Chance vertan

Patientensicherheit auch unter neuem Versorgungsstrukturgesetz in Gefahr

 

Berlin (18. Oktober 2011) – Wenn neue medizinische Methoden und Medizinprodukte entwickelt werden, weiß man meist erst nach einigen Jahren, ob diese Innovationen Patienten wirklich helfen. Deutsche Kliniken können Innovationen aber sofort breit anwenden, ohne die Ergebnisse klinischer Studien abwarten zu müssen. Das verlagert die Risiken auf Patienten: Wenn Erprobungsstudien dann später zeigen, dass eine neue Operations-Methode oder ein neues Implantat nicht nützlich oder sogar schädlich sind, wurden durch die voreilige Anwendung bereits viele Patienten geschädigt.

 

Das Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG), das der Bundestag im Herbst beschließen will und das ab Januar 2012 in Kraft treten soll, enthält eine bislang wenig beachtete Neuregelung zur Kostenübernahme von medizinischen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden innerhalb der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV): Es ist vorgesehen, dass Innovationen an allen Patienten im Rahmen einer „Erprobung“ angewendet werden dürfen, sofern die Behandlungsmethode zumindest das „Potenzial“ für Behandlungsvorteile bietet. Nur wenn „bewiesen“ ist, dass eine Methode nichts nützt oder schädlich ist, soll die Methode aus dem GKV-Leistungskatalog ausgeschlossen werden.

 

Aus Sicht von DNEbM und HTA.de unterstützt das neue Gesetz eine Fortschrittsgläubigkeit, die in vielen Fällen dazu führen wird, dass weiterhin Patienten unkontrollierten Experimenten mit unnützen oder schädlichen Behandlungen ausgesetzt werden. Zudem wird es in Zukunft sehr lange dauern, unnütze Methoden aus dem GKV-Leistungskatalog zu verbannen.

 

Die vorgeschlagene Neuregelung wird von den Autoren des Gesetzentwurfs damit begründet, dass auf diese Weise Innovationen durch klinische Studien schneller bewertet werden könnten. DNEbM und HTA.de halten diese Argumentation für unrealistisch. Zwar sieht der vorliegende Gesetzentwurf vor, dass hochwertige „Erprobungsstudien“ durchgeführt werden sollen. Gleichzeitig wird Ärzten und Patienten aber jeglicher Anreiz für eine Studienteilnahme genommen, da neue Behandlungsmethoden auch außerhalb einer Studie angewandt und abgerechnet werden können.

 

„Es besteht die Gefahr, dass wir zahllose Patienten mit einer neuen Methode behandeln, und dann nach zwei oder drei Jahren genauso wenig über die neue Methode wissen wie vorher“, sagt Monika Lelgemann, Vorsitzende des DNEbM. „Der Gesetzgeber sollte festlegen, dass nur Kliniken, die an Erprobungsstudien teilnehmen, neue Methoden auch anwenden dürfen. Nur wenn Studien einen Nutzen zeigen, sollte die Einführung in die breite Versorgung folgen“, fordert Lelgemann.

 

Die vollständige Stellungnahme des DNEbM und HTA.de sowie weitere Informationen zum Versorgungsstrukturgesetz finden Sie auf http://www.ebm-netzwerk.de/gesetze/gkv-vstg

 


 

Quelle: Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin DNEbM e.V., 18.10.2011 (tB).

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