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Wirksamkeit belegt: Internettherapie hilft trauernden Eltern
Bundesweit einmaliges Projekt zur Trauerbewältigung nach Verlust eines ungeborenen Kindes
Münster (5. August 2009). "Der Verlust eines ungeborenen Kindes ist für die betroffenen Eltern oft ein traumatisches Erlebnis." Diese Erfahrung hat Prof. Dr. Anette Kersting als Ärztin und Psychotherapeutin in der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Münster (UKM) bereits häufig gemacht. Aus diesem Grund entwickelte sie ein bundesweit einmaliges Projekt: Eltern, die während oder unmittelbar nach der Schwangerschaft ein Kind verloren haben, bietet Anette Kersting gemeinsam mit den Diplom-Psychologinnen Kristin Kroker und Katja Baus eine Internettherapie, in der sie ihre Trauer verarbeiten können. Vor rund 18 Monaten startete das Onlineportal. Mittlerweile liegen im Rahmen der wissenschaftlichen Evaluierung des Projekts erste Ergebnisse vor, die auf eine gute Wirksamkeit der Internettherapie schließen lassen.
Insgesamt 54 Patienten (52 Frauen und zwei Männer) nahmen bisher an der Behandlung teil – mit Erfolg, wie die Untersuchungsergebnisse des Projekts belegen: "Im Anschluss an die Behandlung zeigten die Klienten signifikante Verbesserungen auf allen Symptomebenen. Gemessen auf den Ebenen Trauer, traumatisches Erleben, allgemeine psychische Belastungen, Depressivität, Ängstlichkeit und Somatisierung ging es den Teilnehmern der Therapie signifikant besser als vor der Behandlung," freut sich Kersting. Drei Monate nach Abschluss der Behandlung wurden die Teilnehmer erneut befragt – auch zu diesem Zeitpunkt war der Zustand der Betroffenen weiterhin so stabil wie direkt nach der Therapie.
Diese positive Entwicklung würdigt auch das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), das eine Weiterförderung des Projekts in Höhe von 65.000 Euro pro Jahr bis 2011 bewilligte. Dank dieser Förderung können betroffene Eltern die Onlinetherapie kostenlos in Anspruch nehmen. Das Team um Anette Kersting hofft nun, noch viele weitere Eltern in ihrem Trauerprozess zu unterstützen und langfristige Daten zur Wirksamkeit ihrer Therapie sammeln zu können. Dabei wünschen sich die Therapeutinnen, dass in Zukunft auch mehr Männer das Angebot nutzen. Denn Männer trauern anders als Frauen, sind vom Verlust eines Kindes aber ebenso betroffen wie Frauen: "Eine Fehl- oder Totgeburt ist für beide Elternteile ein einschneidendes Erlebnis, das psychisch sehr belastend sein kann", erklärt Prof. Kersting den Leidensdruck trauernder Mütter und Väter. Therapeutische Unterstützung nehmen jedoch nur wenige Väter in Anspruch. Eine herkömmliche Psychotherapie ist für viele immer noch mit einem gesellschaftlichen Makel behaftet. Die Internettherapie hingegen bietet den Betroffenen mehr Anonymität und senkt die Hemmschwelle, professionelle Hilfe in dieser schwierigen Zeit in Anspruch zu nehmen. Doch nicht für alle Patienten ist die Internettherapie die geeignete Therapieform: Menschen, die unter Begleiterkrankungen wie Depressionen leiden oder suizidgefährdet sind, verweist das Team an andere Behandlungsangebote.
Obwohl die Kommunikation in der Onlinetherapie ausschließlich schriftlich per E-Mail erfolgt, entwickelt sich eine intensive Beziehung zwischen Patient und Therapeut: "Die Therapie ging vielen Teilnehmern unglaublich nahe und sie waren erstaunt darüber, wie sehr ihnen die Beratung hilft", berichtet Anette Kersting. Die Behandlung besteht aus zehn strukturierten Schreibaufgaben, die über einen Zeitraum von fünf Wochen durchgeführt werden. Innerhalb eines Werktages erhalten die Patienten eine Rückmeldung auf ihren Essay und Instruktionen für die nächsten Aufgaben. "Dabei gehen wir individuell auf die Situation der Klienten ein", betont die Therapeutin. Das Behandlungskonzept selbst gliedert sich in drei Module: In der ersten Phase der Selbstkonfrontation beschäftigen sich die Eltern in vier Texten detailliert mit dem Verlust, indem sie eine besondere Situation ausführlich beschreiben. In der zweiten Phase werden die Patienten aufgefordert einen unterstützenden Brief an eine fiktive Freundin zu schreiben, die das gleiche erlebt hat. So sollen die eigenen Gedanken in Frage gestellt und eine neue Perspektive des Verlusts eingenommen werden. Die dritte Behandlungsphase zielt schließlich darauf ab, das soziale Netzwerk zu reaktivieren und in die Situation der Eltern einzubeziehen.
Fragen zum Therapieangebot beantworten die Fachfrauen in Einzelchats im Rahmen einer offenen Sprechstunde, die jeden Dienstag von 10 Uhr bis 11 Uhr stattfindet. Weitere Informationen und Anmeldung zur Therapie: www.internettherapie-trauernde-eltern.de
Weitere Informationen
www.internettherapie-trauernde-eltern.de – Informationen und Anmeldung zur Therapie
Abb. oben (v. l): Freuen sich über den Erfolg der bundesweit einmaligen Internettherapie für trauernde Eltern: Prof. Dr. Anette Kersting und die Diplom-Psychologinnen Kristin Kroker und Katja Baus. Photo: UKM
Quelle: Pressemitteilung des Universitätsklinikums Münster vom 05.08.2009.