindern mit TRK-Fusionstumoren bei gleichzeitig guter Verträglichkeit. Die objektive Ansprechrate (objective response rate, ORR) lag bei 79 %. Die mediane Dauer des Ansprechens betrug 35,2 Monate. Das mediane Gesamtüberleben (overall survival, OS) lag bei 44,4 Monaten, das mediane progressionsfreie Überleben (progression free survival, PFS) betrug 28,3 Monate. Die Verträglichkeit von Larotrectinib war gut. Die Mehrzahl der unerwünschten Ereignisse war vom Grad 1 oder 2, Nebenwirkungen vom Grad 3 und 4 traten kaum auf. (1)

Zusätzlich wurde bei diesen Patienten auch der Wachstumsmodulationsindex (Growth Modulation Index, GMI) berechnet. Dieser gibt das Verhältnis zwischen der PFS-Zeit unter Larotrectinib und der Zeit bis zur Progression (TTP, time to progression) der vorangegangenen Therapie an. 66 % der Patienten erreichten den als Grenzwert für ein bedeutsames klinisches Ansprechen geltenden GMI von ≥ 1,33, unabhängig von Tumorart und Lebensalter. Dieser Befund ist von besonderer Relevanz, da in der Regel die TTP unter späteren Therapielinien kürzer werden. 60 % der Patienten erreichten einen GMI von >2. (2)

 

Hohe Wirksamkeit auch in Subgruppen mit ZNS-Tumoren, NSCLC und GI-Tumoren

Auswertungen bei primären ZNS-Tumoren (n = 14) zeigen eine Gesamtansprechrate von 36 %. (3) Bei NSCLC-Patienten (n = 11) lag die Ansprechrate bei 71 % und die mediane Dauer des Ansprechens betrug 12,9 Monate. (4) Auch bei gastrointestinalen TRK-Fusionstumoren (n = 14) erzielte Larotrectinib positive Ergebnisse mit einer Ansprechrate von 43 %, einem medianen Gesamtüberleben von 33,4 Monaten sowie einem medianen PFS von 5,3 Monaten. (5) Bei insgesamt acht Patienten mit einem kolorektalen Karzinom lag die Ansprechrate bei 50 %, wobei sieben Patienten MSI-high und ein Patient Mikrosatelliten-stabil waren. (5) Die Daten unterstützen die Annahme, dass NTRK-Genfusionen bei Kolonkarzinompatienten mit hoher Mikrosatelliteninstabilität häufiger auftreten als bei Mikrosatelliten-stabilen Patienten. (5)

„Damit möglichst viele Patienten von diesem Fortschritt profitieren können, sollten alle Patienten mit soliden Tumoren, die nicht kurativ behandelt werden können, auf onkogene Treiber getestet werden“, so das Fazit von Prager. Dies unterstrich auch Prof. Dr. med. Frank Griesinger, Direktor der Klinik für Hämatologie und Onkologe am Pius-Hospital Oldenburg sowie Koordinator des Cancer Center Oldenburg: „Beim NSCLC testen wir inzwischen routinemäßig upfront. Aber auch bei anderen Tumorentitäten ist es nicht zu verantworten, Patienten nicht zu testen. Dafür müssen wir das Wissen zu onkogenen Treibern und zur Tumorgenomtestung breit verfügbar machen. Wir müssen jede Anstrengung unternehmen, um die Testung so hürdenfrei wie möglich zu gestalten.“

 

Diagnostische Möglichkeiten zur Identifizierung von NTRK-Genfusionen

Die Möglichkeiten der Tumorgenomtestung präsentierte PD Dr. rer. nat. Karsten Neumann, Leiter der Molekularpathologie am Städtischen Klinikum Dessau. Bei verschiedenen Entitäten, wie z. B. dem nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC), sei es schon heute Standard, auf bekannte onkogene Treiber wie EGFR, HER2, RET, ALK, ROS1 und BRAF zu testen. Ebenso ist die Möglichkeit einer Testung auf NTRK-Genfusionen mittlerweile in den Leitlinien verankert. (6) „Auch bei Tumoren mit niedriger NTRK-Frequenz sollte eine Testung möglichst früh erfolgen, also vor Beginn einer systemischen Therapie“, so Neumann.

 

Testalgorithmus: IHC zum Screening, NGS wird als Bestätigung präferiert

Die Wahl der molekulargenetischen Testmethoden hängt dabei aber nicht nur von der Art der Tumorentität ab. Sie wird auch entscheidend von der Qualität und Menge des klinischen Testmaterials bestimmt.

Bei Tumorentitäten mit hoher NTRK-Genfusionsfrequenz und bekannten Fusionsgenen kann es ausreichen, mit IHC zu beginnen und einen positiven Befund mit einer zweiten Methode wie FISH, RT-PCR oder NGS zu bestätigen. Bei einem wiederholt positiven Ergebnis kann dann direkt mit TRK-Inhibitoren wie Larotrectinib behandelt werden.

Bei Tumorentitäten mit niedriger NTRK-Fusionsgen-Frequenz und einer routinemäßigen RNA-NGS-Testung, sollte das Panel die NTRK-1, -2, -3-Genfusionen mit detektieren. Wird bei diesen Tumoren in der regulären molekularen Diagnostik kein RNA-NGS durchgeführt, dann erfolgt zunächst eine pan-TRK-IHC-Testung. Im Fall einer NTRK-Expression wird mit RNA/DNA-NGS oder anderen Methoden die tatsächliche Präsenz einer genetischen Translokation / Genfusion überprüft. Des Weiteren ist es sinnvoll, auch im NGS detektierte, unbekannte Genfusionen mit einem anschließenden immunhistochemischen Protein-Nachweis auf ihre Funktionalität zu testen, so Neumann.

Die einzelnen Methoden unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich ihrer Sensitivität und Spezifität. Die IHC eignet sich in erster Linie als Screening-Methode zum Nachweis von TRK-Proteinen. Eine molekulare Testung mittels Next Generation Sequencing (NGS) auf DNA- oder RNA-Ebene weist Genfusionen direkt nach. Onkologen sollten nach Meinung von Neumann verstärkt daran denken, die Testung auf NTRK-Genfusionen anzufordern, wenn diese eine weitere Therapieoption bieten. Dafür stellen die molekularpathologischen Labore der Pathologien entsprechende Antragsformulare zur Verfügung. Je nach Testart und Testumfang liegt der Befund innerhalb von zwei Tagen bis drei Wochen vor. Dieser listet u. a. die Testergebnisse inklusive aller Genvarianten auf und beurteilt diese nach ihrer diagnostischen, prognostischen und prädiktiven Wertigkeit. Außerdem sollten bekannte onkogene Treiber nach Möglichkeit schnell hinsichtlich ihrer therapeutischen Relevanz beurteilt und in die entsprechenden Leitlinien überführt werden.

 

Anmerkung

(a)Gemäß EU-Zulassung ist Larotrectinib als Monotherapie indiziert für die Behandlung von erwachsenen und pädiatrischen Patienten mit soliden Tumoren mit einer NTRK-Genfusion, bei denen eine lokal fortgeschrittene oder metastasierte Erkrankung vorliegt oder eine Erkrankung, bei der eine chirurgische Resektion wahrscheinlich zu schwerer Morbidität führt und für die keine zufriedenstellenden Therapieoptionen zur Verfügung stehen.

 

Literatur

  1. Hyman DM, et al. Ann Oncol 2019;30(suppl 5). Vorgestellt: ESMO-Kongress 2019, 27. September – 01. Oktober 2019, Barcelona, Spanien. Abstract 445PD
  2. Italiano A, et al. Ann of Oncol 2019;30(suppl 5): v159-v193. 10.1093/annonc/mdz244. Vorgestellt: ESMO-Kongress 2019, 27. September – 01. Oktober 2019, Barcelona, Spanien. Poster Session 09/30/2019
  3. Drilon A, et al. J Clin Oncol 2019;37(suppl). Vorgestellt: ASCO-Kongress 2019, 31. Mai – 4. Juni 2019, Chicago, USA. Abstract 2006
  4. Drilon A, et al. Vorgestellt: ELCC-Kongress 2019; 10 – 13. April 2019, Genf, Schweiz. Abstract 1110
  5. Berlin J, et al. Vorgestellt: ASCO-GI-Kongress 2020, 23. – 25. Januar 2020, San Francisco, Kalifornien. Abstract 824
  6. Onkopedia Leitlinie NSCLC, https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/lungenkarzinom-nicht-kleinzellig-nsclc/@@guideline/html/index.html

 

Über Bayer

Bayer ist ein weltweit tätiges Unternehmen mit Kernkompetenzen auf den Life-Science-Gebieten Gesundheit und Ernährung. Mit seinen Produkten und Dienstleistungen will das Unternehmen den Menschen nützen, indem es zur Lösung grundlegender Herausforderungen einer stetig wachsenden und alternden Weltbevölkerung beiträgt. Gleichzeitig will der Konzern seine Ertragskraft steigern sowie Werte durch Innovation und Wachstum schaffen. Bayer bekennt sich zu den Prinzipien der Nachhaltigkeit und steht mit seiner Marke weltweit für Vertrauen, Zuverlässigkeit und Qualität. Im Geschäftsjahr 2019 erzielte der Konzern mit rund 104.000 Beschäftigten einen Umsatz von 43,5 Milliarden Euro. Die Investitionen beliefen sich auf 2,9 Milliarden Euro und die Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf 5,3 Milliarden Euro.

  • Weitere Informationen sind im Internet zu finden unter www.bayer.de

Die Bayer Vital GmbH vertreibt die Arzneimittel der Divisionen Consumer Health und Pharmaceuticals sowie die Tierarzneimittel der Geschäftseinheit Animal Health in Deutschland. Mehr Informationen zur Bayer Vital GmbH finden Sie unter: www.gesundheit.bayer.de

 


Quelle: Bayer Vital, 27.02.2020 (tB).

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