DGfN

Akutes Nierenversagen: Nephrologische Mitbetreuung rettet Leben

 

Düsseldorf (11. Oktober 2019) — Ein akutes Nierenversagen tritt bei jedem zehnten bis fünften Intensivpatienten auf. Daten zeigen, dass die frühzeitige Mitbetreuung dieser Patienten durch Nephrologen bzw. intensivmedizinische Nephrologen zu einem besseren Gesamtüberleben wie auch zu einem besseren renalen Outcome führt. Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) fordert daher das Hinzuziehen eines Nierenexperten (Nephrologen) bei Patienten mit akutem Nierenversagen auf der Intensivstation.

Grundsätzlich handelt es sich bei einem akuten Nierenversagen um eine plötzliche, innerhalb von Stunden bis Tagen einsetzende Verschlechterung der Nierenfunktion. Diese kann ganz unterschiedlich ausgeprägt sein und von einer minimalen Erhöhung des Serum-Kreatinins bis zum vollständigen Verlust der Nierenfunktion reichen. Insgesamt entwickeln etwa 10-20% aller Patienten auf der Intensivstation ein akutes Nierenversagen und fast jeder dritte Betroffene verstirbt an einem solchen in der Klinik erworbenen akutem Nierenversagen [1]. Häufigste Ursachen sind Volumendepletion, Sepsis, Herzerkrankungen, Polytraumen, Lebererkrankungen und Arzneimitteltoxizität. Gerade letzteres scheint im klinischen Alltag ein wachsendes Problem zu sein. Wie eine aktuelle Studie aus Frankreich zeigte, erhielten fast zwei Drittel der Patienten mit einem akuten Nierenversagen auf der Intensivstation mindestens ein nierenschädigenden (nephrotoxisches) Medikament, fast ein Drittel sogar zwei oder mehr dieser Medikamente [2].

Eine Erhebung [3] hatte bereits vor zwei Jahren gezeigt, dass eine frühzeitige Einbeziehung eines Nierenexpertens (Nephrologen) für die Patienten mit akutem Nierenversagen prognostisch bedeutsam ist: Sie profitieren im Hinblick auf eine geringere Mortalitätsrate und geringeren renalen Spätfolgen (chronische Dialysepflichtigkeit) von der fachärztlichen Mitbetreuung.

„Für uns nicht verwunderlich“, erklärt Professor Dr. Peter J. Heering, Solingen, Präsident der 11. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) in Düsseldorf. „Die Nephrologie ist das Fach mit der weitreichendsten Expertise im Rahmen dieses komplexen Krankheitsbildes sowie der Durchführung extrakorporaler Verfahren. Die aktuellen Daten zeigen deutlich: Nierenexperten sollten bei der Betreuung dieses originär nephrologischen Krankheitsbildes einbezogen werden. Sonst schaden wir den Patienten und laden dem System unnötige Kosten für langfristige Nierenersatztherapien auf, die vermeidbar gewesen wären.“

Prinzipiell ist ein akutes Nierenversagen reversibel, d.h. es kann bei frühzeitiger Therapie vollständig geheilt werden, allerdings bleiben fast ein Drittel der Patienten, die auf der Intensivstation dialysiert werden mussten, in Folge dauerhaft auf ein Nierenersatzverfahren (Dialyse oder Nierentransplantation) angewiesen [1].

Aber auch die anderen Patienten haben nach einem akuten Nierenversagen grundsätzlich ein erhöhtes Risiko, eine chronische Nierenkrankheit zu entwickeln. Daher ist eine nephrologische Mit- und Nachbetreuung für jeden Patienten mit einem akuten Nierenversagen unerlässlich. Drei Monate nach Auftreten eines akuten Nierenversagens soll die Nierenfunktion überprüft werden. Deshalb ist bereits zum Zeitpunkt der Entlassung ein klares poststationäres Konzept so wichtig, das die ausführliche Aufklärung des Patienten über die Erkrankung ebenso enthält wie die konkrete Vermittlung an eine ambulante fachspezifische Nachsorge, damit die Diagnose „Akutes Nierenversagen“ sowie deren langfristige Auswirkungen nicht aus dem Blickfeld geraten [4]

„Wir suchen nun den Schulterschluss mit Intensivmedizinern aller Fachrichtungen, den Kostenträgern und der Krankenhausgesellschaft, um Patienten mit akutem Nierenversagen überall in Deutschland eine nephrologische Mitversorgung gewährleisten zu können“, erklärt der Kongresspräsident abschließend.

 

Referenzen

  1. Alscher MD, Erley C, Kuhlmann MK. Nosokomiales akutes Nierenversagen. Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 9 | 1. März 2019
  2. Ehrmann S, Helms J, Joret A et al. Nephrotoxic drug burden among 1001 critically ill patients: impact on acute kidney injury. Ann Intensive Care. 2019 Sep 23;9(1):106.
  3. Soares DM, Pessanha JF, Sharma A, Brocca A, Ronco C. Delayed Nephrology Consultation and High Mortality on Acute Kidney Injury: A Meta-Analysis. Blood Purif 2017; 43:57-67.
  4. Boss K, Kribben A: Vom akuten Nierenversagen in die chronische Niereninsuffizienz. Der Nephrologe 4/2019

 

Weitere Informationen

 


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Nephrologie e.V. (DGfN), 11.10.2019 (tB).

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