Zukunftsweisende Forschung, leistungsstarker Produktionsstandort und hochwertige Arzneimittelversorgung

Ergebnisse des Pharmadialogs vorgestellt

Berlin (12. April 2016) – Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe, Bundesforschungsministerin Johanna Wanka und Wirtschaftsstaatssekretär Rainer Sontowski haben heute in Berlin zusammen mit Vertretern der pharmazeutischen Industrie, der Wissenschaft und der Forschung sowie der Gewerkschaft IG BCE die Ergebnisse des „Pharmadialogs“ vorgestellt.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe: „Mit den Vereinbarungen des Pharmadialogs stellen wir gemeinsam die Weichen für eine starke Forschung und Produktion am Pharmastandort Deutschland auch in Zukunft. Damit schaffen wir die Grundlagen dafür, dass Patientinnen und Patienten weiterhin einen schnellen Zugang zu hochwertigen und zugleich bezahlbaren Arzneimitteln haben. Es ist gut, dass sich die pharmazeutische Industrie für die Entwicklung neuer Antibiotika und eine bessere Versorgung mit Kinderarzneimitteln stark macht. Gerade aufgrund der aufwendigen Entwicklung neuer Antibiotika brauchen wir eine enge Zusammenarbeit der forschenden Unternehmen, der Wissenschaft und der Politik, um die Anstrengungen in diesem Bereich zu verstärken. Diese Partnerschaften wollen wir gemeinsam verstärken.“

Bundesministerin Professor Dr. Johanna Wanka: „Mir ist wichtig, dass die Menschen von den Forschungsergebnissen schnell profitieren. Der enge Dialog zwischen Wissenschaft und Wirtschaft ist für einen intakten Wissenstransfer unerlässlich. Wir werden die Entwicklung von Wirkstoffen und Arzneimitteln mit Forschungsprogrammen weiterhin unterstützen.“

Laut Wanka sollen insbesondere kleine und mittlere Unternehmen mit einer neuen Fördermaßnahme gezielt bei der Entwicklung neuartiger Ansätze zur Diagnose und Behandlung bakterieller Infektionen gefördert werden.

Staatssekretär Dr. Rainer Sontowski: „Mit dem Pharmadialog haben wir uns das Ziel gesetzt, den Standort Deutschland für Forschung und Produktion nachhaltig zu stärken und hierfür die richtigen Rahmenbedingungen für die pharmazeutische Industrie zu schaffen. Nach vier Dialogsitzungen haben wir uns auf einen Katalog verständigt, der verschiedene Maßnahmen und Handlungsfelder zusammenführt. Im Bereich des Bundeswirtschaftsministeriums werden wir unsere sehr erfolgreiche Start-up-Förderung fortsetzen. Außerdem bleibt es auch weiterhin ein wichtiges Ziel des Bundeswirtschaftsministeriums, die Rahmenbedingungen für den Wagniskapitalstandort Deutschland kontinuierlich weiterzuentwickeln.“

Die pharmazeutischen Verbände: „Die Verbände begrüßen, dass die Bundesregierung die hohe Bedeutung der pharmazeutischen und der Biotechnologie-Industrie für eine hochwertige Arzneimittelversorgung, die Lebensqualität von Patienten und den Wirtschaftsstandort Deutschland ausdrücklich anerkennt. Jetzt sind alle Akteure gefordert, gemeinsam ein ausgewogenes und zukunftsfähiges Maßnahmenpaket zu erarbeiten.“

Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz, Vizepräsident der Goethe-Universität Frankfurt a. M.: „Deutschland bietet hervorragende Voraussetzungen für die Erforschung, Entwicklung und Produktion von Arzneimitteln, nicht zuletzt wegen seiner exzellenten universitären und außeruniversitären Forschungsinfrastrukturen. Um die Zukunftsfähigkeit des Pharmastandortes Deutschland zu stärken und auszubauen, müssen Standortvorteile, Infrastrukturen und Potenziale besser synergistisch entlang der pharmazeutischen Wertschöpfungskette genützt, bürokratische Hemmnisse abgebaut und ein innovationsfreundlicheres Klima sowie neue Förderinstrumente geschaffen werden.“

Michael Vassiliadis, Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE): „Mühsam, aber konstruktiv – der Pharmadialog hat sich gelohnt. Die Bedeutung der deutschen Pharma-Industrie wird stärker wahrgenommen. Das gilt sowohl mit Blick auf Versorgungsqualität und Sicherheit der Arzneimittel als auch für die Rolle, die die Branche für die Innovations- und Wirtschaftskraft Deutschlands spielt. Verlässliche Rahmenbedingungen sind eine notwendige Voraussetzung für den ökonomischen Erfolg und für den Erhalt und Ausbau von Beschäftigung. Die Pharma-Industrie hängt wesentlich ab vom Qualifikationsniveau und der Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels kommt es darauf an, die Fachkräfteentwicklung klug und weitsichtig voran zu bringen.“

Unter Federführung des Bundesgesundheitsministeriums haben sich die Dialogpartner des Pharmadialogs in den letzten eineinhalb Jahren mit den Herausforderungen der pharmazeutischen Industrie in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Produktion und Versorgung beschäftigt. Der Umgang mit Antibiotika-Resistenzen wurde in der Unterarbeitsgruppe „Antibiotika“ vertieft beraten.

Folgende zentrale Vereinbarungen wurden getroffen:

  • Zur Sicherung und zur Gewinnung von Fachkräften werden weitere Anstrengungen unternommen: Die pharmazeutische Industrie wird dazu ihre bisherigen Ausbildungsangebote verstärken und ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fördern. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf soll weiter verbessert werden. Austauschprogramme zwischen Industrie und Wissenschaft sollen die Durchlässigkeit im Ausbildungs- und Beschäftigungssystem erhöhen.
  • Die weltweite Spitzenposition Deutschlands als Standort für klinische Prüfungen soll weiter gestärkt werden. Dazu trägt der Förderschwerpunkt des Bundesministeriums für Forschung und Bildung „Klinische Studien mit hoher Relevanz für die Patientenversorgung“ bei. Mit einem Strahlenschutzgesetz soll die Dauer von Genehmigungsverfahren von klinischen Prüfungen, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung eingesetzt werden, verkürzt werden. Der Referentenentwurf des Strahlenschutzgesetzes soll im Laufe des Jahres 2016 vorgelegt werden.
  • Die Zahl der für Kinder geeigneten Arzneimittel soll erhöht werden, um die Arzneimittelversorgung von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Dazu sollen die Besonderheiten von Kinder-Arzneimitteln bei der Nutzenbewertung von Arzneimitteln noch besser berücksichtigt werden können.
  • Um Lieferengpässen von Arzneimitteln entgegenzuwirken, wird eine Liste besonders versorgungsrelevanter, engpassgefährdeter Arzneimittel erarbeitet. Ein „Jour Fixe“ unter Beteiligung der Bundesoberbehörden und Fachkreise soll die Versorgungslage beobachten, bewerten und so mehr Transparenz bei der Versorgung mit Arzneimitteln und Impfstoffen schaffen.
  • Der Schutz vor Arzneimittelfälschungen wird verstärkt. Dazu sollen in Zukunft die zuständigen Landes- und Bundesbehörden schon bei Verdacht auf Fälschungen das Inverkehrbringen der Arzneimittel untersagen können, ihren Rückruf oder ihre Sicherstellung anordnen dürfen. Die pharmazeutische Industrie wird zudem „securPharm“ ausbauen, um die zukünftig nach europäischen Vorgaben geforderte Echtheitsprüfung von Arzneimitteln zu ermöglichen.
  • Die Rabattverträge zwischen den Krankenkassen und den pharmazeutischen Unternehmen sollen künftig so ausgestaltet werden, dass den pharmazeutischen Unternehmern möglichst 6 Monate zur Umsetzung verbleiben.

Beim Thema „Antibiotika“ wurden umfangreiche Maßnahmen festgehalten:

  • Das Bundesforschungsministerium wird die Förderung neuartiger Therapieansätze und Diagnostika für bakterielle Infektionen ausbauen.
  • Gemeinsam mit anderen Ländern und der WHO wird koordiniert durch das Bundesgesundheitsministerium eine Liste mit den weltweit wichtigsten bakteriellen Erregern und Resistenzen (List of threat organisms) erstellt. Die Dialogpartner werden ihr Wissen in die Erarbeitung einbringen. Das trägt dazu bei, die Forschung und den Einsatz von Antibiotika besser auf tatsächliche Bedarfe auszurichten.
  • Um den Einsatz von Antibiotika besser zu steuern und so Resistenzen verringern zu können, wird das Bundesgesundheitsministerium zusammen mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gezielt Informationen für Ärztinnen und Ärzte sowie Patientinnen und Patienten bereitstellen.
  • Die pharmazeutische Industrie wird prüfen, inwieweit eine finanzielle Unterstützung der pharmazeutischen Unternehmen bei der unabhängigen Erstellung und Aktualisierung von Leitlinien für die Antibiotikatherapie durch die medizinischen Fachgesellschaften, z.B. durch Einzahlung in einen Fonds, möglich ist.
  • Für Arzneimittel, die als Reserveantibiotika für die Versorgung wichtig sind, soll mehr Spielraum bei der Erstattung geschaffen werden: Dazu soll der Gemeinsame Bundesausschuss bei der Bildung von Festbetragsgruppen antimikrobieller Wirkstoffe die Resistenz-Situation und -Entwicklung bei der Antibiotikatherapie berücksichtigen. Zudem soll er die Möglichkeit erhalten, diese Arzneimittel von einer Eingruppierung freizustellen.

Die Dialogpartner sehen das AMNOG-Verfahren als „Qualitätsmerkmal“ für den Standort Deutschland an und wollen es weiterentwickeln:

  • Um den schnellen Zugang der Patienten zu innovativen Arzneimitteln auch weiterhin sicherzustellen und gleichzeitig die Gesetzliche Krankenversicherung langfristig bezahlbar zu halten, wird bei hochpreisigen neuen Arzneimitteln eine Umsatzschwelle eingeführt. Bei Überschreiten dieser Schwelle wird der Erstattungsbetrag bereits vor Ablauf der Jahresfrist gelten.
  • Weil der zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem pharmazeutischen Unternehmen verhandelte rabattierte Erstattungsbetrag in vielen anderen Ländern als Referenz gilt, besteht die Gefahr, dass sich das Preisabschlagspotenzial für die deutschen Krankenkassen verringert. Dazu soll der rabattierte Erstattungsbetrag zukünftig ausschließlich denjenigen Institutionen des deutschen Gesundheitswesens zur Verfügung gestellt werden, die ihn zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigen.

Um den Zugang von Patientinnen und Patienten zu hochwertigen und zugleich bezahlbaren Arzneimitteln weiter zu verbessern, sollen Ärztinnen und Ärzte qualifizierte Informationen über Biosimilar-Produkte, die als Nachfolgeprodukte von biopharmazeutisch hergestellten Original-Arzneimitteln besonders kostengünstig sind, erhalten. Die Dialogpartner wollen prüfen, wie Biosimilars schneller in die Versorgung gebracht werden können.

Zudem soll die sogenannte „Personalisierte Medizin“ besser gefördert werden. Dazu wird das Bundesgesundheitsministerium die Regelungen zur Erstattung von diagnostischen Verfahren verbessern. Diagnostische Verfahren zielen darauf ab, bei einem Patienten bzw. einer Patientin vor Einsatz eines Arzneimittels oder einer Therapie zunächst eine spezielle begleitende Diagnostik durchzuführen, um sicherzustellen, dass das betreffende Arzneimittel auch wirksam ist.

Darüber hinaus bleibt es erklärtes Ziel der Bundesregierung, die Rahmenbedingungen für Wagniskapital international wettbewerbsfähig zu gestalten. Hierzu wird die Bundesregierung die im „Eckpunktepapier Wagniskapital“ angekündigte Strategie fortführen. Aktuell beinhaltet das zum Beispiel die konzeptionelle Ausgestaltung des Ausbaus des INVEST-Zuschusses für Wagniskapital.

Die am Dialog beteiligten Ressorts werden bei ihren Gesetz- und Verordnungsentwürfen ein besonderes Augenmerk darauf haben, die Bürokratiekosten für kleine und mittelständische Pharmaunternehmen möglichst gering zu halten.

Die Dialogpartner waren sich einig, den Dialog in einem regelmäßigen Austausch weiterzuführen, um den Stand der Umsetzung der Vereinbarungen und neue Entwicklungen zu begleiten.

Teilnehmer des Pharmadialogs

  • Bundesministerium für Gesundheit
  • Bundesministerium für Bildung und Forschung
  • Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
  • Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V.
  • Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V.
  • Bundesverband der Arzneimittelhersteller e.V.
  • BIO Deutschland (Branchenverband der Biotechnologie-Industrie)
  • Pro Generika e.V. (Verband der Generika- und Biosimilarunternehmen)
  • Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum Gesundheit und Umwelt
  • Medizinischer Fakultätentag
  • Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie
  • Hamburg Center for Health Economics
  • Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE)

Das Bundeskanzleramt hatte einen Gaststatus. Als Gäste waren das Paul Ehrlich-Institut, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, der GKV-Spitzenverband und der Gemeinsame Bundesausschuss einbezogen.



Quelle: Bundesministerium für Bildung und Forschung, 12.04.2016 (tB).

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