Zu wenig Personal im Pflegeheim rechtfertigt geringere Vergütung

 

Neuss (23. Mai 2011) – Das Landessozialgericht (LSG) Hessen hat mit Urteil vom 23.05.20011 – AZ L 8 P 29/08 – entschieden, dass eine personelle Unterversorgung in stationären Pflegeeinrichtungen zu einer Kürzung der Entgelte führen kann.

 

In einer heute veröffentlichten Mitteilung hat das LSG Hessen ausgeführt, dass die Pflegeheime nach dem Pflegeversicherungsgesetz verpflichtet seien, in Vereinbarungen mit den Verbänden der Pflegekassen und den Sozialhilfeträgern die personelle Ausstattung im Pflege- und Betreuungsbereich festzulegen. Diese Vereinbarungen finden Eingang in die Festlegung der Vergütungssätze des Pflegeheimes, welche von den Heimbewohnern, Pflegekassen und Sozialhilfeträgern zu zahlen sind. Wird der vereinbarte Personalschlüssel unterschritten, so sind die Pflegevergütungen für die Dauer der Pflichtverletzung zu kürzen. Der Kürzungsbetrag ist von der Pflegeeinrichtung an die Pflegekassen, die Sozialhilfeträger und bis zur Höhe ihres Eigenanteils an die betroffenen Pflegebedürftigen (anteilig) zurückzuzahlen. Über die Höhe des Kürzungsbetrages ist Einvernehmen anzustreben. Kommt eine Einigung zwischen dem Pflegeheim, den Pflegekassen und den Sozialhilfeträgern nicht zustande, entscheidet hierüber die Schiedsstelle, deren Schiedsspruch vor dem Landessozialgericht angefochten werden kann.

 

Im konkreten Fall ging es um eine stationäre Pflegeeinrichtung mit 150 Betten. Mit einer Leistungs- und Qualitätsvereinbarung von August 2004 verpflichtete sie sich, in der Zeit von August 2005 bis September 2006 56,39 Vollzeitstellen für Pflegekräfte und Mitarbeiter in der sozialen Betreuung bereitzustellen und zu besetzen. Für die Folgezeit bis Dezember 2006 bestand die entsprechende Verpflichtung für 52,69 Vollzeitstellen. Bei einer Qualitätsprüfung des Heimes durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) im Oktober 2005 wurden erhebliche Mängel im Pflegebereich und eine Stellenunterbesetzung festgestellt. Dies führte zu weiteren Ermittlungen des zuständigen Sozialamtes unter Auswertung von Dienstplänen und Personalunterlagen der Pflegeeinrichtung. Die Kreisverwaltung gelangte zu dem Ergebnis, das Pflegeheim habe im Durchschnitt 3,5 Vollzeitkräfte zu wenig eingesetzt und in hohem Maße von den Pflegekräften Überstunden erbringen lassen. Dies rechtfertige einen Kürzungsbetrag von 2,58 € für alle Pflegestufen pro Berechnungstag (bei insgesamt 68.618 Berechnungstagen knapp 180.000 €).

 

Anlass und Höhe der Kürzung führte zu einem Streitverfahren vor den Sozialgerichten mit der Folge, dass das LSG die vorgenommene Kürzung als bestätigte. Das Pflegeheim habe nicht ausreichend Personal vorgehalten und damit seine Pflichten verletzt. Die deshalb ausgesprochene Kürzung der Pflegevergütung sei auch hinsichtlich der Höhe rechtmäßig. Genaue Vorgaben zur Berechnung des Kürzungsbetrages enthalte das Gesetz zwar nicht. Es sei aber sachgerecht, den Kürzungsbetrag anhand der eingesparten Personalkosten zu berechnen.

 


Quelle: Werner Schell, Dozent für Pflegerecht, Vorstand von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk, 23.05.2011 (tB).

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