Studie zur Arbeitszufriedenheit in der Pflege:
„Warnsignal für alle Beteiligten“

 

Ludwigshafen (11. Mai 2021) — Deutschlandweit mangelt es an Pflegefachpersonen. Um eine ausreichende pflegerische Versorgung zu gewährleisten, wird es jetzt und in Zukunft darauf ankommen, qualifizierte Pflegefachpersonen zu gewinnen und langfristig im Beruf zu halten. Doch wie ist es um die Arbeitszufriedenheit von Pflegefachpersonen bestellt? Was hält sie im Beruf? Was könnte sie motivieren, nach einer Pause wieder einzusteigen? Eine von der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein initiierte und vom Forschungsnetzwerk Gesundheit der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen umgesetzte Studie liefert nun richtungsweisende Ergebnisse – für Schleswig-Holstein, aber auch für das Bundesgebiet insgesamt.

Der Pflegenotstand in Deutschland ist ein viel diskutiertes Thema – und das nicht erst seit Ausbruch der Corona-Pandemie. Zahlreiche Studien bestätigen, dass ein Mangel an Pflegefachpersonen nicht nur die Versorgung, sondern auch die Sicherheit von Patienten, Bewohnern und Klienten gefährdet. Ein besonderes Anliegen der Politik sowie aller Akteure im Gesundheitswesen ist es deshalb, Strategien zu entwickeln, um Pflegefachpersonen zu gewinnen, zu halten und ihren Verbleib im Beruf zu sichern.

 

Studie beleuchtet aktuelle Arbeitszufriedenheit der Pflegenden in Schleswig-Holstein

Die Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein hatte dazu das Forschungsprojekt „Berufsverbleib und Wiedereinstieg von Pflegefachpersonen in Schleswig-Holstein“ initiiert, das teilweise vom Sozialministerium finanziell gefördert wurde. Der Abschlussbericht der Online-Befragung zur Arbeitszufriedenheit und zum Berufsverbleib von Pflegefachpersonen liegt nun vor. Rund 2.500 Personen haben daran teilgenommen, 1.883 Datensätze konnten ausgewertet werden. Die Studienteilnehmer*innen sind durchschnittlich etwa 45 Jahre, sie verfügen im Schnitt über 23 Jahre Berufserfahrung in der Pflege, 77 % sind Frauen.

Die Auswertung der Daten zeigt eine überwiegende Zufriedenheit mit der pflegerischen Tätigkeit, den Teamkollegen und den direkten Vorgesetzten. Mehrheitlich gefällt den Pflegefachpersonen ihr Beruf, sie üben die professionelle Pflege gerne aus. Allerdings sind die befragten Pflegefachpersonen eher unzufrieden mit ihren Arbeitsbedingungen, ihrem Gehalt sowie mit Organisation und Leitung der Einrichtungen, in denen sie tätig sind. Dabei haben weder die Dauer der Berufstätigkeit noch der Beschäftigungsumfang einen Einfluss auf das Ausmaß der Arbeitszufriedenheit.

Bei der Online-Befragung nutzte eine überraschend hohe Anzahl der Teilnehmenden die optionalen Freitextfelder – zusammen mit der Ausführlichkeit der Eintragungen ein Indikator für einen hohen Mitteilungsbedarf der Pflegefachpersonen. Vielfach finden sich Hinweise, dass hierfür der Leidensdruck unter den derzeitigen Arbeitsbedingungen, die Gefährdung der Gesundheit, das belastete Berufsethos verbunden mit der fehlenden Wertschätzung den Ausschlag geben. Die monetäre Entlohnung wird als zu niedrig angesehen, die Möglichkeiten zur beruflichen Entwicklung entsprechen nicht den Wünschen der Teilnehmenden. Einige tragen sich gar mit dem Gedanken, aus dem Pflegeberuf auszusteigen.

In Politikkreisen wird immer wieder die „Stille Reserve“ diskutiert. Dies meint, neben dem Wiedereinstieg, die Erhöhung des Stellenumfangs von Pflegefachpersonen in Teilzeit. Einer solchen Erhöhung ihrer Arbeitszeit stehen die teilnehmenden Teilzeitbeschäftigten mehrheitlich ablehnend gegenüber, die anderen könnten sich dies nur in Verbindung mit einer deutlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen vorstellen.

 

Hoher Leidensdruck der Pflegefachpersonen offenbart dringenden Handlungsbedarf

Die Studie liefert erstmals für Schleswig-Holstein eine belastbare Datengrundlage und schafft Transparenz, was die Pflegefachpersonen aktuell bewegt. „Die Studie offenbart gleichzeitig hoffungsvolle Potenziale wie erschreckende Szenarien“, resümiert Studienleiterin Andrea Kuhn vom Forschungsnetzwerk Gesundheit. „Pflegefachpersonen haben uns über die Befragung mitgeteilt, dass sie sich mit dem Gedanken tragen, aus dem Pflegeberuf auszusteigen und jungen Menschen von einer Pflegeausbildung abraten. Auch wenn das in Einzelfällen nachvollziehbar ist, ist das eine gefährliche Entwicklung.“ Denn fehlender Nachwuchs bedeute eine höhere Belastung für die Aktiven.
„Speziell vor dem Hintergrund, dass etwa 40 Prozent der Pflegefachpersonen in den nächsten zehn bis zwölf Jahren in den Ruhestand gehen werden, zeigt sich, wie dringend der Handlungsbedarf ist. Die Studie ist hier ein Warnsignal für alle Beteiligten“, so Kuhn.

Gleichzeitig zeigt die Studie, dass der Heilberuf Pflege an sich Freude bereitet. Der direkte Kontakt zu Menschen mit Pflegebedarf erzeugt hohe Zufriedenheitswerte bei den Pflegefachpersonen. „Die Studie bietet uns wichtige Stellschrauben – z.B. Arbeitsbedingungen und Bezahlung –, um den Verbleib der Pflegefachpersonen zu fördern und den drohenden vorzeitigen Ausstieg von hochqualifizierten und erfahrenen Pflegefachpersonen abzuwenden“, zeigt sich Kuhn überzeugt: „Die Ergebnisse der Studie können als Grundstein zur Entwicklung von nachhaltigen Konzepten dienen, die den Wiedereinstieg von Pflegefachpersonen und die Erhöhung der Arbeitszeit fördern und vor allem den Verbleib im Heilberuf Pflege langfristig sichert.“

Dabei seien die Ergebnisse über Schleswig-Holstein hinaus relevant und ließen sich auch auf andere Bundesländer übertragen, so Kuhn. Die in der Studie artikulierte Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen und dem Gehalt betone einmal mehr die Dringlichkeit zur Verbesserung von Rahmenbedingen für die Pflege. „Zentral steht die gesellschaftliche Wertschätzung der Profession. Die Verantwortung des Heilberufs Pflege muss sich auch in flächendeckende Tarifverträge ausdrücken. Darüber hinaus beweist das Vorgehen eindrücklich, dass Pflegekammern in Deutschland als berufsständige Organisationen sehr wohl Einfluss auf die Verbesserung der Situation im Heilberuf Pflege auf Landes- und Bundesebene nehmen“, betont Kuhn.

 

 

Weitere Informationen

 

 


Quelle: Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen, 11.05.2021 (tB).

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