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Symposium: Dialog im Gesundheitswesen
Ärztliche Therapiefreiheit in der Onkologie – quo vadis?
Eröffnet wurde die Veranstaltung mit einer Diskussion über den Stellenwert der ärztlichen Therapiefreiheit in der Onkologie, die sich permanent im Spannungsfeld zwischen Kostendämpfung und Patientenwohl behaupten muss. Bei den Teilnehmern herrschte größtenteils Konsens darüber, dass Therapiefreiheit kein überflüssiger Luxus, sondern unabdingbare Notwendigkeit ist – sofern ein verantwortungsbewusster Umgang mit Ressourcen vorausgesetzt werden kann.
Leitlinien sind wichtige Wegweiser in der Therapie
Wo die Grenzen zwischen Therapiefreiheit und Therapiebeliebigkeit verlaufen, kann durch die Formulierung verbindlicher Standards definiert werden. Diese therapeutischen Leitlinien sind in zweierlei Hinsicht wichtig: Erstens sind sie ein wichtiges Instrument zur Festlegung des angemessenen Handelns von Arzt und Patient. Zweitens sind sie hervorragend dazu geeignet, aktuelles Forschungswissen für die Therapie zeitnah verfügbar zu machen. Dazu zeigte Professor Rolf Kreienberg von der Universitätsklinik Ulm anhand von Beispielen aus der Brustkrebstherapie, wie eine hohe Leitlinienkonformität die Überlebenschancen von Patientinnen signifikant verbessert. In einem rasant sich entwickelnden therapeutischen Umfeld können Leitlinien eine wichtige Orientierung bei der Wahl einer Therapie bieten.
Behandlungszentren in der Onkologie sind das Modell der Zukunft
Im Einzelfall zurückstehen muss die individuelle Therapiefreiheit in onkologischen Behandlungszentren, deren Ziel die fachübergreifende, standardisierte Versorgung ist. Ob Organtumorzentren, regionale onkologische Zentren oder übergeordnete Comprehensive Cancer Centers (CCCs) – zentristischen Modellen der onkologischen Versorgung gehört die Zukunft, wie Professor Michael Bamberg von der Universität Tübingen in seinem Vortrag erläuterte. Sie sollen durch die Bündelung von Kompetenzen und Ressourcen sowie die Nutzung von Synergien zu einer weiteren Optimierung der onkologischen Versorgungsstruktur führen. So erfolgt in onkologischen Behandlungszentren die Zusammenarbeit sowohl zwischen verschiedenen ärztlichen Disziplinen als auch zwischen verschiedenen Berufsgruppen, die mit der Versorgung onkologischer Patienten betraut sind. Allen Modellen gemein sind interdisziplinäre Fallbesprechungen und eine konsensuale Qualitätssicherung.
§116b SGB V: Ambulante Versorgung wird 2008 verbessert
Einen wesentlichen Einfluss auf die Versorgung onkologischer Patienten wird in diesem Jahr §116b SGB V haben, wie Dr. Rainer Hess, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), in Berlin ausführte. Nach den gesetzlichen Bestimmungen werden ausgewählte Krankenhäuser für die interdisziplinäre ambulante Behandlung von Patienten geöffnet werden. Auch hier steht die Kooperation an erster Stelle, denn nach dem Modell sollen ärztliche Berufsgruppen mit supportiven nichtärztlichen Berufsgruppen (z. B. Sozialdiensten), ambulanten Pflegediensten, Palliativmedizinern und Selbsthilfegruppen zusammenarbeiten. Das Gesetz soll außerdem möglichst vielen Patienten die Teilnahme an nationalen und internationalen klinischen Studien ermöglichen.
Kosten-Nutzen-Bewertungen: Onkologische Arzneimittel nicht betroffen
Nach den Ausführungen von Professor Peter Sawicki, dem Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), konnte Hess Befürchtungen über mögliche Einschränkungen der Therapiefreiheit in der Onkologie weitgehend ausräumen. Laut Hess werden onkologische Medikamente 2008 nicht mehr von Kosten-Nutzen-Bewertungen des IQWiG betroffen sein, und auch langfristig gesehen werden nach seiner Einschätzung solche Bewertungen in der Onkologie keine Rolle spielen. Hess betonte nochmals die geltenden Rechtsvorschriften, nach denen sich dem G-BA Rationierungsentscheidungen verbieten. Die dem G-BA gesetzten Grenzen sind klar definiert, denn es kann Leistungsausschlüsse nur nach Effizienzkriterien im Vergleich mehrerer Behandlungsmöglichkeiten vornehmen. Gibt es keine Therapiealternative, bleibt ein Arzneimittel verordnungsfähig.
Aufwertung der Versorgungsforschung wünschenswert
Zum Abschluss der Veranstaltung diskutierten auf dem Gebiet der Versorgungsforschung etablierte Experten über den Ist- und Soll-Stand dieses Forschungszweiges in Deutschland. Sie bemängelten, dass es nicht genügend qualifizierte Versorgungsforscher und zweckfreie Finanzmittel gebe, um eine qualitativ hochwertige und aussagefähige Wissensbasis zu gewährleisten. Die Versorgungsforschung bilde eine wichtige Basis für Politik- und Strukturentscheidungen und müsse langfristig ein grundlegender Bestandteil bei der Planung und Umsetzung komplexer Versorgungsnetze zum Wohle der Patienten werden, so die in Berlin versammelten Fachleute
Fazit
Abschließendes Fazit der Diskussion war, dass ärztliche Therapiefreiheit kein überflüssiger Luxus, sondern eine notwendige Voraussetzung für die von Patienten geforderte Individualisierung der Therapie ist. Die Onkologen dürfen sich angesichts allgegenwärtiger Kostendiskussionen nicht zu Handlangern einer schleichenden Rationalisierung machen lassen, auch wenn aufgrund gesetzlicher Rahmenbedingungen bei der Arzneimittelverordnung Einschränkungen der Therapiefreiheit in der Onkologie geringer als bei anderen ärztlichen Fachgruppen sind. Therapiefreiheit muss für den Krebspatienten verantwortlich eingesetzt werden, wobei der Arzt jederzeit aktiver Anwalt der Patienteninteressen bleibt, so die generelle Meinung des Plenums.