Künstliche Leber für Medikamententest

 

Die Leber ist eines der wichtigsten Stoffwechselorgane des Menschen. Fraunhofer-Forscherinnen entwickelten ein Lebermodell, das außerhalb des Körpers funktionsfähig und geeignet zum Testen von Medikamenten ist.

 

Dr. Johanna Schanz und Prof. Heike Mertsching (v.l.n.r.). © Fraunhofer/Dirk MahlerMünchen (23. Juni 2009) – Heuschnupfen, Kopfschmerzen oder eine Erkältung – kurz ist der Weg in die nächste Apotheke. Die Entwicklung der Medikamente kann hingegen acht bis zehn Jahre dauern. Ein bislang wesentlicher Schritt sind Tierversuche – die immer wieder ethische Probleme aufwerfen. "Unsere künstlichen Organsysteme zielen darauf ab, eine Alternative für Tierversuche zu bieten", sagt Prof. Heike Mertsching vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart. "Zumal der Stoffwechsel von Mensch und Tier unterschiedlich ist. 30 Prozent aller Nebenwirkungen treten erst in klinischen Studien zutage." Das Testsystem, das Prof. Mertsching gemeinsam mit Dr. Johanna Schanz entwickelt hat, soll Pharmafirmen zukünftig höhere Sicherheit bieten und den Weg zum neuen Medikament verkürzen. Für ihre Leistung erhalten die beiden Forscherinnen den Preis "Technik für den Menschen".

 

"Das Besondere an unserem Lebermodell ist ein funktionsfähiges System von Blutgefäßen", sagt Dr. Schanz. "Damit schaffen wir den Zellen eine natürliche Umgebung." In herkömmlichen Modellen fehlt das, die Zellen werden schnell inaktiv. "Dafür bauen wir keine künstlichen Adern, sondern nutzen vorhandene – aus einem Stück Schweinedarm." Alle Zellen vom Schwein werden entfernt, aber die Blutgefäße bleiben erhalten. Dann werden menschliche Zellen angesiedelt: Hepatozyten, die wie im Körper für den Um- und Abbau der Medikamente zuständig sind, und Endothelzellen, sie dienen als Barriere zwischen Blut und Gewebezellen. Um Blut und Kreislauf zu simulieren, stecken die Forscherinnen das Modell in einen eigens entwickelten, computergesteuerten Bioreaktor mit Schlauchpumpen. So kann die Nährlösung zu- und abgeleitet werden, wie bei Menschen über Vene und Arterie. "Bis zu drei Wochen waren die Zellen aktiv", so Dr. Schanz. "Diese Zeit war ausreichend, um die Funktionen zu analysieren und auszuwerten. Eine längere Aktivität ist aber möglich." Die Forscherinnen stellten fest: Die Zellen arbeiten ähnlich wie im Körper. Sie entgiften, bauen Medikamente ab und Proteine auf. Wichtige Voraussetzungen für Medikamententests oder Transplantate. Denn beim Um- oder Abbau kann sich die Wirkung eines Stoffs verändern – manche Medikamente werden erst in der Leber in ihre therapeutisch aktive Form umgewandelt, bei anderen können giftige Stoffe entstehen.

Die grundlegenden Möglichkeiten der Gewebemodelle – Leber, Haut, Darm oder Luftröhre – konnten die Forscherinnen nachweisen. Derzeit erfolgt die Prüfung des Testsystems. In zwei Jahren könnte es damit eine sichere Alternative zum Tierversuch geben.

 

 

Abb. oben: Dr. Johanna Schanz und Prof. Heike Mertsching (v.l.n.r.). © Fraunhofer/Dirk Mahler

 


 

Quelle: Presseinformation der Fraunhofer-Gesellschaft vom 23.06.2009.

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