Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung

Eine flächendeckende bedarfsgerechte medizinische Versorgung bleibt auch in Zukunft in ganz Deutschland gesichert

 

Berlin (1. Dezember 2011) – Heute hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) beschlossen. Das Gesetz steuert demographiebedingten Versorgungsengpässen rechtzeitig entgegen und verbessert gezielt die medizinische Versorgung. Flexibilisierung und Deregulierung eröffnen allen an der Gesundheitsversorgung Beteiligten größere Handlungsspielräume vor Ort. Die Länder erhalten mehr Mitwirkungs- und Gestaltungsoptionen. Gleichzeitig wird die vertragsärztliche Vergütung flexibilisiert und regionalisiert.

 

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr: „Mit dem Versorgungsstrukturgesetz ebnen wir den Weg zu einer langfristigen qualitativ hochwertige medizinischen Versorgung. Wir sorgen dafür, dass Arztpraxen in Zukunft dort zu finden sein werden, wo die Menschen sie brauchen. Eine gute Versorgung und einen fairen Wettbewerb um die besten Leistungsangebote wünschen sich die Menschen auch für ihr Gesundheitssystem. Krankenkassen erhalten deshalb mehr Möglichkeiten, ihren Versicherten Zusatzleistungen anzubieten. Zum Beispiel bei der Unterstützung durch Haushaltshilfen oder sie können rezeptfreie apothekenpflichtige Medikamente als Satzungsleistung wieder erstatten.“

 

 

Überblick einiger Regelungen des Versorgungsstrukturgesetzes

 

Ärztliche Versorgung und Versorgungsstrukturen

 

  • Anreize im Vergütungssystem, indem Ärztinnen und Ärzte in unterversorgten Gebieten von Maßnahmen der Mengenbegrenzung ausgenommen werden. Möglichkeit, Preiszuschläge für besonders förderwürdige Leistungen sowie Leistungen von besonders förderungswürdigen Leistungserbringern, die in strukturschwachen Gebieten tätig sind (z.B. mit höherer Versorgungsqualität), zu vereinbaren.
  • Sektorenübergreifende Organisation des ärztlichen Notdienstes. Sowie die Bereitstellung einer bundeseinheitlichen Bereitschaftsdienstnummer (Notdienstnummer) für den ärztlichen Bereitschaftsdienst „116 117“. Diese wird von der Kassenärztliche Bundesvereinigung in Deutschland eingerichtet und bereitgestellt.
  • Die Förderung mobiler Versorgungskonzepte.
  • Besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Möglichkeit für Vertragsärztinnen, sich im zeitlichen Zusammenhang mit einer Entbindung vertreten zu lassen, wird von sechs auf zwölf Monate verlängert. Die Möglichkeit für die Beschäftigung einer Entlastungsassistentin bzw. eines Entlastungsassistenten wird für die Erziehung von Kindern für bis zu 36 Monate sowie für die Pflege von Angehörigen für bis zu sechs Monate eröffnet.
  • Vernetzungen und Kooperationen auf Ärzteseite, die bestimmten Qualitätskriterien entsprechen, können künftig durch gezielte finanzielle Fördermöglichkeiten unterstützt werden.
  • Stärkung des Grundsatzes „Beratung vor Regress“ bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen im Arzneimittel- und Heilmittelbereich und Schaffung von Transparenz im Rahmen der Richtgrößen und bei der Anerkennung von Praxisbesonderheiten im Heilmittelbereich.
  • Ablösung der Richtgrößenprüfung im Arzneimittelbereich in einer Modellregion befristet auf drei Jahre. Der Selbstverwaltung kann hierzu einen Medikationskatalog auf Wirktstoffbasis vereinbaren, um insbesondere die Verbesserung der Therapietreue der Patienten, der Arzneimittelsicherheit und der Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung zu erproben.
  • Modifizierung der Zulassungsregelungen für medizinische Versorgungszentren zur Stärkung der Freiberuflichkeit und zur Sicherung der Unabhängigkeit medizinischer Entscheidungen.
  • Der Zulassungsausschuss kann bereits im Vorfeld eines in überversorgten Planungsbereichen vorgesehenen Nachbesetzungsverfahrens darüber entscheiden, ob ein Nachbesetzungsverfahren überhaupt erfolgen soll. Entscheidet er sich dagegen, erhält der ausscheidende Vertragsarzt von der KV eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Praxis.
  • Stärkung der pädiatrischen Hochschulambulanzen. Bei der Vergütung pädiatrischer Hochschulambulanzen sind Vergütungsvereinbarungen für vergleichbare Leistungen der sogenannten Kinder- und jugendmedizinischen Spezialambulanzen anderer Krankenhäuser zu berücksichtigen.

 

 

Leistungsverbesserungen und Transparenz

 

  • Es wird gesetzlich verankert, dass der Sicherstellungsauftrag auch beinhaltet, Versicherten in einem angemessenen Zeitraum fachärztliche Versorgung zukommen zu lassen. Vermeidbare Wartezeiten in der fachärztlichen Versorgung sollen dadurch vermindert und die erlebte Versorgungsrealität der Patienten verbessert werden.
  • Es wird schrittweise ein Sektoren verbindender neuer Bereich der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung eingeführt, in dem bestimmte spezialfachärztliche Leistungen unter gleichen Qualitäts- und Vergütungsbedingungen sowohl von Krankenhausärzten als auch von niedergelassenen Vertragsärzten erbracht werden können. Eine bestmögliche Versorgung der Versicherten steht dabei im Mittelpunkt und nicht mehr die Frage, wer die Leistung erbringt.
  • Krankenkassen sollen künftig Satzungsregelungen zur Haushaltshilfe über den Pflichtleistungsanspruch hinaus für den Fall vorsehen, dass Versicherten wegen einer ambulanten Krankenbehandlung die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist, etwa die Gewährung von Haushaltshilfe auch an Alleinstehende.
  • Die Angebotsmöglichkeiten der Krankenkassen für Satzungsleistungen werden deutlich ausgeweitet. Dies gilt für Vorsorge- und Reha-Maßnahmen, künstliche Befruchtung, zahnärztliche Behandlung (ohne Zahnersatz), nicht verschreibungspflichtige apothekenpflichtige Arzneimittel, Heil- und Hilfsmittel, häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe sowie Leistungen von nicht zugelassenen Leistungserbringern.
  • Verbesserung des Entlassmanagements nach Krankenhausaufenthalt. Ziel des Entlassmanagements ist es, die Kontinuität der Versorgung zu gewährleisten, die Kommunikation zwischen den beteiligten ambulanten oder stationären Versorgungsbereichen zu verbessern, die Entlastung von Patienten und ihren Angehörigen zu ermöglichen sowie zu einer möglichen Vermeidung des „Drehtüreffektes“ beizutragen.
  • Die zahnärztliche Versorgung von Pflegebedürftigen oder Menschen mit Behinderungen, die einen Zahnarztpraxis nicht oder nur mit hohem Aufwand aufsuchen können, wird durch die Einführung einer zusätzlichen Vergütung für die erforderliche aufsuchende Betreuung durch Zahnärztinnen und Zahnärzte verbessert.
  • Schnellerer Zugang zu Innovationen. Der Gemeinsame Bundesausschuss erhält ein neues Instrument zur Erprobung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, deren Nutzen noch nicht mit hinreichender Evidenz belegt ist. Er kann innovative Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit Potential künftig zeitlich begrenzt unter strukturierten Bedingungen bei gleichzeitigem Erkenntnisgewinn unter Aussetzung des Bewertungsverfahrens erproben.
  • Klarstellung im Leistungsrecht, dass Versicherte mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, eine noch nicht allgemein anerkannte Leistung beanspruchen können, wenn Aussicht auf Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht (Klarstellung des Geltungsumfangs des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 -BvR 347/98 -).
  • Stärkung der ambulanten Rehabilitation. Ambulante Rehabilitationseinrichtungen werden den stationären gleichgestellt, indem einheitliche Versorgungsverträge geschlossen werden. Zudem wird auch für die ambulante Rehabilitation ein Schiedsverfahren zu den Vergütungsverträgen vorgesehen.
  • Genehmigung notwendiger Heilmittelbehandlungen bei langfristigem Behandlungsbedarf. Versicherten, die langfristig Heilmittelbehandlungen benötigen (z.B. Menschen mit schweren Behinderungen oder chronisch Kranke), wird die Möglichkeit eingeräumt, sich die erforderlichen Heilmittel für einen geeigneten Zeitraum von ihrer Krankenkasse genehmigen zu lassen. Dies gewährleistet Behandlungskontinuität der Versicherten und entlastet die verordnenden Vertragsärztinnen und -ärzte.
  • Das Verfahren der Versicherteninformation wird neu geregelt mit dem Ziel, den Versicherten einen unkomplizierten Zugang zu Informationen über die von ihnen in Anspruch genommenen Leistungen und deren Kosten zu ermöglichen.
  • Regelungen, die den Versicherten im Falle von Krankenkassenschließungen den Kassenwechsel erleichtern und dabei die unterbrechungsfreie Krankenversicherung sicherstellen. Die Krankenkassen werden dazu verpflichtet, ihre Mitglieder bei einer drohenden Insolvenz acht Wochen vorher schriftlich über die Schließung zu informieren. In dem Schreiben enthalten ist eine Liste aller Krankenkassen, unter denen die Mitglieder wählen können. Mit diesem Formular können Mitglieder einfach den Kassenwechsel vollziehen, ohne selbst eine Geschäftsstelle aufzusuchen.
  • Mehr Transparenz durch Veröffentlichung der zentralen Ergebnisse der Jahresrechnung der Krankenkassen; obligatorische Prüfung und Testierung der Jahresrechnung durch Wirtschafts- bzw. Buchprüfer.
  • Neuausgestaltung der Regelungen zur Datentransparenz mit dem Ziel, die Datengrundlage für die Versorgungsforschung und die Weiterentwicklung des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung zu verbessern.
  • Die Ausgabeprozess der elektronischen Gesundheitskarte wird fortgesetzt. Ziel ist, dass bis Ende des Jahres 2012 mindestens 70 Prozent der Versicherten eine elektronische Gesundheitskarten haben.
  • In Zukunft führen neben der Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht ab dem 1. Juli 2011 auch Zeiten eines freiwilligen Wehrdienstes, eines Freiwilligendienstes nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz, dem Jugendfreiwilligendienstgesetz oder eines vergleichbaren Freiwilligendienstes (zum Beispiel Internationaler Jugendfreiwilligendienst, Tätigkeit als Entwicklungshelfer) zur Verlängerung der Familienversicherung über das 25. Lebensjahr hinaus, wenn hierdurch eine Schul- oder Berufsausbildung verzögert oder unterbrochen worden ist. Die Regelung trägt auch dazu bei, das bürgerliche Engagement zu stärken und Freiwilligendienste zu fördern. Der Verlängerungszeitraum ist auf höchstens zwölf Monate begrenzt.
  • Nach geltendem Recht haben Personen, die wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei waren und Pflegezeit nach § 3 des Pflegezeitgesetzes in Anspruch nehmen, die Möglichkeit, sich bei Herabsetzung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit für die Dauer der Pflegezeit von der Versicherungspflicht in der GKV befreien zu lassen, um ihre bisher bestehende private Absicherung im Krankheitsfall fortführen zu können. In Zukunft erhalten auch Beschäftigte, die Familienpflegezeit nach dem Gesetz zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf (Familienpflegezeitgesetz) in Anspruch nehmen, unter den gleichen Voraussetzungen, die bei der Inanspruchnahme von Pflegezeit nach dem PflegeZG gelten, eine Befreiungsmöglichkeit.

 

Der Bundesrat wird sich am 16. Dezember 2011 mit dem GKV-Versorgungs-strukturgesetz befassen. Das nicht zustimmungspflichtige Gesetz soll im Wesentlichen am 1. Januar 2012 in Kraft treten.

 


Quelle: Bundesministerium für Gesundheit (BMG), 01.12.2011 (tB).

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