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13. Bamberger Gespräche 2009
Harninkontinenz und Sexualität – Was ist an Diagnostik wichtig aus gynäkologischer Sicht?
Von Dr. med. Bettina Wildt
Bamberg (5. September 2009) – Epidemiologisch wird die Häufigkeit des Auftretens von Sexualstörungen in einer urogynäkologischen Ambulanz mit bis zu 48 % angenommen. Rogers et al. (2001) berichten von Sexualfunktionsstörungen wie verringerter sexueller Lust, Erregungsstörungen, Orgasmusstörungen und Schmerzen beim Verkehr bei 46 % der Frauen mit Inkontinenzproblemen. Dennoch werden die Sexualstörungen aufgrund ihrer Komplexizität und der Unsicherheit bei der Abfrage von FrauenärztInnen oft nicht in der Sprechstunde thematisiert. Dem steht die drastische Einschränkung der Lebensqualität betroffener Patientinnen entgegen.
Insbesondere in der Urogynäkologie können Sexualstörungen als Folge eines anatomischen Defektes oder operativen Eingriffs auftreten und müssen daher gleichermaßen in der Diagnostik und Therapieplanung Beachtung finden. Die entsprechende Abklärung sollte deshalb in die alltägliche Routineanamnese und Diagnostik jedes Frauenarztes integriert sein.
Es müssen nach internationaler Terminologie innerhalb der Sexualstörungen vier Hauptgruppen unterschieden werden. Die Libidostörung, die Erregungsstörung, die Orgasmusstörung und die Dyspareunie. Ursachen der Sexualstörung können dabei organischer, psychischer, gemischter oder unbekannter Natur sein.
Sexualstörungen aufgrund einer Harninkontinenz oder als Folge einer Harninkontinenz- OP sind dabei nicht klar organischer oder psychischer Genese. In der Anamneseerhebung sollte daher Gegenstand genauer Nachfrage sein, ob z.B. eine Dranginkontinenz Auslöser sexueller Appetenzstörungen ist oder unkontrollierter Urinverlust beim Verkehr selbst im Rahmen einer Belastungsinkontinenz zu den Sexualkontakt vermeidenden Schamgefühlen führt. Im Umkehrschluß müssen jedoch auch andere mögliche Ursachen beleuchtet werden, eine Harninkontinenz als Vorwand zum Vermeiden sexueller Kontakte darf nicht unerkannt bleiben.
In der Literatur werden zwei Formen koitaler Inkontinenz unterschieden, nämlich der Harnverlust bei tiefer vaginaler Penetration und die Inkontinenz während des Orgasmus. Traditionellerweise wurde der Harnverlust bei Penetration mit der Belastungsinkontinenz und die Orgasmusinkontinenz mit der klassischen Dranginkontinenz in Verbindung gebracht. In Kollektiven von inkontinenten Frauen schwankt die Bandbreite je nach Untersuchung zwischen 10 % und 56 % Häufigkeit.
Zur besseren und strukturierteren Erfassung sexueller Problem bei urogynäkologischen Erkrankungen wurden Fragebögen entwickelt, wie z.B. der PISQ- 31, der SHF-12 und der FSFI. Noch sind diese jedoch für die deutsche Sprache nicht validiert. Aus diesem Grund wird derzeit, ausgehend von einer Initiative der IUGA ein neuer Fragebogen auf der Basis des PISQ-12 entwickelt. Im Rahmen der Diagnostik hat die vaginal- palpatorische Untersuchung sowie die Introitussonographie den größten Stellenwert. Sowohl prä- als auch postoperativ muß geachtet werden auf anatomische Befunde und morphologische Veränderungen, Lageveränderungen, Fremdmaterialien, die eine Dyspareunie auslösen können. Oftmals können die Beschwerden direkt in der vaginalen Untersuchung hinreichend validiert werden.
Denn nicht nur die Harninkontinenz, sondern auch die operative Therapie derselben kann zu Sexualstörungen führen. Nach einer Untersuchung von Yeni et al beinflussen sowohl die Streßinkontinenz als auch die TVT-Operation die Sexualfunktion negativ. Laut den Autoren führt die TVT-Bandeinlage zu einer Reduktion von genitaler Empfindung und vaginaler Lubrikation, was zu schmerzhaftem Verkehr und als Folge zur Verhinderung von Orgasmen führen kann. Zystometrische Untersuchungen konnten keinen Unterschied zwischen Patientinnen mit koitaler Inkontinenz und anderen Inkontinenzformen finden. (Vierhout, Gianotten, 1993)
Ein Problem scheint grundsätzlich das Unterschätzen der Häufigkeit sexueller Probleme in Zusammenhang mit urogynäkologischen Erkrankungen zu sein. Fayyad et al. konnten 2007 zeigen, dass die Sexualfunktion in 75 % der Fälle im Rahmen der Diagnostik und präoperativ in der Therapieplanung nur unzureichend erfasst worden war.
Harninkontinenz- Beschwerden korrelieren nach allgemeiner Literaturlage im hohen Prozentsatz mit sexuellen Funktionsstörungen, konservative und operative Maßnahmen können diese sogar weiter verschlechtern. Daher ist die Berücksichtigung und ein sensibler Umgang mit dem Thema der Inkontinenz–assoziierten Sexualstörungen von hoher Wichtigkeit für den urogynäkologisch tätigen Gynäkologen.
Quelle: 13. Bamberger Gespräche der Firma Dr. R. Pfleger am 05.09.2009 in Bamberg (Fleishman Hillard).