MEDIZIN

DOC-CHECK LOGIN

Worüber keiner spricht

Sexuell übertragbare Infektionen in Deutschland


Bochum (31. August 2011) – Wie steht es um die sexuelle Gesundheit in Deutschland? Die Antwort: Wir wissen es leider nicht! Denn mit Ausnahme von HIV und Syphilis erlaubt die derzeitige Datenlage zu sexuell übertragbaren Infektionen (STI – sexually transmitted infections) keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Infektionsrate. Prof. Dr. Norbert Brockmeyer, HIV-Forscher und Mediziner der Ruhr-Universität Bochum, fordert ein Umdenken in der Gesundheitsversorgung: „Unsere HIV/AIDS-Politik muss durch eine umfassende STI-Politik ergänzt werden.“

Die Dermatologische Klinik der Ruhr-Universität hat sich bereits diesen neuen Herausforderungen mit der Gründung eines „Zentrums für Sexuelle Gesundheit“ gestellt. Weitere Lösungsansätze und Praxisbeispiele werden am 2. und 3. September auf dem Deutschen STD-Kongress in Frankfurt vorgestellt. STD steht für „sexually transmitted diseases“.

Hohe Hemmschwelle

HIV, Syphilis, Gonorrhöe (Tripper), Herpes, Genitalwarzen, Chlamydien: „Die Bereitschaft sich auf sexuell übertragbare Infektionen untersuchen zu lassen, ist immer noch mit einer hohen Hemmschwelle verbunden“, so Prof. Brockmeyer. Ein Vergleich mit anderen Ländern ist daher schwierig. Dabei verbreiten sich STI in der Bevölkerung rasant: Schätzungen zufolge bleiben beispielsweise mehr als 100.000 Frauen in Deutschland durch unbehandelte Chlamydieninfektionen ungewollt kinderlos – ein durchaus vermeidbares Risiko, da durch ein bundesweites Chlamydien-Screening die Infektionen eingedämmt werden könnten. Gleiches gilt für Hepatitis- und Humane Papillomvirus-Infektionen (HPV), die Leberschäden, Gebärmutterhalskrebs und weitere Tumore hervorrufen können. Mit der Impfung gegen Hepatitis B und gegen HPV ließe sich in diesen Fällen die Entstehung schwerwiegender Krankheiten deutlich senken, sagt Brockmeyer.

Nur die Spitze des Eisbergs

Prof. Dr. Norbert Brockmeyer, HIV-Experte an der Ruhr-Universität Bochum und Präsident der Deutschen STD-Gesellschaft (DSTDG), sieht vor allem Handlungsbedarf bei der STI-Versorgung in Deutschland. „Ich plädiere für eine breite Aufstellung im Bereich sexuell übertragbarer Krankheiten. Wir dürfen uns nicht nur auf HIV/AIDS fokussieren, sondern sollten alle STI und die Förderung der sexuellen Gesundheit insgesamt in den Blick nehmen“. Dabei gibt er zu bedenken, dass Patienten mit HIV (ca. 70.000 in Deutschland) und Syphilis (ca. 3.000 Infizierte jährlich) nur die Spitze des Eisberges darstellen – die Versorgung von Patienten mit anderen STI ist aufgrund der epidemischen Verbreitung eine zunehmende Herausforderung für das Gesundheitssystem.

Eine Lösung: Regionale Fachzentren für Sexuelle Gesundheit

Sexuelle Gesundheit als eigenständiger Bereich in der Gesundheitsversorgung existiert in Deutschland nicht. „Was wir brauchen, sind regionale Fachzentren, in denen umfassend informiert, diagnostiziert und behandelt wird“, so Brockmeyer, der bereits 2009 das „Zentrum für Sexuelle Gesundheit“ an der Dermatologischen Klinik der Ruhr-Universität gründete. In einem ganzheitlichen Konzept geht es hier um alle Aspekte, die zur sexuellen Gesundheit gehören. Dazu zählen u. a. eine befriedigend gelebte Sexualität, Offenheit für die individuelle sexuelle Orientierung, Schwangerschaftsberatung und ebenso Hilfe bei sexueller Gewalt oder bei Gesundheitsgefährdungen durch Infektionen.

Zukunftsmodelle, Zahlen und Fakten: Vorgestellt auf dem STD-Kongress in Frankfurt

Fachleute aus Kliniken, Praxen, dem öffentlichen Gesundheitswesen und der Forschung diskutieren auf dem Jahreskongress der Deutschen STD-Gesellschaft am 2. und 3. September in Frankfurt unter dem Motto „Mobilität: Menschen, Sexualität und Erreger unterwegs“ neue Wege zur sexuellen Gesundheit. „Die Jahrestagung der Deutschen STD-Gesellschaft richtet sich nicht nur an Experten, sondern ist an alle adressiert, die sich für ein neues STI-Zukunftsmodell interessieren“, so Brockmeyer. Der Kongress wurde von der Ärztekammer mit 16 Fortbildungspunkten zertifiziert. Studierende haben freien Eintritt.

 


 

Quelle: Ruhr-Universität Bochum, 31.08.2011 (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…